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Hank Cochran: Leben für einen Song

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Sage und schreibe 42 Jahre lebt er bereits in Nashville. Dort gehört er zu den geschätzten und verehrten Meistern unter den Songschreibern. Lang ist die Liste der Lieder, die seinem Gedankengut entsprangen. Im Jahr 2002 macht er immer noch von sich reden, diesmal einmal mehr auch als Sänger. „Livin‘ For A Song“ darf man nicht unbedingt in den Charts erwarten – zumindest nicht in seiner Version. Mit diesem eher für den europäischen Markt geschneiderten Song versucht Hank Cochran in wenigen Minuten das Auf und Ab eines Zeitgenossen darzustellen, der sein Leben dem Schreiben von Liedern gewidmet hat. Cochran beherrscht diese Kunst, er kennt alles, was damit einher geht und kann deshalb ungemein viel Emotion in seine Darbietung legen. „Livin‘ For A Song“ – das könnte auch die Überschrift über seine bemerkenswerte Karriere sein.

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Eigentlich heißt er Garland Perry Cochran. Als Kind soll er ein ruheloser Gast gewesen sein, 1959 landete er in Nashville, in der Karriere von Willie Nelson spielte er eine wichtige Rolle, vor allem aber schrieb er große Hits. Doch gehen wir der Reihe nach. Isola in Mississippi ist die Gegend, in der Cochran aufwuchs. Mit 9 Jahren schrieb er nicht nur seine ersten Gedichte, wichtiger war, dass die turbulente Ehe seiner Eltern in der Scheidung endete. Cochran wurde zwischen den Eltern hin- und her gereicht, war einige Wochen hier, dann dort und schließlich in einem Waisenhaus in Memphis. Irgendwann mit 12 oder 13 Jahren hatte er die Nase voll und riss aus. Per Anhalter landete er in Hobbs, New Mexico. Begleitet wurde er von einem Onkel, gemeinsam arbeiteten sie in den Ölfeldern. Auf die Frage, wer ihn erzogen habe, meint er in seiner typischen Art: „Ich glaube, ich selbst und alle anderen!“

Hank CochranImmerhin führte diese „Erziehung“ zu größtmöglicher Selbständigkeit. Bald erkannte er, dass, wann immer er etwas unbedingt wollte, er dies auch fertig brachte. Zwei Jahre hielt Cochran es in New Mexico aus, um nach einem Umweg über Mississippi in Los Angeles zu landen, wo er einen Job beim Versandhaus Sears & Roebuck bekam. Vom Leben so herumgestoßen galt er als Träumer. Seine schönsten Erlebnisse, seine Visionen aber auch seine Wunden hielt er in Geschichten und Liedern fest. Die brachten ihn im Herbst 1959 nach Nashville zur Discjockey Convention mit der Aussicht, als Bassist in der Band von Ray Price angeheuert zu werden. „Ray Price und Hal Smith hatten einen Musikverlag namens Pamper Music, für den ich schon Songs geschrieben hatte als ich noch in L.A. lebte. Nach der Convention fragte mich Hal, ob ich nicht ganz für Pamper arbeiten wolle. Ich sollte Songs schreiben und Songs aus dem Pamper Programm verkaufen. So zog ich im Januar 1960 nach Nashville. Harlan Howard, damals auch in Kalifornien lebend, schrieb schon für Pamper und kam wenig später auch nach Nashville. Wir wurden dicke Kumpel. Pamper Music war ein sehr erfolgreicher Verlag damals, aber das Business hatte auch ein völlig anderes Gesicht. Kein Vergleich mit heute. Wenn Burl Ives in die Stadt kam, rief er an und fragte, ob wir Songs für ihn hätten. Dann kamen wir in seinem Zimemr zusammen, Harlan, Mel Tillis und einige andere, die er mochte. Wir brachten die Gitarre mit und sangen ihm was vor. Wenn ihm etwas gefiel, brachten wir ihm am nächsten Tag ein Demo davon.“

Burl Ives nahm von Cochran u.a. „A Little Bitty Tear“ und „Funny Way Of Laughing“ auf. Cochran’s Stärke ist sein unerschütterliches Selbstvertrauen. Es zahlte sich immer wieder aus. Er erzählt: „Ich hatte „Make The World Go Away“ geschrieben, von dem Hal Smith meinte, es sei mein schlechtester Song überhaupt. Ich war da ganz anderer Meinung, mein „I Fall To Pieces“ spielte ich jedem Produzenten in Nashville vor, alle lehnten ab.“ Kenner wissen, was aus diesen beiden Granaten wurde. Cochran weiter: „Owen Bradley griff sich „Pieces“. Ich weiß nicht, was er in dem Song gehört hatte, was ihn so überzeugte, aber ich bin ihm sehr dankbar dafür. Vermutlich war er einfach überzeugt, einen für Patsy Cline passenden Song gefunden zu haben. Patsy selbst mochte das Lied anfangs gar nicht und wollte es nicht aufnehmen. Owen Bradley musste erst einmal Überzeugungsarbeit leisten.“ „I Fall To Pieces“ war die erste No. 1 für den Songschreiber Hank Cochran. In diesen frühen Jahren begegnete er auch dem damals noch erfolglosen Willie Nelson. Wo sonst als bei „Tootsie’s“ in deren Orchid Lounge am Broadway. Cochran war sehr angetan von Nelson’s eigenen Songs und bat ihn, doch mal bei ihm im Büro rein zu schauen, nachdem er vernommen hatte, dass all diese Songs noch keinen Verlag gefunden hatten. Hank Cochran war eine Lohnerhöhung von 50 auf 100 Dollar die Woche zugesagt worden. Hal Smith war von Nelson’s Songs zwar angetan, meinte aber, einen weiteren Autoren nicht bezahlen zu können. Deshalb entschied Cochran, dass seine Lohnerhöhung das Gehalt für Willie Nelson werden sollte. Das war der Beginn einer Freundschaft für’s Leben! Willie Nelson hat diese Begebenheit übrigens in seiner Autobiographie bestätigt. Später verhalf Cochran seinem Kumpel auch zu einem Vertrag bei Liberty Records. Später haben die beiden Ray Price seinen Anteil an Pamper Music abgekauft und dann irgendwann mit sattem Gewinn an Tree Publishing weiter verkauft. Cochran blieb auch dann in seiner Position als erfolgreicher Songschreiber und Verkäufer.

Die Stars standen bei Hank Cochran Schlange, sie greifen auch im Jahr 2004 noch gern auf seine Lieder zurück. Man weiss sich bei ihm an einer guten Adresse. Als Merle Haggard bei Cochran anklopfte, überredete er ihn gleich, sein nächstes Album zu produzieren. Das enthielt dann die beiden Cochran Stücke „I’m Always On A Mountain When I Fall“ und „If We’re Not Back In Love By Monday“. Ein anderes Mal suchte Haggard noch einen Titel für die Session am folgenden Tag. Cochran nannte ihm am Telefon nur den Titel („It’s Not Love But It’s Not Bad“) und Hag gab spontan sein Okay. Diesen Song schrieb Cochran gemeinsam mit Glenn Martin, mit dem er viel zusammen arbeitete. Cochran Songs werden charakterisiert durch ihre Inhalte und Emotionen, man hörte deutlich Einsamkeit, Kummer, Menschliches, Glück, Niedergeschlagenheit aus ihnen. Er ist ein Meister der Ballade und manch einer sagt sogar, er könne schon im Radio hören, ob der Song von Hank Cochran geschrieben sei. Damit etwas deutlicher wird, was hier gemeint ist, hier einige von typischen Cochran Hits: „I’d Fight The World“ , „I’m A Long Way From Home“, „You Comb Her Hair“, „Don’t You Ever Get Tired Of Hurting Me“, „That’s All That Matters“, „Ocean Front Property“, „Set Ém Up Joe“, „The Chair“, „She’s Got You“, „The Chokin‘ Kind“, „Don’t Touch Me“.

Derartige Sachen werden selten erfunden, es steckt meist irgendeine eigene Erfahrung dahinter, die sich natürlich nicht exakt so abgespielt haben muss. Cochran hat weiß Gott schlechte Zeiten erlebt, er hat auch mit den Versuchungen plötzlichen Reichtums gekämpft und ist ihnen zeitweise erlegen. „Ich war ein Country Boy und hatte absolut gar nichts. Es gab Zeiten in meinem Leben, da hatte ich zu essen und schlief auf der Strasse. Wenn du dann Erfolg hast, wenn all das Geld rein kommt, da weißt du einfach nicht, damit fertig zu werden. Ehe ich mich umsah war ich mitten drin, du hast Besuch und dann wird gefeiert. Tagelang! Dann trinkst du. Kaum ist der eine weg, kommt schon der nächste, das wird ein dauerndes Besäufnis. Ich hatte große Probleme damit, wiederholt musste man mich in ein Krankenhaus stecken. Glücklicherweise bin ich rechtzeitig aus diesem Teufelskreis rausgekommen.“

Dazu gehört, dass man gelegentlich eine Auszeit nimmt, so wie Cochran das Mitte der 1970er Jahre tat. Da kaufte er sich in Kalifornien eine Yacht. Damit schipperte er die Pazifikküste entlang, durch den Panama-Kanal, durch den Golf, den Mississippi hinauf in den Ohio River und schließlich den Cumberland hinauf nach Nashville. Ein Jahr klinkte er sich auf diese Weise aus. Und wenn er dann nicht in Nashville anzutreffen war, hatte er sich in die Karibik abgesetzt, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Einige Jahre war Cochran mit Jeannie Seely verheiratet, die ihren größten Hit mit „Don’t Touch Me“ hatte, natürlich von Cochran geschrieben. Sie blieben auch nach der Trennung gute Freunde, sie sind es heute noch. Seely war es, die das demo von „I Fall To Pieces“ sang, das bei Owen Bradley landete. Interessant sicher auch die Episode, dass Hank Cochran und sein Namensvetter Eddie Cochran Mitte der 50er Jahre als Cochran Brothers einige Country Singles aufnahmen und sogar kurz mit Lefty Frizzell unterwegs waren. Eddie Cochran landete bekanntlich im Rock’n Roll und mit „Summertime Blues“ einen Riesenhit. Gelegentlich hat es Hank Cochran auch als Sänger gegeben – das war aber nur etwas für Spezialisten. Einen nennenswerten Erfolg als Sänger hat er nicht verbuchen können. Vielleicht am ehesten in Erinnerung ist das Album „Desperate Men“, das Cochran zusammen mit seinem Songschreiber-Kollegen Billy Don Burns vor einigen Jahren aufnahm. Das Album ist eine Fundgrube an originellen Orginalen, an Songs mit Tiefgang.

Hank Cochran schreibt seine Songs von ganz tief „da drinnen“, oft fördert er dabei seine Seele zutage. Damit fesselt er den Hörer, das macht seine Lieder ganz einfach zeitlos. Hank Cochran ist ein Mann aus dem Leben, er hat viel erlebt und gelernt, sein Talent, diese Dinge in Worte und Melodien zu kleiden, zu nutzen. Jetzt können wir ihn wieder hören mit seinem „Livin‘ For A Song“. Mit dem Lied setzt er dem Songschreiber ganz allgemein ein Denkmal und sagt zudem „Ich habe nur meine Biographie darin geschrieben. Dieser Hank Cochran ist einer der letzten echten Songschreiber-Dinos, die aufgrund einer ihnen gegebenen göttlichen Gabe in der Lage sind, über Generationen hinaus Lieder zu schreiben, die die Menschen direkt erreichen und berühren. Cochran hatte das Glück, irgendwann ihm seelenverwandte und mit gleichen Talent ausgestattete Menschen zu treffen, die gemeinsam dafür sorgten, dass die Musikszene mit richtig starken Liedern gefüttert wurde. Inzwischen hat sich die Szene grundlegend geändert, Leute wie Hank Cochran sind nahezu ausgestorben – gut, dass wir ihn noch haben und er sich noch nicht zurückgezogen hat.

Hank Cochran lebt immer noch für den Song!

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