The Derailers: Soldiers Of Love
Es gibt sie immer wieder, diese Alben, die vor musikalischer Genialität nur so strotzen, die aber einfach nicht genügend dafür gewürdigt werden. Ein aktuelles Beispiel dafür ist das Album „Soldiers Of Love“ von The Derailers. Dabei stand die Band, nachdem Leadsänger und Gründungsmitglied Tony Villanueva überraschend seinen Ausstieg verkündete, schon fast vor dem Ende ihrer Karriere. Doch zum Glück gab es da ja noch den Co-Frontmann Brian Hofeldt, der sich kurzerhand dafür entschied, das „Co-“ zukünftig wegzulassen und somit den Platz von Tony Villanueva einzunehmen. Sicherlich keine einfache Aufgabe, da Tonys Stimme den Stil der Band über Jahre hinweg schon sehr geprägt hatte.
„Cold Beer, Hot Women & Cool Country Music“ heißt der Opener dieser CD. Hält der Titel was er verspricht? Nun ja, für das kalte Bier und die heißen Frauen muss man schon selbst sorgen, aber zumindest den Part mit der coolen Country Music, den übernehmen die Derailers! Davon kann man sich auch im zweiten Song, „She’s a Lot Like Texas“, überzeugen. Ein recht melancholisches Stück mit staubtrockenem Texas-Charme. Nach dem dynamischen Start in die CD kommt dieser Song irgendwie unerwartet, aber er ist in jedem Fall ein musikalischer Hochgenuss. Dieser plötzliche Wechsel der Musikstile setzt sich dann auch nahtlos fort und zieht sich sozusagen durch das gesamte Album. Der Titelsong „Soldiers Of Love“ ist dabei eine der größten Überraschungen. Soundmäßig ein Überbleibsel des R&Bs der 60er und nicht umsonst sehr an die Beatles erinnernd. Keine Geringeren als die Fab Four aus Liverpool waren es nämlich, die den Song damals auch schon gespielt haben. Einen Mitschnitt davon gibt es auf deren Album „Live at the BBC“. Muss man aber nicht unbedingt kennen, zumal Brian Hofeldt laut eigener Aussage bei diesem Song ohnehin eine bessere Figur abgibt als John Lennon damals. Wollen wir’s ihm einfach mal glauben …
Der Weg vom Sixties-R&B zum klassischen Rock’n’Roll der alten Schule ist nicht weit. Das wissen anscheinend auch die Derailers und packen deshalb zwei Güte-Klasse-A-Rocker mit auf ihr Album. „Hey, Valerie!“ und „Get ‚Er Done“ pusten den überflüssigen Staub aus den Lautsprecherboxen und verbreiten einfach nur gute Laune. Mit zwei leicht in den Brit-Pop zielenden Stücken setzt die Band ihrer musikalischen Reise dann endgültig die königliche Krone auf. „One Before Me“ und „Everything I Believe In“ hätten genauso gut auch auf einem früheren Robbie Williams-Album oder einem Werk der Lightning Seeds vertreten sein können. Schön zu hören, dass wenigstens die Amerikaner noch wissen, wie guter britischer Pop zu klingen hat. Manch einer mag sich jetzt fragen: Wo bleibt denn da noch der Country-Aspekt? Tja, der reduziert sich auf’s Wesentliche, wie z.B. auf die wunderschöne Ballade „Every Time It Rains“ mit leichtem Alabama-Einschlag.
Was sich schon auf früheren Veröffentlichungen der Band andeutete, erreicht hier auf „Soldiers Of Love“ seinen Höhepunkt: das Schwelgen in Erinnerungen an die gute alte Zeit, als all die großen Stars der Countryszene noch jung, vital und meist noch lebendig waren. Auf ihrer aktuellen CD zeigt sich dieser Nostalgietick in Form einer Verneigung vor dem „Man in Black“ mit dem Song „An American Man“. Hier wird nicht nur der Gesangsstil und Boom-Chicka-Boom-Sound Cashs perfekt umgesetzt, sondern auch textlich der Countrylegende und seiner Biografie gehuldigt. Und auch dem kürzlich verstorbenen Buck Owens wird in angemessener Weise Tribut gezollt. Der Song „It’s Never Too Late for a Party“ ist Bakersfield pur und wenn man es nicht besser wüsste, könnte man glatt meinen, da habe der gute Buck höchstpersönlich noch einmal kurz vor seinem Tod kräftig mitgemischt. Ganz in der Tradition von Buck Owens und seinen Buckaroos befindet sich dann noch ein erheiterndes Instrumental auf der CD. „Poppycock“ ist ein angenehmes Intermezzo auf diesem ohnehin schon sehr abwechslungsreichen Album.
Famous last words: Selten so ein abwechslungsreiches Album einer Countryband gehört wie dieses. Die verschiedenen Musikstile wurden perfekt, authentisch und mitreißend umgesetzt. Zudem überzeugt die Platte durch ihre bodenständige und unverfälschte Produktion, ganz fernab der aktuellen Countrycharts …
Trackliste:
01. Cold Beer, Hot Women & Cool Country Music |