Amythyst Kiah: Still + Bright
Das neue Album der Americana-Musikerin ist kraftvoll, virtuos und voller Menschlichkeit.
Die mit einem Grammy ausgezeichnete Songwriterin Amythyst Kiah hat soeben mit „Still + Bright“ ihr zweites Album bei Rounder Records vorgelegt. Kiah ist als queere junge schwarze Frau in den Appalachen, in einer Smalltown in Tennessee, aufgewachsen. Trotz oder gerade wegen der schwierigen Lebensumstände ist sie zu einer der kraftvollsten Stimmen des Americana geworden. Mit diesem Album nun schwimmt sie sich endgültig frei und verblüfft mit originellen Kompositionen und fantastischem Songwriting. Sie ist diesen Songs ganz bei sich und hat ein Album erstellen können, das begeistert, das berührt und auch trotz der ernsten Themen erfreut.
Freude statt Schmerz
„Auf der letzten Platte fühlte es sich so kathartisch an, über all den Schmerz zu schreiben, mit dem ich zu tun hatte, aber dieses Mal kamen die Songs von einem Ort, an dem ich Freude in der Musik fand“, sagt Kiah. „In der Vergangenheit war ich so von Ängsten geplagt, dass ich mich manchmal mit dem, worüber ich wirklich schreiben wollte, zurückgehalten habe; ich hatte das Gefühl, auf Nummer sicher gehen und bestimmte Gedanken für mich behalten zu müssen. Aber jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich mir sicher bin, was ich schätze und liebe, und deshalb habe ich das Album gemacht, das ich immer machen wollte.“
Auf diesem Longplayer entfaltet sie erstmals ihre eigene Philosophie in kompromissloser Tiefe. Insbesondere auf „Empire Of Love“ und „I Will Not Go Down” skizziert sie ihren Glauben, der so ganz anders ist, als der ihrer Umwelt. Sie glaubt an keinen strafenden Gott, glaubt nicht an ein höheres Wesen, für den man auch Kriege und Gewalt ausübt. Sie glaubt an die Liebe und dass alle Menschen gleich sind und aus dem Universum stammen.
Nach Verzweiflung den Glauben an die Macht der Liebe gewonnen
Als Kind dagegen war sie verzweifelt, wollte Gott spielen und die Welt zerstören, singt sie in „Play God And Destroy The World“. Das Lächeln in den Vorstädten ist Betrug, sie wird von den Weißen durch deren Frömmelei verspottet. Also muss sie, die nicht in deren Konventionen passt, gegen diese ankämpfen. Von diesen Kämpfen handelt auch „Gods Under The Mountain“, andere Songs handeln von unglücklicher Liebe und Trennungen.
Vielleicht der schönste dieser Songs über unglückliche Liebe auf diesem Album ist „Dead Stars“. Ein langsame, sich wiegende Ballade. Amythysts Stimme ist hier überirdisch. Ihr Liebesklagen ehrlich und anrührend. Sie fühlt sich betrogen und reflektiert dennoch ihre Rolle an diesem großen Scheitern. Fantastisch!
Großartige Musik, beeindruckendes Songwriting: Americana-Album des Jahres?
Die Arrangements, mal heavy, mal elegisch, mal folky sind große Klasse. Die Stimme ist beeindruckend, raumgreifend und von einer unbezwingbaren Präsenz und kann trotzdem immer verletzlich und zurückhaltend sein. Das Songwriting ist erste Sahne, ihr Talent paart sich hier mit dem von einem Kreis von Co-Autoren wie die Punk-Legende Tim Armstrong, Sadler Vaden (Gitarrist/Sänger von Jason Isbells 400 Unit) und Sean McConnell (Brittney Spencer, Bethany Cosentino). Zudem waren an der Produktion auch mit S.G. Goodman, Billy Strings und Avi Kaplan beteiligt. Sie alle tragen Amythyst zu einer selten gehörten Höchstleistung.
Fazit: Das könnte das Americana-Album des Jahres sein. Es sind die Hymnen, Kampfsongs und Liebeslieder einer nach schwierigen Jahren nun gereiften jungen Künstlerin. Es ist zugleich ein Dokument für Vielfalt, Toleranz und Menschlichkeit – all das was in den USA derzeit gefährdet ist.
Amythyst Kiah – Still + Bright: Das 2024er Album
Titel: Still + Bright
Künstlerin: Amythyst Kiah
Veröffentlichungstermin: 25. Oktober 2024
Label: Rounder Records, Concord (Universal Music)
Formate: CD, Vinyl, Stream & Download
Tracks: 12
Genre: Americana
Trackliste: (Still + Bright)
01. Play God And Destroy The World – mit SG Goodman
02. S P A C E
03. Empire Of Love
04. I Will Not Go Down – mit Billy Strings
05. Silk And Petals – mit Butch Walker
06. Die Slowly Without Complaint – mit Avi Kaplan
07. Gods Under The Mountain
08. Dead Stars
09. Dark Matter
10. Let’s See Ourselves Out
11. Never Alone
12. Peoples Prayer