Dickey Lee
„Rocky“, „9.999.999 Tears“, „Never Ending Song Of Love“, „Angels Roses And Rain“ – dies sind die größten Country-Hits des Mannes, der am 21. September 1936 als Royden Dickey Lipscomb in Memphis, Tennessee, geboren wurde. Zuvor hatte er in der Pop Music bereits Hits gehabt wie „Laurie“, „I Saw Linda Yesterday“ und „Patches“. Als Songschreiber war und ist der Mann ebenfalls sehr erfolgreich. Als Sänger ist es um ihn seit mehr als zwei Jahrzehnten ruhig geworden, wenngleich er in Nashville weiterhin aktiv ist, vor allem als Songschreiber.
Vor einiger Zeit traf ich in Nashville einen mit sich und der Welt zufriedenen Künstler. Es machte Spaß, ein wenig Rückschau zu halten. Begonnen hat seine Karriere in Memphis eher zufällig als angestrebt. „Ich hatte eine Schulband, mit der machten wir auf Anraten eines DJs einige Demos. Davon gelangte etwas an einen Platten-Mann in Hollywood, der eine Single produzierte. Dann gab es bei uns in Memphis bekanntlich Sun Records. Dort ging es für mich weiter, immer ein wenig erfolgreicher.“
Allerdings gelang der Durchbruch dann 1962 bei Smash Records mit einem Song, der es in sich hatte: „Patches“. Darin geht es um eine tragische Liebe zweier Teenager, die aus unterschiedlichen sozialen Schichten kommen. Als die Eltern die Liebe verhindern wollen, ertränkt sich das Mädchen namens Patches und ihr Freund kündigt an, ihr folgen zu wollen.
Lee erinnert sich: „Der Selbstmord zweier junger Menschen war ein heißes Thema, eine Reihe von Sendern spielten den Song nicht. Er wurde dennoch ein Millionseller. Jack Clement hatte den Song aus Nashville mitgebracht, wir haben ihn in Beaumont aufgenommen. Es dauerte Monate nach der Veröffentlichung, ehe ein Hit daraus wurde.“
Es folgten weitere Pop Hits mit „I Saw Linda Yesterday“ und „Laurie“. Ebenfalls 1962 hatte er seinen Durchbruch als Songschreiber, ein Metier, das weniger aufreibend und nicht mit langen Reisen verbunden ist als das des Sängers. Sein „She Thinks I Still Care“ machte zunächst George Jones zum Hit, ehe es von zahlreichen anderen Stars (u.a. Elvis Presley) übernommen wurde und längst zum Standard geworden ist.
1971, inzwischen in Nashville angekommen, feiert Dickey Lee mit „Never Ending Song Of Love“ seinen ersten Top Ten Hit in den Country Charts. Bis 1982 bleibt er dort vertreten. Danach verlegte er sich auf das Songschreiben. Gelegentlich trat er auch noch auf, vor allem bei Rock’n’Roll Revival Shows – das tut er auch heute noch gerne, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt.
Was kaum publik geworden ist, Dickey Lee erweist sich seit Jahren als wichtiger Kontakt für und Förderer von deutschen Interpreten, die in Nashville produzieren wollen. Nach Deutschland ist er immer gern gekommen. „Mir gefällt es einfach bei euch, wenn man mich braucht, komme ich gern wieder“, lächelt er. In erster Linie ist und bleibt er der Songschreiber: „Ich hatte das Glück, seit den 60er Jahren immer Hits zu haben, mal als Sänger, meist als Songschreiber. Es sind so viele meiner Songs aufgenommen worden, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann. Ich hoffe, das ist noch nicht vorbei, ich hoffe, es steckt noch der eine oder andere Song in mir. Es ist ein wahnsinniges Glücksgefühl etwas geschaffen zu haben, was Millionen von Menschen berührt.“
Einige seiner bekanntesten Kompositionen sollen noch erwähnt werden:
„Let’s Fall To Pieces Together“ (George Strait)
„You’re The First Time I Thought About Leaving“ (Reba McEntire)
„The Door Is Always Open“ (Dave & Sugar)
„In A Different Light“ (Doug Stone)
„I’ve Been Around Enough To Know“ (John Schneider)
„I’ll Be Leaving Alone“ (Charley Pride)
„The Keeper Of The Stars“ (Tracy Byrd)
Und dann gibt er noch einen guten Rat mit auf den Weg: „Wenn du Songschreiber werden willst, dann must du bereit sein, alles andere aufzugeben und all deine Kraft darin zu investieren. Denn außer deiner Familie wirst du vielleicht der Einzige sein, der an dich glaubt. Das Wichtigste ist, dass du selbst an dich glaubst.“ Und dann fügt er mit einem entwaffnenden Lächeln an: „Mein erster Scheck als Songschreiber war weniger als 1 Dollar. Ich habe ihn sofort eingelöst, weil ich das Geld brauchte.“