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Robbie Robertson: Sinematic

Der legendäre Gitarrist von "The Band" veröffentlicht nach acht Jahren wieder ein Soloalbum und erzählt inspiriert von seinem Filmscore für Martin Scorseses "The Irishman" Geschichten über menschliche Abgründe. Mit dabei sind Gaststars wie Van Morrison, Glen Hansard und J.S. Ondara.

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Robbie Robertson - Sinematic Robbie Robertson - Sinematic. Bildrechte: Universal Music

Robbie Robertson und die Regisseuren-Legende Martin Scorsese sind seit vielen Jahren befreundet. Nun schrieb Robertson die Filmmusik für Scorseses neuen Mafia-Thriller „The Irishman“. Inspiriert davon entstand ein neues Soloalbum mit 13 Songs. Allesamt Songs, die sich um menschliche Abgründe drehen.

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Während sich das Gros der Songs um Kriminalität & Co. dreht, Themen also, die wenig mit Robertsons persönlicher Erfahrung zu tun haben, bezieht er sich mit dem Titel „Once Were Brothers“ ganz klar auf seine Biografie: Mit diesem Song, den er für den gleichnamigen Dokumentarfilm schrieb, wirft er einen Blick auf seine Zeit mit The Band. Von 1958 bis 1977 spielte er mit Levon Helm, Richard Manuel, Rick Danko und Garth Hudson zusammen. Erst als „Levon & The Hawks“ als Begleitband des kanadischen Rocksängers Ronnie Hawkins, dann als „The Hawks“ als Begleitband von Bob Dylan, bis sie während der Zusammenarbeit Dylan für die „Basement Tapes“ genannten Aufnahmesessions in Woodstock zu „The Band“ wurden. Sie waren als Musikgruppe, die Elemente von Rock, Country, Blues und Soul verschmolz stilprägend und zusammen mit Dylan Urväter des Americana.

Robertson erinnert sich an „The Band“

Während der Filmarbeiten an dem Film „The Last Waltz“ über ihr Abschiedskonzert 1976 im Winterland in San Francisco verstritt sich Robertson mit dem Rest der Truppe. Insbesondere Levon Helm machte Robertson Vorwürfe, sich zu sehr als Bandleader und Songwriter der Band aufzuspielen, und sich von dessen Freund und Regisseur des Films, Martin Scorsese, auch noch filmisch dazu stilisieren zu lassen.

Vor zehn Jahren schrieben wir in der Biografie von „The Band“ auf country.de über die Zeit unmittelbar vor „The Last Waltz“: „Die beiden Alben „Northern Cross, Southern Lights“ und „Islands“ waren keine großen Würfe. Stattdessen arbeitete beispielsweise Robbie Robertson als Produzent von Neil Diamond. Robertson war es auch, der den Deal mit dem Abschiedskonzert einfädelte. Was unter dem Namen „The Last Waltz“ als bester Konzertfilm aller Zeiten in die Rockgeschichte eingehen sollte, war hinter den Kulissen nichts anderes als das Auseinanderbrechen von „The Band“ in seiner bisherigen Form. Nicht „The Band verabschiedeten sich von der Bühne, sondern Robertson von „The Band“. Levon Helm schildert in seiner Autobiographie „This Wheel’s On Fire“ die unangenehme Kontroversen zwischen Robertson und ihm.“

Während Robertson mit seiner Solo-Karriere relativ erfolgreich und als Hollywood-Musikproduzent sehr gut im Geschäft war, schienen die anderen noch nicht fertig zu sein mit „The Band“. Denn sie kamen öfters noch zusammen und traten Live auf, nahmen sogar Platten auf. Aber alles ohne Robertson. Und so gab es die über lange Jahre trennende Linie, die von einigen bis heute so wahrgenommen wird: Hier der smarte Businessman Robertson, da die ehrlichen Musiker rund um Helm.

Aber wie auch immer: Robbie Robertson fehlte der Band. Die Musik von „The Band“ in ihren späteren Re-Inkarnationen war stets gut. Doch nie so gut wie in den klassischen Jahren mit Robbie Robertson. Denn wie immer entsteht große Kunst auch durch Reibungen und Gegensätze. Und hier entstand aus der Reibung des jüdisch-indianischen Kanadiers Robertson mit dem weißen, von der afroamerikanischen Musik beeinflussten, Südstaaten-Jungen Helm große Kunst. Doch irgendwann war die Reibung kontraproduktiv und die Trennung war zwangsläufig. Erst auf dem Sterbebett von Levon Helm versöhnten sich die beiden Streithähne wieder.

Kein Wunder, dass Robertson das Schreiben des Songs „Once Were Brothers“ als sehr schmerzhaft empfand. Man mag das kitschig und sentimental nennen, aber man sollte dem mittlerweile 76-jährigen schon zugestehen, seine Version der Geschichte zu erzählen. Es umgibt diesen Song eine gewisse tiefe Traurigkeit. Wenn die erfolgreichste Zeit als Künstler so sehr von Streit und Spaltung überschattet wird, dann ist das schon bitter. Und auch wenn der Song inmitten der übrigen Themen des Albums aus dem Rahmen fällt, so passt er aufgrund der tiefen menschlichen Zerwürfnisse dann in gewisser Hinsicht doch hinein. Im Hintergrund ist hier übrigens eine der interessantesten Neuentdeckungen der letzten Zeit zu hören: J.S. Ondara, der ja ganz explizit wiederum Bob Dylan als sein Vorbild angibt.

Kriminalität ist vorherrschendes Thema des Albums

Hier dreht sich also alles um menschliche Abgründe, meist aber wie oben beschrieben, verbunden mit Kriminalität. So es beginnt es schon mit dem ersten Song „I Heard You Paint Houses“ von Charles Brandt, auf dem auch Scorseses Film über den legendären Killer Frank „The Irishman“ Sheeran basiert. Hier singt Robertson im Duett mit – natürlich! – dem alten (Nord)-Iren Van Morrison. Das „Häuser-Anmalen“, auf das sich der Titel bezieht, ist Mafia-Code für Auftragskiller, die mit dem Blut ihrer Opfer die Wände besudeln.

Ein weiterer Ire begleitet dann Robertson auf einem der interessantesten Songs des Albums. „Dead End Kid“ ist ein autobiografischer Song über seine Jugend, die als Sohn eines Juden und einer Mohawk-Indianerin nicht einfach war. Robertons Geschichte erzählt von einem Traum, der in Erfüllung gegangen ist: Seine Musik wird weltweit gehört.

Robertson hat zum Entstehen seines Albums und dem Scorsese-Film als Inspirationsquelle folgendes gesagt: „Ich konnte da eine klare Richtung erkennen: „Ich arbeitete gerade an der Musik für ‚The Irishman‘ sowie an dem Dokumentarfilm – wodurch schließlich die verschiedenen Projekte aufeinander abfärben und einander beeinflussen sollten. Songideen, die packende, gewalttätige aber auch schöne Themen umkreisten, verbanden sich – wie in einem Film. Man folgt einem Klang, bis alles sitzt, alles in den eigenen Ohren eine greifbare Form annimmt… irgendwann fing ich sogar damit an, das Ganze als ‚Peckinpah Rock‘ zu bezeichnen.“ Er bezieht sich damit auf Sam Peckinpah, den Regisseur von Klassikern wie „The Wild Bunch“ und „Pat Garrett & Billy The Kid“, in dem Bob Dylan an der Seite von Kris Kristofferson sein Schauspieldebüt geben durfte.

Im weiteren Verlauf des Albums erzählt uns Robertson noch in „Shanghai Blues“ von Du Yuesheng, dem Anführer der „Grünen Bande“ aus China vor gut 100 Jahren, in „Street Serenade“ von Verbrechen und Sünden und in „The Shadow“ von Orson Welles‘ US-Radio-Krimiserie aus den 1930er Jahren. Auch zwei Instrumentalstücke – „Wandering Souls“ und „Remembrance“ enthält das Album. Auch hier wie bei allen Songs des Albums, die vorwiegend im Midtempo gehalten sind, spielt Robertsons markantes Gitarrenspiel – Bob Dylan hat Robertson einmal als „mathematisches Gitarrengenie bezeichnet – die Hauptrolle.

Fazit: Robertsons Solowerk, ist bislang weder quantitativ – dieses Album ist erst sein sechstes Solowerk – noch qualitativ, sieht man einmal von „Storyville“ von 1991 ab, besonders bemerkenswert gewesen. Im Gegensatz zum Vorgänger-Album „How To Become Clairvoyant“ ist „Sinematic“ hörbar und erzählt interessante Geschichten. Im Sound bleibt es aber letztlich ein bisschen einförmig. Schade, aber für Freunde von „The Band“ bleibt ja „Once Were Brothers“ als neue Quelle vieler Diskussionen.

Robbie Robertson – Sinematic: Das Album

Robbie Robertson - Sinematic

Titel: Sinematic
Künstler: Robbie Robertson
Veröffentlichungstermin: 20. September 2019
Label: Universal Music
Formate: CD, Vinyl & Digital
Laufzeit: 58:16 Min.
Tracks: 13
Genre: Rock, Americana

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Trackliste: (Sinematic)

01. I Hear You Paint Houses
02. Once Were Brothers
03. Dead End Kid
04. Hardwired
05. Walk In Beauty Way
06. Let Love Reign
07. Shanghai Blues
08. Wandering Souls
09. Street Serenade
10. The Shadow
11. Beautiful Madness
12. Praying For Rain
13. Remembrance

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Über Thomas Waldherr (802 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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