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Nora Sänger: Mit ihrem neuen Album „Trail“ setzt sie konsequent ihren musikalischen Weg fort

Country & Americana, das ist ihre Leidenschaft und das hört und spürt man.

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Nora Sänger Nora Sänger. Photo Credit: Stephanie Schierenbeck

Krisen bringen einen bekanntlich einen entscheidenden Schritt weiter. „Ich werde nie wieder eigene Musik aufnehmen!“, ließ Sängerin und Songwriterin Nora Sänger im Jahr 2022 verlauten. Woher dieses Gelübde kam, ist schnell erklärt: Die in der Lüneburger Heide ansässige Künstlerin hatte Ende der 2000er Jahre die Countrymusik für sich entdeckt. Ihr erstes Werk in diesem Genre, ihr Debütalbum Almost Golden (2015), hatte sie gemeinsam mit Pedal-Steel-Koryphäe Nils Tuxen (Truck Stop, Texas Lightning u.v.m.) aufgenommen – und somit eine formvollendete Songsammlung vorgelegt.

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Nur leider fand sie – die damals blutige Anfängerin, die von den Funktionsweisen der Musikbranche keine Ahnung hatte – bei ihren Bemühungen, von sich und ihrem Album reden zu machen, nicht die passenden Abnehmer. Stattdessen geriet sie an allerlei Leute aus dem Musikbusiness, die mit Country & Americana nichts am Hut hatten – und somit Noras Herzensgenre als „irrelevant“, „uninteressant“ und „zu exotisch“ für die deutsche Musiklandschaft abstempelten. Klein beigebend nahm Nora daraufhin ein paar Singles in einer Stilrichtung auf, die ihr als Interpretin gar nicht mehr so zusagte: Popmusik. Und machte die Erfahrung, etwas nach draußen tragen zu müssen, hinter dem sie nicht wirklich stand.

Jede Musikveröffentlichung bedeutet für eine Indiekünstlerin wie Nora einen ungeheuren Aufwand an Zeit, Energie und nicht zuletzt auch Geld. Und das alles in eine Musikrichtung zu investieren, für die sie eigentlich nicht stehen wollte, ging mit einem gewissen Frust einher. Deswegen hieß es 2022: „Ich werde nie wieder eigene Musik aufnehmen!“

„Um meine Wunden zu lecken und mir selbst in dieser Stimmung etwas Gutes zu tun, bat ich meinen ehemaligen Mitstreiter Nils Tuxen sowie Eike Ernst (Gitarre) und Stefan Rebelski (Keyboard), mit denen ich seit 2019 zusammenspiele, ob sie einen neuen Song von mir gemeinsam proben würden.“ Dieser Titel hieß Bonfires und war von der Anlage her eine Country-Singer-Songwriter-Ballade. Ein Song, den Nora schon im Schreibprozess liebte – aber der mal wieder nach etwas klang, das „irrelevant“, „uninteressant“ und „zu exotisch“ sein könnte.

„Als Nils bei der Probe die Pedal Steel spielte, fühlte ich mich, als würde ich musikalisch nach Hause kommen. Es war der Moment, in dem der erste leichte Zweifel an meinem zuvor abgelegten Schwur aufkam.“ Noch eine ganze Weile ging Nora mit sich selbst in Klausur, wog ab, fühlte in sich hinein. Doch die Perspektive, endlich wieder Musik aufzunehmen und zu zeigen, die ihr am Herzen lag, für die sie stehen wollte – und dann auch noch begleitet von ihrem ersten Büchlein –, diese Perspektive motivierte sie, den Song „Bonfires“ von Stefan Rebelski produzieren zu lassen und Nils Tuxen und Eike Ernst an der Pedal Steel bzw. E-Gitarre zu featuren.

„’Bonfires‘ hat mir gezeigt, dass es mir ein Anliegen ist, mich musikalisch authentisch zu zeigen – egal, was andere dazu sagen. Und es ist ja nun nicht so, dass niemand hierzulande Country, Americana & Co. mag – ich muss nur einfach die passenden Hörer für meine Musik finden. Dann fallen die Feedbacks auch anders aus“, zwinkert Nora. Und so entschied sie, dass, wenn sie’s wieder tut (also eigene Musik aufnehmen), dann aber richtig.

„Ich bin mit dem Gesang von Whitney Houston aufgewachsen. Ihre Alben haben mich begeistert, aber am meisten liebte ich eine VHS-Kassette mit einem Konzert von ihr. Ich weiß nicht, wie viele Male ich mir diesen Mitschnitt angeschaut habe. Wenn sie live sang, kam viel mehr Gospel durch als auf ihren Alben – und diesen Gospel, diesen Soul, die Art, wie sie mit ihrer Stimme Musik machte und gestaltete – das hat mich in einen Bann geschlagen“, schwärmt Nora.

„Als ich Country für mich entdeckte und 2015 mein Album aufnahm, habe ich nicht darüber nachgedacht, ob ich Soul in das Album mit einbringen möchte. Irgendwie ging ich davon aus, dass Country und Soul zwei verschiedene Paar Schuhe wären.“ Aber durch immer mehr Musik, die Nora mit der Zeit aus dem Bereich Country und seinen benachbarten Stilen kennenlernte, stellte sie fest, dass das mitnichten der Fall ist. „Auf einmal entdeckte ich „Tennessee Whiskey“ von Chris Stapleton, das „The Grand Tour“-Cover von Aaron Neville oder die Version von “Do Right Woman“ der Flying Burrito Brothers – den Titel kannte ich eigentlich von Aretha Franklin. Ich war begeistert, dass der Song sowohl als Soulballade wie auch als Country-Walzer gleichermaßen glaubwürdig ist.“

Die Entstehung von „Trail“

Neben dem Soul-Aspekt, dem sie in ihrer neuen Musik Platz einräumen wollte, war Blues das zweite neue Thema, das sich anschlich – und zwar in Gestalt von Trail, dem Titeltrack der neuen EP. „Ich hatte die Hälfte von „Trail“ bereits 2013 geschrieben und die wilde Idee, den Titel mit zu den Aufnahmesessions für „Almost Golden“ zu nehmen. Aber ich hörte selbst, dass „Trail“ sich von den Songs, an denen wir damals arbeiteten, stilistisch abhob. Außerdem wollte ich, dass eine E-Gitarre eine prominente Rolle auf Trail spielt – und fürs 2015er Album hatten wir uns für einen folkigen, akustischeren Sound entschieden. Ich spürte, dass ‚Trail‘ ausscheren würde, also hielt ich ihn zurück – er blieb mir aber immer im Gedächtnis für ‚irgendwann mal‘. Als ich 2024 entschied, eine neue EP aufzunehmen – mit Eike Ernst als Produzent, wusste ich, dass ich „Trail“ mit ins Studio nehmen kann. Für die von mir gewünschte prominente E-Gitarre wäre auf jeden Fall bestens gesorgt.“

Als Nora zum ersten Mal Eikes Arrangement für „Trail“ hörte, war sie total geflasht: „Das ist ja Bluesrock!“, dachte sie verwundert und total angetan. „Dass ich als Songwriterin einen Beitrag zu so einer coolen Nummer geleistet hatte, konnte ich beim ersten Hören kaum glauben. Und ich war einfach nur begeistert von der Kooperation mit Eike, der – nicht nur auf „Trail“, sondern auf allen Titeln der EP – so viel stilistisch Authentisches, Kreatives und Überraschendes auf Lager hatte.“

Mit der ersten Single-Auskopplung der EP, der Pedal-Steel-lastigen Countryrock-Nummer Ride That Rodeo, knüpft Nora direkt bei „Almost Golden“ und „Bonfire“s an. Die zweite Single, Tricky, ist eine energetische Bluesballade, die Noras facettenreichen Gesang und Eikes charismatische Gitarren präsentiert. The Dance kombiniert Slow Funk mit Slide-Gitarren, und der Schlusstrack der EP, Phantom Pain, ist ein Country-Singer-Songwriter-Titel, der im Refrain durch soulige Vocals besticht.

Noras Songtexte handeln schwerpunktmäßig von individueller, weiblicher und künstlerischer Emanzipation – was nicht verwundert, wenn die EP „Trail“ eben ein Statement für Noras musikalische Authentizität ist. „Die tollen Arrangements und instrumentalen Finessen auf ‚Trail‘ haben mich zu einem Schritt inspiriert, der auch zu „Almost Golden“-Zeiten schon sinnvoll gewesen wäre“, erzählt Nora. „Ich möchte meine Liveband fortan mehr in den Fokus rücken und werde mit diesen großartigen Instrumentalisten unter dem Namen Nora Sänger & Still Waters spielen.“

Das Kapitel „Trail“ ist für Nora Sänger also eine Mischung aus Back to the Roots und Neuanfang – und sie kann es kaum erwarten, in dieses Kapitel zu starten.

Nora Sänger – Trail

Trail: Track by Track

Trail – Songwriter: Nora Sänger, Eike Ernst

Diese hervorragend gecraftete, 1970er Jahre beeinflusste Bluesrocknummer ist Noras Emanzipationsstatement. „Ich habe den Song vor über zehn Jahren angefangen zu schreiben als ich einsah, dass ich endlich auf eigenen Füßen stehen muss und nicht abhängig sein sollte von der Bestätigung anderer, wenn ich es wirklich schaffen will in dieser Branche.“ Diese vor ihr liegende, anstehende Emanzipation kleidet sie ins Bild des undurchsichtigen, beängstigenden Trail. Dazu wurde Nora durch die Serie „1883“ („Yellowstone“-Spin Off) inspiriert, welche Pionieren entlang des Oregon Trail in den noch unerschlossenen nord-amerikanischen Westen folgt. Eike Ernsts charismatisches Gitarrensolo verleiht dem Track 70er Flair, welches an Fleetwood Mac erinnert.

Ride That Rodeo – Songwriter: Nora Sänger, Eike Ernst

„Wenn du merkst dass du ein totes Pferd reitest: steig’ ab!“ So ein Sprichwort der Dakota. Und genau das tut Nora in diesem energetischen Country-Rock-Titel, angeschoben von Eike Ernsts Gitarrenriff und ausgeschmückt von Justin Jardines Pedal Steel. „Ich will einen Cowboy, nicht den Rodeo-Clown“, singt Nora, „es nervt mich, dass immer ich die Zügel in die Hand nehmen muss.“ Ist die Sängerin etwa ihrer Emanzipation müde? „Ganz und gar nicht“, entgegnet sie, „aber ich will mir auf Augenhöhe mit meinem Partner begegnen. Dazu gehört, dass jeder mal die Hosen an hat, beide gleichermaßen Verantwortung füreinander übernehmen. Mutterersatz zu sein für einen nicht-emanzipierten Mann ist nicht sehr ansprechend.“

The Dance – Songwriter: Nora Sänger, Eike Ernst

„Who’ll be the first to let their guard down. Cut to the chase, set the record straight? Which is that we both want it, or am I unwanted? Because you have a wife?“ Klare Worte, die Nora in dieser slow-groovenden Nummer von sich gibt. „‚The Dance‘, womit ich hier das Hin und Her und Vor und Zurück des Flirtens meine, beschreibt eine fiktionale Begebenheit aus einem meiner Buchprojekte“ erzählt die Sängerin, die nebenbei als Autorin aktiv ist. „Ein Expärchen von anno dazumal, der Funke zündet wieder, aber einer von beiden ist vergeben.“ Dieses Knistern, diese stimmende Chemie, diese Ungewissheit wird musikalisch widergespiegelt. Fun Fact: „The Dance“ ist einer der ersten Songs, die Nora vor vielen Jahren zu Papier gebracht hat. „Der erste Text hat mir nicht gefallen, deswegen mochte ich den Titel nicht performen. Als Soundtrack zu besagter Story hat für mich dann endlich alles gepasst. Manchmal will gut Ding eben Weile haben.“

Tricky – Songwriter: Nora Sänger, Eike Ernst

„‚Tricky‘ ist ein Durchbruch für mich“, erzählt Nora. „Seit Jahren habe ich eine besondere Passion für die Schnittstelle von Country, Blues und Soul. Als Interpretin, auf meinen Konzerten, bringe ich Covers dieses Styles regelmäßig. Als es ans Schreiben der neuen EP ging war ich neugierig, ob auch die Songwriterin in mir inzwischen in diese Richtung tendiert.“ „Tricky“ stellt klar: tut sie! Noras Gesang, irgendwo zwischen Country und Soul, und Eike Ernsts bluesige Gitarren, liefern eine Mischung, die erste Hörer dazu verleitet hat, den Song umgehend ein zweites Mal zu hören.

Phantom Pain – Songwriter: Nora Sänger, Eike Ernst

„You’re oblivious to all the many hours. That I put in to make this a job. You wave if off as a childish hobby, as an outgrown dream I should have lost.“ Diese Zeilen aus dem finalen Track von Noras EP bringen den Song „Phantom Pain“ auf den Punkt: die Bredouille vieler Künstler, die auch nach Jahren in ihrem Beruf immer noch von ihrem Umfeld nicht ernst genommen werden. Ständig beweisen zu müssen, dass etwas, das von vielen als Kindheitstraum oder brotlose Kunst abgestempelt wird, als ernst zu nehmender Beruf durchgezogen werden kann. Und trotz aller Holprigkeiten den Glauben an sich selbst nicht zu verlieren.

Die EP kann hier bestellt werden: Nora Sänger – Trail

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Über Dirk Neuhaus (1730 Artikel)
Chef-Redakteur. Fachgebiet: Traditional Country, Bluegrass. Rezensionen, News, Specials.