Jelly Roll: Whitsitt Chapel
Authentisch und ehrlich - aber auch laut und bombastisch: Roll ist kein zartbeseideter Waisenknabe, sondern ein richtiger Countryrocker!

Unverhofft vom Rap zum Country kommt selten, aber für Jelly Roll ist es doch passiert. Sein Name ist Jason DeFord und er wuchs in einer ärmlichen Gegend Nashvilles auf. Der Typ saß mal längere Zeit im Gefängnis, schlug sich für 50 Dollar in billigen Kneipen als Rapper durch – dann schaffte er tatsächlich den kommerziellen Durchbruch; erst im Rock, und nun in den Country Charts, wo „Son Of A Sinner“ zu Beginn des Jahres die Nummer 1 belegte, von seiner CD „Ballad Of The Broken“ 2021. Mit der Nachfolgesingle „Need A Favor“, die auf diesem Album zu hören ist, hat er bereits die Top 20 erreicht, Tendenz steigend.
Sein erstes Countryalbum, das dem Erfolg dieser Single folgen soll, ist nun auf dem Markt. Und wir hören mit Interesse zu, wie er mit Brantley Gilbert und dem Rapper Struggle Jennings (Enkel von Rockgitarrist Duane Eddy und Stiefenkel von Waylon Jennings) über die Erfahrung hintern Gittern (Behind Bars) singt und mit Lainey Wilson das fast herzzerreisende „Save Me“, „rette mich vor mir selbst“, mit großer Überzeugung. Wie überhaupt die biographischen Elemente in den 13 Songs vorherrschen. Da ist die wirklich gelungene Ballade „She“ und die Anspielung auf religiöse Elemente, wie in „Nail Me“ sowie die Erinnerung an die Kirche seiner Jugendzeit „The Church“ und singt, dass er wieder in die Kirche geht. Ähnliches Thema wählt Jelly Roll, aber diesmal nach durchzechter Nacht mit Kater am Sonntag in der Kirchenbank, in „Hungover In The Church Pew“.
Er hat aber auch den Teufel getroffen, „Dancing With The Devil“ ist seine Botschaft, dass er nur mit dem Teufel tanzt, den er kennt und „Ich trinke nur, weil ich alleine bin“. Ähnliches gilt für „Halfway To Hell“, wo er sich als ehemaliger Häftling, als geläuterter Säufer und Sünder zu erkennen gibt, das Ganze in dem merkwürdig faszinierenden Mix aus Rock und Country.
Countrysongs sind schwer zu finden: am ehesten noch, sind es trotz des Titels, „Kill A Man“ sowie erwähntes „Need A Favor“. Rockig hingegen „The Lost“, bei dem er sich über die gleichgesinnten Fans freut, mit denen er sich solidarisiert. Zum Abschluss wird es nochmal Country-Rap, über den sich vor langer Zeit mal die Bellamy Brothers lustig gemacht haben. Doch sein Duett mit Rap-Kollege Yelawolf „Unlive“ klingt eher bombastisch und sehr wenig melodisch, dafür kommt das Rappen von Yelowolf am Ende nicht überraschend.
Fazit: Jelly Roll hat eine sehr eindrucksvolle Stimme, die Gefühle aller Art in Musik umsetzen kann. Diese Musik wiederum ein erstaunlicher Mix aus Rock, Rap und ja, auch aus Countrymusik-Elementen. Vermutlich wird diese Mischung Fans ansprechen, die der Countrymusik reserviert gegenüberstehen. Ich gebe ehrlich zu, dass ich wiederum mit „Whitsitt Chapel“ nur wenig anfangen kann. Es ist mir zu laut, zu bombastisch und trotz interessanter Texte zu eintönig. Über das Leben und die Karriere des Jelly Roll ist ein Dokumentarfilm entstanden „Jelly Roll: Save Me“. Ob der Film mein Verständnis für ihn ändern würde?
Jelly Roll – Whitsitt Chapel: Das 2023er Album
Titel: Whitsitt Chapel
Künstler: Jelly Roll
Veröffentlichungstermin: 2. Juni 2023
Label: Stoney Creek Records (BMG Rights Management)
Formate: CD, Vinyl & Digital
Tracks: 13
Genre: Country, Americana
Trackliste: (Whitsitt Chapel)
01. Halfway To Hell
02. Church
03. The Lost
04. Behind Bars – mit Brantley Gilbert & Struggle Jennings
05. Nail Me
06. Hold On Me
07. Kill A Man
08. Unlive – mit Yelawolf
09. Save Me mit Lainey Wilson
10. She
11. Need A Favor
12. Dancing With The Devil
13. Hungover In A Church Pew