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Lee Hazlewood: Ging wie er gelebt hatte

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Am 4. August 2007 endete in Henderson bei Las Vegas das Leben eines der eigenwilligsten Künstler, den die Unterhaltungsmusik je hatte. Kein Maßstab passte auf den Mann, der allein durch seine markante Stimme schon aufhorchen ließ. Er führte sein Leben und seinen Beruf ganz nach eigenem Gutdünken und war zufrieden damit, nie ein Superstar zu sein. Mit der gleichen Konsequenz und Nüchternheit, die er stets an den Tag legte, sah er auch dem Unvermeidlichen entgegen. „Mit Nierenkrebs hast du nicht wirklich eine Chance auf Heilung“, beschrieb er seine gesundheitliche Situation. „Medikamente lindern die Schmerzen zeitweise, sie mögen auch das Ende hinauszögern aber es gibt kein Entrinnen.“ Lee Hazlewood verließ diese Welt so wie er in ihr gelebt hatte. Von der breiten Öffentlichkeit fast unbemerkt, denn in den Medien wurde davon kaum Notiz genommen. Dabei hat er der Unterhaltungsmusik so Manches beschert, an dem wir uns noch lange erfreuen können werden.

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Barton Lee Hazlewood wurde am 9. Juli 1929 in Mannford, Oklahoma geboren. Er würde später einen Song darüber schreiben und singen. Der Beruf des Vaters, der in den Ölfeldern arbeitete, brachte ständige Umzüge mit sich, ehe die Hazlewoods schließlich in Port Nches an der texanischen Golfküste sesshaft wurden. Das von ihm beabsichtigte Medizin-Studium wurde durch die Einberufung zum Wehrdienst vereitelt. 1949 heiratete er sein Highschool-Sweetheart Naomi Shackleford, die gemeinsamen Zukunftspläne wurden durch den Korea-Krieg durcheinander gebracht. Hazlewood verbrachte viel Zeit in Japan als DJ beim AFN. Wieder zurück im Zivilleben gingen die Hazlewoods nach Pasadena, Kalifornien, wo er eine „Radio-Schule“ absolvierte. So gerüstet machten sie sich schließlich auf nach Coolidge, Arizona, ca. 100 km nördlich von Phoenix. Lee Hazlewwood arbeitete als DJ bei einer kleinen Country Station. 1954 bekam die Familie Zuwachs, Tochter Debbie wurde geboren.

Lee Hazlewood (1970)In Coolidge lernte Hazlewood den jungen Gitarristen Al Casey kennen, einen 17 jährigen Musiker, mit dem er bald eng zusammen arbeiten würde. Wenig später tauchte ein noch ziemlich scheuer Bursche namens Duane Eddy bei Hazlewood auf. Der spielte auffallend gut Gitarre. Um sein Einkommen aufzubessern (inzwischen war Sohn Mark geboren), begann Hazlewood, eigene Songs zu schreiben. Und ergründete sein eigenes Plattenlabel Viv Records. Nun nahm er lokale Künstler auf, von denen viele beim Arizona Hayride gastierten. Und er verlegte sein Betätigungsfeld in die Metropole Phoenix. Dort gelang 1956 der Durchbruch. Hazlewood hatte den Song „The Fool“ geschrieben und suchte einen geeigneten Interpreten. Den kannte Al Casey und brachte Sanford Clark mit. Es entstand ein Kultsong, denn „The Fool“ war anders und Sanford Clark ebenfalls. Die Single schaffte es bis auf Platz Nummer 14. Bis heute gehört Sanford Clark zu den obskuren Interpreten, die nie ein großer Star waren aber eine Anhängerschar erwarben, auf die sie sich verlassen konnten. Auch oder besonders in Europa wird Sanford Clark immer noch als Geheimtipp gehandelt.

„The Fool“ lenkte die Aufmerksamkeit aber auch auf Lee Hazlewood, dem jedoch kein weiterer Hit gelang, weil er sich strikt mit lokalen Künstlern befasste. Aber er bastelte weiter. Als er mit Lester Sill einen Geschäftspartner fand, der gute Verbindungen hatte, brauchte man ein geeignetes Produkt. Hazlewood setzte sich mit Duane Eddy zusammen, der wie besessen an seinem Gitarrenspiel feilte. Irgendwie entstand die Idee, die melodischen Gitarrenriffs auf den tieferen Seiten zu spielen. Damit war der „Twang“ geboren. Man holte die passenden Musiker in Phoenix zusammen und nahm einige Songs auf, darunter „Movin’& Groovin'“. Bei Dot Records, für das Hazlewood arbeitete, holte er sich eine Abfuhr, das höre sich an wie jaulende Telegrafendrähte über dem Grand Canyon. So blieb es Jamie Records aus Philadelphia vorbehalten, mit Duane Eddy einen neuen Star und einen neuen Sound zum Erfolg zu führen. Schon die nächste Single „Rebel Rouser“ setzte beide für immer auf die musikalische Landkarte. Die staunende Fachwelt wollte nicht glauben, dass diese Aufnahmen in Phoenix entstanden, einen Ort, den keiner in der Musikindustrie auf der Rechnung hatte. Und einen Mann wie Lee Hazlewood, der ganz eigene, oft als abwegig bezeichnete Wege ging, schon gar nicht.

So kreativ Hazlewood als Künstler war, so ungeschickt erwies er sich als Geschäftsmann. Sill hatte einen gewissen Phil Spector zu Hazlewood in die Lehre geschickt. Spector, der fasziniert davon war wie Hazlewood mit dem Echo seinen Sound variierte, lernte rasch (er würde später den so genannten „wall of sound“ aus der Taufe heben), bald sah Hazlewood einen Konkurrenten in ihm. Darüber kam es zum Bruch mit Sill. Hazlewood wandte sich wieder Duane Eddy zu, der inzwischen zu RCA gewechselt war. Man konnte Erfolg dringend gebrauchen, zumal Hazlewood’s Ehe auch zerbrochen war. Tatsächlich feierten sie ein großes Comeback, denn „Dance With The Guitar Man“ wurde wieder ein Welthit, dem weitere Erfolg Duane Eddy’s folgten. Doch schon suchte Lee Hazlewood wieder nach Neuem. Inzwischen in Hollywood wohnhaft, produzierte er u.a. „The Shacklefords“ und auch Al Casey. Er schrieb Songs, die von diversen Interpreten und Gruppen jener Jahre aufgenommen wurden. Dann entdeckte er den Sänger Lee Hazlewood.

1963 produzierte er sein erstes Album „Trouble Is A Lonesome Town“, ein Konzept-Album (den Begriff gab es da noch gar nicht), das eine Mischung aus Folk, Pop und Country war. Vor jedem Song gab es einige gesprochene Erläuterungen. Es dauerte, ehe sich Jemand fand, der das Album veröffentlichte. Es wurde auch kein Erfolg.. Auch der Nachfolger „The N.S.V.I.Ps“ versagte. Auch wenn er als Songschreiber durchaus weiter im geschäft blieb, nagte der Misserfolg an ihm, den Freunde als „sturen Hund“ bezeichnen, der lieber die Richtung vorgibt als selbst eine zu befolgen. Diesem Umstand, so heißt es, sei ein durchaus möglich gewesener größerer Erfolg Hazlewood’s zuzuschreiben.
Bei MGM erschienen 1966 und 1967 insgesamt 3 Alben, die wieder einen anderen Lee Hazlewood zeigten. Zu den Aufnahmen gehörten auch einige Duette mit seiner damaligen Freundin Suzi Jane Hokum, darunter „Summer Wine“, „Sand“ und „The Girls In Paris“ (In Deutsch ein Hit von Sven Jenssen). Auch Hazlewood’s eigene, skurile Version des späteren Nancy Sinatra Welthits „These Boots Are Made For Walkin'“ gehörte zu den MGM Veröffentlichungen. Gleichwohl wurden auch diese Versuche ein Schlag ins Wasser. Anders sah es mit dem Produzenten Hazlewood aus. Er „übernahm“ die bis dahin erfolglose und auch als untalentiert geltende Nancy Sinatra und schrieb ihr die passenden Songs auf den Leib: „These Boots Are Made For Walking“, trat als ihr Duett-Partner erfolgreicher auf denn als Solist wie „Jackson“ , „Some Velvet Morning“ , „Sand“ und „Summer Wine“ beweisen. Gemeinsam mit Daddy Frank Sinatra erzielte Nancy Sinatra den Superhit „Something Stupid“. Der rast- und ruhelose Hazlewood stürzte sich weiter in Abenteuer. Kurzzeitig ging er nach Paris, er versuchte sich als Schauspieler und startete erneut ein eigenes Label, das aber nur von kurzer erfolgloser Dauer blieb.

Der Frust nagt an Hazlewood, den es daraufhin nach Schweden zieht. Auch dort arbeitet er im Filmgeschäft und es gibt neue Alben von ihm. Die sind alles andere als kommerziell, oft eher autobiographisch , oft düster und nur etwas für seine immerhin erstaunliche Fangemeinde im Norden Europas. Was nicht verhindern kann, dass sich dieser nie ausrechenbare Künstler, dessen Aktionen oft ebenso ungewöhnlich sind wie seine tiefe brummelnde Stimme. Erst 1995 macht er wieder von sich reden als er mit Nancy Sinatra auf eine Comeback-Tour geht. Er bleibt im Geschäft mit Auftritten überall in Europa und einigen bemerkenswerten Alben. Es dauert aber bis 2003, ehe das schon viel früher erwartete Duett-Album mit Nancy Sinatra, ihr insgesamt drittes, erscheint. Kurioserweise nur in Australien.
Dann muß sich Lee Hazlewood einer ganz neuen Situation stellen, seine Gesundheit macht nicht mehr mit. Sie schränkt ihn so sehr ein, dass er das Album „Cake Or Death“ als sein letztes bezeichnet. Immer wieder wird er krankheitsbedingt zurück geworfen. Die Arbeiten am Album finden in Arizona statt und sollten in Schweden beendet werden. Es blieb zunächst bei den Plänen, denn Hazlewood zog ins warme Klima der Wüste vor den Toren von las Vages. 2005 muß er sich eine Niere entfernen lassen, es wird still um Lee Hazlewood. Aber er war nicht untätig. Zeitweise ging es ihm wieder besser. In dem Wissen, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, ahtte er das Album fertig gestellt. Dazu war er nach Stockholm. Nashville und Berlin gereist. Das Album „Cake Or Death“ erschien im Dezember 2006 in Deutschland. Mitgewirkt daran haben u.a. Duane Eddy, Al Casey, Richard Bennett, die Schwedin Ann Kristin Hedmark sowie Hazlewood’s Enkelin Phaedra. Es war in der Tat sein letztes Album.

Als Lee Hazlewood am 4. August 2007 die große Bühne für immer verließ, ging ein turbulentes Leben voller Aufs und Abs zu Ende. Erfolg war ihm in manchen Bereichen des Show-Business beschieden, nicht aber da, wo er ihn sich am meisten wünschte: als Sänger. Um die Welt, in der er beruflich tätig war, noch mehr zu prägen, stand er sich selbst mit seiner komplexen Persönlichkeit immer wieder im Wege.
In der Country Music war Lee Hazlewood durchaus kein Unbekannter. Abgesehen davon, dass viele seiner Songs auch von Country-Interpreten aufgenommen wurden, bewegte er sich als Sänger immer wieder in oder am Rande dieser Musik. Schon das Album „Trouble Is A Lonesome Town“ gehörte dazu. Mit solchen Songs wie „Long Black Train“, „Run Boy Run“ und „Six Feet Of Chain“. Das Album „Houston“ beinhaltet Country so wie Hazlewood sie verstand. Ein typisches Album für ihn ist das 1976 RCA Produkt „Lee Hazlewood. Komplett in Schweden mit einheimischen Musikern aufgenommen und Songs wie „That’s How I Got To Memphis“, „Long Haired Country Boy“, „The Fool“, „Ballad Of Lucy Jordan“. Keiner der Songs des Albums stammt übrigens von ihm selbst. Gar in Deutschland vor den Toren Kölns entstand das Album „Back On The Street Again“ mit jede Menge Country Feeling und Songs auch von Kristofferson, Bob McDill oder der leider so früh gestorbenen Kanadierin Colleen Peterson.

   

Lounge Legends
CD: „Lounge Legends“
Erscheinungsdatum: 2001
Label: Polydor
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Trackliste:

01. The Girls In Paris
02. Summerwine
03. For One Moment
04. Shades
05. After Six
06. I Move Around
07. These Boots Are Made For Walking
08. Jose
09. Home (I’m Home)
10. Not The Lovin‘ Kind
11. My Autumn’s Done Come
12. In Our Time
13. The Nights
14. Sand
15. Dark In My Heart
16. Them Girls
17. I Am A Part
18. So Long, Babe
19. My Baby Cried All Night Long
20. Your Sweet Love

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