Does Fort Worth Ever Cross Your Mind: Sanger D. Shafer & Darlene Shafer
Das Besondere an diesem Hit ist, dass es eigentlich gar keine besondere Geschichte zu dem Song gibt. Am ehesten kann man noch den Grund als ungewöhnlich bezeichnen, der schließlich „Whitey“ Shafer dazu inspirierte, einen Song zu schreiben – nämlich diesen. Mit seiner damaligen Ehefrau Darlene wohnte er etliche Jahre in Fort Worth und fühlte genau das, was viele seiner Mitbürger auch störte: Fort Worth stand immer im Schatten des großen Nachbarn Dallas. Ich kann das nachvollziehen, denn im so genannten Metroplex ist und bleibt Fort Worth immer der Underdog. Dallas spielt die erste Geige, die Stadt ist wesentlich größer, dort haben Welt-Konzerne ihren Firmensitz und leben die reichen Leute. Da hat es Fort Worth wesentlich schwerer, überhaupt einmal erwähnt zu werden. Dabei verfügt Fort Worth für mein Empfinden über mehr Flair und Charme als der Moloch Dallas. Fort Worth bemüht sich auch heute noch, sich vom großen Nachbarn zu unterscheiden. Nach wie vor gibt es dort die Stockyards, jenen Bereich, in denen zur Blütezeit der Cowboys viel los war und z.B. die großen Viehversteigerungen stattfanden. Beim Spaziergang durch dieses Viertel und Besuch eines der Honky Tonks bekommt man automatisch noch den Stallgeruch in die Nase.
Einige meiner Bekannten leben entweder in Fort Worth, Dallas oder einem Städtchen dazwischen, von ihnen habe ich immer wieder über die Rivalität erfahren, ähnlich wie die zwischen Köln und Düsseldorf. Es war dieses Spannungsfeld, über das Shafer ein Lied schreiben wollte. Für die Titelzeile zeichnete dann Ehefrau Darlene verantwortlich, die gern einmal fragte: „Does Fort Worth ever cross your mind?“ Was soviel bedeutet wie: „Kommt dir Fort Worth überhaupt mal in den Sinn?“ – Dieser Satz paßte wie die Faust aufs Auge zu einer eingängigen Melodie, die Shafer bereits eine Weile im Kopf herum ging. Und in welchen Themenbereich kann man so eine Geschichte am besten ansiedeln? Natürlich in einer Love Story – am ehesten noch in einer traurigen. Whitey Shafer stellt reinen Mann in den Mittelpunkt, der in einer Bar in Fort Worth hockt, seinen Kummer im Bier ertränkt und sich bemitleidet, weil seine Ex-Freundin jetzt mit einem anderen Lover im nahen Dallas lebt. Und er fragt sich, ob sie wenigstens mal an Fort Worth (womit natürlich auch er selbst gemeint ist) denkt und die schönen, gemeinsamen Zeiten, die sie dort verbracht haben.
Es dauerte dann einige Jahre, ehe „Does Fort Worth Ever Cross Your Mind“ von George Strait aufgenommen und zu einem Hit gemacht wurde. Und in dem Zusammenhang gibt es doch noch eine Besonderheit. Während man heute beinahe schon penetrant den Alkohol in Songs einfließen läßt (es gibt kaum noch ein Album, das nicht wenigstens einen Song enthält, in dem es in irgendeiner Weise um Alkohol geht), wurde „Fort Worth“ genau aus diesem Grund abgelehnt. Von wem? Keine Geringere als Reba McEntire sträubte sich seinerzeit, Songs zu singen, in denen es ums Trinken geht.
George Strait war auch nicht der Erste, der den Song aufnahm. Meiner Kenntnis nach blieb diese Ehre Moe Bandy vorbehalten, auch Keith Whitley hatte es aufgenommen. Seine Version findet sich u.a. auf dem Album „Sad Songs And Waltzes“. Am 5. Januar 1985 erreichte George Strait mit Does Fort Worth Ever Cross Your Mind Platz 1 der Country Charts, das gleichnamige Album erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den CMA Award als bestes Album des Jahres 1985.
Auch wenn Reba McEntire „Fort Worth“ nicht aufnahm, gibt es Versionen von anderen Sängerinnen wie Carolyn Martin und der Irin Mary Duff. Zu den Sängern, die sich für den Song erwärmen konnten, gehören neben den bereits genannten auch Leon Rausch und Charlie Walker.