Die „Bud Light“ Kontroverse
Bierernst und militant gegen Transgender: Wie aus Musikern Menschenfeinde werden und Countrymusik-Stars dagegenhalten.
Wer mit der US-amerikanischen Populärkultur aufgewachsen ist und/oder sich für sie begeistert, der hat Amerika immer als Land der unbegrenzten Möglichkeiten und als Schmelztiegel verstanden. Die Verfassung der Vereinigten Staaten gibt jedem Menschen ein Glücksversprechen, jeder soll dort nach seiner Fasson glücklich werden können. Dass aber in den USA aber schon seit einigen Jahren ein Kulturkampf tobt, der genau das als unamerikanisch brandmarkt, verstört immer mehr. Gerade im Moment ist die politische Rechte in der Offensive und bekannte Musiker befeuern den Kulturkampf noch, wie die aktuelle Kontroverse um Bud Light beweist.
Kein Bier für Transgender?
Als die in den USA führende Biermarke „Bud Light“ eine Werbekampagne mit der Transgenderperson Dylan Mulvaney beginnt, laufen Reaktionäre Sturm. Unter ihnen auch drei Vertreter der Country- und Rockmusik. Kid Rock, der zum Star geworden ist, weil er mal ganz clever den Lynyrd Skynyrd-Klassiker „Sweet Home Alabama“ gesampelt hat, entblödet sich nicht, ein Video zu veröffentlichen, das ihn auf Bud Light-Dosen schießend zeigt. Was für ein fatales Bild! So manch verwirrter Geist könnte sich da aufgerufen fühlen, es nicht bei Bierdosen zu belassen und gleich die Waffe auf Transgender zu richten. Bei der Flut von Amokläufen in den USA leider kein sehr unrealistisches Szenario.
Währenddessen will Countrysänger John Rich keine Bud Light in seinem Lokal, das bezeichnender Weise „Redneck Riviera“ heißt, verkaufen. Und Kollege Travis Tritt verbannt Bud Light aus seinem Tourbus und ruft zum Boykott auf. Wow, das alles, weil Bud Light auch Transgender als Zielgruppe in den Blick nimmt?
Zach Bryan und Sheryl Crow treten für Transgender ein
Doch zum Glück gibt es in der Countryszene auch noch andere Stimmen. Zach Bryan (27), der als ein Vertreter einer neuen Countrymusik-Generation schon mit Bob Dylan und Steve Earle verglichen wird, trat Kommentaren entgegen, die Transgender zu beleidigen, nachdem Travis Tritt angekündigt hatte, das Anheuser-Busch-Produkt zu boykottieren, um gegen die Mulvaney-Bud Light-Partnerschaft zu protestieren: „Ich mag keine Respektlosigkeit gegenüber irgendjemandem, ich habe nicht einmal etwas gegen @travistritt“, twitterte Bryan und fuhr fort: „Ich denke einfach, dass es völlig falsch ist, Transgender zu beleidigen, weil wir in einem Land leben, in dem wir alle einfach so sein können, wie wir sein wollen. Kurz darauf likte und bedankte sich Sheryl Crow für Bryans Stellungnahme.
Und das kommt nicht von ungefähr, denn auch diese Toleranz hat Tradition in der Countrymusik. Sie reicht von der Band „Levander Country“ rund um den im vergangenen Jahr verstorben Patrick Haggerty über „Feed Jake“ von den „Pirates of the Mississippi“ bis hin zu Garth Brooks und Dolly Parton, die sich schon vor Jahren für das Recht auf gleichgeschlechtliche Liebe eingesetzt haben.
Die Countrymusik gehört nicht den Reaktionären
Man mag also noch über diese Heimat- und Schnulzensänger und ihren Liedern über Pick-Ups, Party und Patriotismus gelächelt haben. Aber diese Hassausbrüche gegenüber anderen Lebensentwürfen sind schlicht menschenfeindlich und begünstigen die Gewalt gegen Queere und Transgender. Sorry, aber wenn Roger Waters hier nicht auftreten soll, dann bitte ich doch sehr, auch die nächste Deutschlandtour von Kid Rock ebenfalls zu problematisieren. Ein waffenverliebter, toxisch-männlicher Menschenfeind auf deutschen Bühnen – eine schwer erträgliche Vorstellung. Ich rede hier nicht ein Verbot herbei, sondern eine öffentliche inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Künstler. Hier ist Schicht im Schacht mit naiver Südstaaten-Rock-Romantik.
Leute wie Kid Rock, John Rich oder Travis Tritt verstehen einfach nicht, dass Amerikas Verfassung jedem Menschen ein Glücksversprechen gibt und nicht nur weißen, angelsächsischen, heterosexuellen, binär denkenden Männern.
Und so wenden sie immer militanter gegen andere Lebensentwürfe, gegen Rechte und Selbstbestimmung von Frauen, von Schwarzen, von Queeren und Transgender. Gut, dass ihnen auch in der Countryszene Menschen widersprechen. Die Countrymusik darf nicht von den Reaktionären gekapert werden.