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Bob McDill

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Ruhiger ist es schon um ihn geworden aber ein Mann für Schlagzeilen war er nie. Obwohl man auch heute noch mit schöner Regelmäßigkeit seinen Namen in den Hitparaden findet, die breite Öffentlichkeit kennt ihn dennoch nicht. Das ist kein Widerspruch sondern „Schicksal“ erfolgreicher Songschreiber. Und Bob McDill gehört zu den Erfolgreichsten seiner Zunft überhaupt. Schauen Sie nur mal bei Don Williams nach! Auf den einen oder anderen Song werde ich dann noch eingehen.

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Wer auch inhaltlich solch starke Songs zu schreiben in der Lage ist, der sollte eigentlich mit Country Music aufgewachsen sein. Nicht so dieser hagere Texaner (geboren als Robert Lee McDill am 5. April 1944). Sein Geburtsort Walden existiert schon seit 1951 nicht mehr. Nachdem die Eisenbahnstation abgerissen war, wurde der Ort von Beaumont eingemeindet.

Bob McDillSofern mich mein Gedächtnis nicht im Stich gelassen hat, ist mir der Name Bob McDill erstmals beim Song „Rednecks White Socks & Blue Ribbon Beer“ aufgefallen, den seinerzeit Johnny Russell sang. Songschreiber haben mich immer fasziniert, weil man mit Worten großartige Kunstwerke schaffen kann. Für mich war es unvorstellbar, dass Jemand, der einen solch typischen Südstaatentitel schreibt, zunächst mit Country Music nichts anzufangen wusste. Doch er bestätigt das: „Zu schreiben begann ich ziemlich früh. In der Schule war ich mies. Anstatt aufzupassen habe ich ständig irgendwelche Gedichte geschrieben. Auch die Gitarre spielte ich früh, denn es gab in der Familie reichlich musikalische Einflüsse, nicht unbedingt aus der Country Music.“

Der Vater war Grundstücksmakler (McDill: „Daddy konnte nicht einmal einen Ton halten!“), Mutter bei der Bank beschäftigt. Aber sie spielte auch Piano und so saßen Bob McDill und sein Bruder oft um sie herum und sangen gemeinsam Gospelsongs. „Es knallte durchaus auch mal daheim, meine Eltern waren zu gegensätzlich. Daddy war ziemlich wild und trinkfest, Mommy sehr religiös. Auf Wunsch meines Vaters begann ich, irgendetwas mit Technik zu studieren, liebäugelte aber eher mit dem Bankbusiness. Das redete mir Daddy aus, dort sei nichts zu verdienen. Noch weniger gefiel ihm, dass ich Musik und das Schreiben zum Beruf machen wollte. Er sagte immer, ein Gitarrist sei wie ein Taxifahrer. Denn die, die er kannte, spielten für ein paar Bucks den ganzen Abend in einer Kneipe.“

An der Lamar Universität in Beaumont studierte McDill Literatur und spielte in der Skiffle Band The Newcomers. McDill: „In den Club, in dem wir spielten, kam häufig Janis Joplin, um ihre Schulaufgaben zu machen. So aufregend waren wir!“ Einen seiner ersten Songs, „Happy Man“, hat 1967 übrigens Perry Como aufgenommen. Zu McDill’s „Spießgesellen“ gehörte u.a. Dickey Lee. „Dickey überredete mich, nach Nashville zu kommen, die Stadt sei dabei, ein Zentrum für Pop und Rock Music zu werden. Und genau in diese Musik wollte ich hin.“ Auch sein Kumpel Allen Reynolds tutete in das gleiche Horn. Doch zunächst rief die Navy ihn zum Wehrdienst. Während er den Dienst am Vaterland leistete, brachte Reynolds etliche seiner Songs unter, z.B. bei Perry Como, wie schon erwähnt oder bei Sam the Sham. Damit änderte sich auch die Einstellung von McDill’s Eltern, denn Perry Como war ja immerhin schon Jemand.

Nach dem Wehrdienst gab es für McDill nur den Weg in die Musik, er führte ihn erst nach Memphis. Dort hatte Jack Clement den Musikverlag, dem McDill angehörte, aufgekauft und nach Nashville verlagert. Also ging auch McDill dorthin. Mehr als ein Jahr tat sich nichts, denn er schrieb weiter Rock’n Roll Songs. An sein Schlüsselerlebnis erinnert er sich wie folgt: „Es war nicht so, dass ich Country nicht kannte, ich liebte diese Richtung nur nicht. Das musste sich ändern, denn du kannst keine Country Music schreiben, wenn du sie nicht ernst nimmst. Dann hörte ich bei einem Bekannten im Auto George Jones mit „A Good Year For The Roses“ und mit einem Schlag war alles anders. Es war seine Stimme, er benutzte sie wie ein Musikinstrument. Jones ist ein unwahrscheinlicher Sänger. Seine Stimme gab mir ein Beispiel für die Emotionen, die in einem Country Song stecken. Nachdem ich das erkannt hatte, war ich bereit, genau solche Songs zu schreiben.“

Erster Wegweiser für die künftige Richtung war „Catfish John“, das er mit seinem Freund Allen Reynolds gemeinsam schrieb. Danach folgten jede Menge anderer Hits. Catfish John hat es tatsächlich gegeben, das sei ein Freund seines Vaters gewesen. Erstaunlich simpel ist McDill’s Antwort auf die Frage, ob er lieber allein schreibt. „Wenn es klappt, schreibst du allein. Klappt es nicht, holst du Hilfe. So einfach ist das.“ McDill war nie ein Vielschreiber, zu seiner besten Zeit habe er versucht, einen Song pro Woche zustande zu bringen, was ihm aber längst nicht immer gelungen sei. Und es sei harte Arbeit gewesen. Zitat: „Einen einzigen Song habe ich schnell geschrieben, innerhalb von 30 Minuten. Das war „Amanda“. Alle anderen zu schreiben war richtig Arbeit, da habe ich oft wochenlang gefeilt.“ Amanda“ war so etwas wie ein Kompliment und eine Entschuldigung an seine Frau für die Unterstützung während der schweren Jahre.

Es ist schon ungewöhnlich, welch hoher Prozentsatz seiner Songs den Weg auf einen Tonträger gefunden hat und noch erstaunlicher, wie viele dann ein Hit geworden sind. Man darf als bekannt voraussetzen, dass Don Williams sein Stammkunde war. Nicht von ungefähr, wie McDill bestätigt: „Don hatte diesen gradlinigen, melancholischen, windigen West Texas Sound. Wir sind beide Texas Boys und Folkies“.

Einige der Williams Hits aus McDill’s Werkstatt: „Amanda“, „Say It Again“, „She Never Knew Me“, „Come Early Morning“, „Fallin‘ Again“, „Love Me Tonight“, Rake And Ramblin‘ Man“, „It Must Be Love“, „If Hollywood Don’t Need You“, „It Only Rains On Me“, „I’ll Need Someone To Hold Me When I Cry“ und natürlich „Good Ole Boys Like Me“. Der Erfolg des letzteren Songs ist ihm immer unerklärlich geblieben. Zunächst hatte er an Kenny Rogers als Interpret gedacht, doch der zeigte kein Interesse. Da griff Don Williams zu. McDill: „Ich war schockiert als die Plattenleute den Song auch mochten. Die wollen doch immer was Flottes, positive Liebeslieder mit möglichst sexy Texten. Ich konnte das schon nicht mehr hören. Aber hier fuhren sie auf einen Titel ab, der nicht einmal kommerziell ist. Ich hatte ihn in vollem Bewusstsein geschrieben, nichts Kommerzielles zu wollen. Mir hätte es genügt, wenn der Song auf einem Album von Don gelandet wäre. Das Lied ist eigentlich nichts anderes als eine Aufzählung von Einflüssen auf mich und Dingen, die mir etwas bedeuten.“

„Good Ole Boys“ spiegelt die klassischen Werte der Südstaaten, ihrer Lebensweise wie ihrer Literatur wieder. Ein Stück ihrer Religiosität ist ebenfalls eingewoben. Genau dieser Szenerie entstammt Bob McDill, er hat sie trefflich verewigt. Für einen jungen Mann aus der Gegend und den Verhältnissen, denen er entstammt, war es sicher nicht einfach, mit Ruhm und Geld umzugehen. McDill hatte nie ein Problem damit. Er sagt: „Ich weiß nicht, warum man meint, ein Songschreiber müsse erst einmal saufen und herumlungern. Manche spielen total verrückt, bringen sich auf die Stufe eines Spinners und meinen, dann erst seien sie interessant, dann würden ihre Lieder begehrenswerter. Alles Quatsch.“

Über das Songschreiben generell sagt er: „Es gibt heute reichlich Möglichkeiten, seine Songs auf einer Bühne vorzutragen, aber die Konkurrenz ist auch größer geworden. Immer entscheidet aber das Talent. Man muss die Kunst des Songschreibens – und eine solche ist es – lernen, sie pflegen und ständig aufbessern.“ Er selbst hat es vorgelebt und das Schreiben wie einen Bürojob betrieben, er war acht Stunden im Büro. Nie hat er etwas weggeworfen. „Das ist Verschwendung. Wenn ich etwas angefangen habe, gehe ich damit so lange schwanger, bis es irgendwann so ist wie ich es haben will. Ob es dann ein Erfolg wird ist eine andere Sache. Die Menge bringt es, man muss viele gute Songs haben, um gut zu verdienen. Oder man braucht einen Klassiker. Die meisten Hits sind danach weg und bringen nichts mehr. Nur wenige Songs kehren einmal oder häufiger wieder und werden mit anderen Sängern wieder ein Hit. Darauf kannst du nur hoffen, nicht aber darauf bauen.“

Bob McDill ist der eine oder andere Dauerbrenner gelungen. Aber er hat sich im Jahre 2000 zur Ruhe gesetzt. Ganz bewusst arbeitet er nicht mehr als Songschreiber. Mit einer höchst erstaunlichen Begründung aber einer, die genau zu ihm passt: „Die einfühlsamen, gefühlvollen Interpreten wie Don Williams, Kathy Mattea oder Dan Seals waren plötzlich nicht mehr im Radio zu hören. Und damit war auch diese Fülle an Emotionen weg, die in einem Song stecken und durch den Interpreten zum Ausdruck gebracht werden. Die Sänger, die dann kamen, fand ich für mich nicht mehr interessant genug.“ Und mit einem listigen Augenzwinkern fügt er an: „Wenn Alan Jackson nicht selbst ein so grandioser Songschreiber wäre, würde ich vielleicht noch aktiv im Business sein!“ Alan Jackson hatte mit „Gone Country“ und „It Must Be Love“ zwei #1 Hits, die McDill schrieb.

Schade, dass sich ein Autor, der 1985 gleich sechs seiner Songs zur gleichen Zeit innerhalb einer Woche in den Singles Charts fand, aus dem Business verabschiedet hat. Er hat allerdings die Musik mit seiner Kunst um viele zeitlose Lieder bereichert.

Zwei Besonderheiten seien noch erwähnt. Mindestens eine eigene LP als Sänger hat McDill aufgenommen. Titel: „Short Stories“, aus den frühen 1970er Jahren. Und mindestens ein Album mit ausschließlich McDill Songs gibt es: „Me And McDill“ von Bobby Bare aus dem Jahr 1977.

Hier zum Abschluss noch eine kleine Auswahl von Songs an denen Bob McDill zumindest als Co-Autor beteiligt ist, die bisher nicht erwähnt wurden:

„Baby’s Got Her Blue Jeans On“
„Right In The Palm Of Your Hand“
„Louisiana Saturday Night“ (alle Mel McDaniel)
„Song Of The South“ (Alabama)
„She Don’t Know She’s Beautiful“ (Sammy Kershaw)
„Don’t Close Your Eyes“ (Keith Whitley)
„Big Wheels In The Moonlight“, „Everything That Glitters“ (beide Dan Seals)
„Overnight Sensation“ (Mickey Gilley)
„The Door Is Always Open“ (Dave & Sugar)
„You Never Miss A Real Good Thing“, „I’ll Do It All Over Again“ (beide Crystal Gayle)
„The Closest Thing To You“ (Jerry Lee Lewis)
„Look Who’s Cheating Tonight“ (Bobby Bare)
„I’ll Never See The Likes Of You“ (Conway Twitty)
„Nobody Likes Sad Songs“, „Why Don’t You Spend The Night“ (beide Ronnie Milsap)
„I’ve Been Around Enough To Know“ (John Schneider)
„What She Is“, „We Believe In Happy Endings“ (beide Earl Thomas Conley)
„In A Different Light“ (Doug Stone)
„If Bubba Can Dance“ (Shenandoah)

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