Markus Rill: Late Night Drive
Für Markus Rill ist Late Night Drive nicht das Nachfolgalbum seiner erst in diesem Februar veröffentlichten Scheibe „My Rocket Ship“, sondern „eine kleine feine Soloplatte“. Und neigt damit zur Untertreibung. Denn „Late Night Drive“ ist Rill in Bestform. Elf Eigenkompositionen und ein Steve Earle-Cover fügen sich zu einer atmosphärisch stimmigen, ruhigen Americana-Platte zusammen.
Sparsam instrumentiert, zurückhaltend arrangiert – Kammermusik, die danach klingt, wenn Künstler nach erfolgreichem Gig und getaner Arbeit, die nachdenklichen Lieder singen und schreiben. Unterwegs im kleinen Tourbus oder auf dem Rücksitz eines PKW durch die Nacht. Es lohnt sich, gemeinsam mit Markus Rill auf die Reise zu gehen.
Die Ideen zu den Songs entstanden im Herbst 2012, allesamt Stücke, die nicht nach einer Bandbesetzung schrien, sondern nach Soloaufnahmen und zurückhaltender Produktion. So buchte Markus Rill im Frühjahr 2013 ein paar Tage im Studio seines Freundes Tom Ripphahn („Hands On The Wheel“). Er nahm 14 Songs live und solo auf, in der Regel mit Gesang und akustischer Gitarre, jedoch auch zweimal mit E-Gitarre, einmal mit Banjo. „Wie das so ist, kommt man dann auf weitere Ideen“, beschreibt Markus lakonisch den weiteren Entwicklungsprozess. Also steuerten Tom Ripphahn das E-Gitarrenspiel, Troublemakers-Bassist Chris Reiss einen Kontrabass, Jan van Bijnen aus den Niederlanden Mandoline und Pedal Steel und Robert Oberbeck Gesang bei. Trotz allem bleibt es aber der ruhigen, zurückgenommenen Atmosphäre.
Von den 14 Songs schafften es letztlich zwölf auf die Platte. „Late Night Sunday Drive“ behandelt die Gedanken rund um Kind, Frau und Beruf, die den Sänger bei der nächtlichen Autofahrt beschäftigen. „Only Fairytales“ behandelt die Wirkung von großen Persönlichkeiten, die fast schon aus einer vergessenen Zeit zu stammen scheinen: Den Schachweltmeister Bobby Fischer, John F. Kennedy, den Rock’n’Roller Bill Haley oder Ernest Hemingway. Sehr schön ist auch „Drifting In And Out Of Sleep“, in dem er musikalischen Vorbildern wie Woody Guthrie oder Townes van Zandt begegnet. Doch der in Würzburg lebende Singer-Songwriter ist auch ein guter Geschichtenerzähler. Beeindruckend seine Miniatur „Sergeant Dad“ über den Army-Vater, an dem man sich das ganze Leben abgearbeitet hat, und dem man nach seinem Tod Respekt zollt, auch wenn man seine Ideale nicht teilen kann. Musikalisch kommt der Song in einem schönen eingängigen Bluegrass-Schema daher.
Bis auf einen Song stammen alle aus der Feder von Markus Rill und beweisen einmal mehr seine Ausnahmestellung als Americana-Songer-Songwriter in Deutschland. Als Cover hat er sich hier einen Song von Alternative Country-Hero Steve Earle ausgesucht. „Even When I’m Blue“ ist ein wunderschöner wehmütiger Song über die Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe.
Zwei weitere Höhepunkte und beste Beispiele für Rills Songwriting-Kunst sind „Broken Puppet“ und „The World’s Greatest Fool“. Ersteres ein unsagbar trauriges Lied über den Verlust eines geliebten Menschen bei einem Autounfall, zweites ein jener zündenden Songs über Männer, die lange Zeit zu dämlich sind, die wahre Liebe zu erkennen.
Fazit: Markus Rill schüttelt scheinbar starke Songs nur so aus dem Ärmel. Es bleibt dabei: Er spielt Americana wie kein anderer hierzulande. Beeindruckend!
Das aktuelle Album Late Night Drive von Markus Rill – Bestellen, Format, VÖ. und Label:
Trackliste:
01. Late Night Sunday Drive |