Doyle Lawson & Quicksilver: Drive Time
Wer über 50 fantastische und musikalisch weit überdurchschnittliche Alben produziert hat, von dem erwartet man normalerweise kaum noch wesentliche Steigerungen oder gar Veränderungen. Nicht so bei Doyle Lawson, der offensichtlich immer wieder für eine Überraschung gut ist. Amerikanische Kritiker bewerten Lawsons derzeitig Band als seine beste aller Zeiten.
Kurz vor seiner Europa-Blitz-Tournee kam nun Doyle Lawsons neuestes Album auf den Markt mit eben dieser neuen Besetzung und man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Was diese Band in nur sieben Titeln (in den USA werden die gebotenen Titel weniger, dafür die ganze CD billiger) präsentiert, das verdient höchstes Lob.
Die Band, stil- und griffsicher wie immer, kommt durch eine Schlagzeugbesetzung mit etwas kräftigerem Beat richtig in die Gänge, der mehrstimmige Gesang wirkt filigraner und transparenter als früher und die Songtexte sind packend, zum Beispiel „Gone At Last“ in halsbrecherischem Tempo, „Gone Long Gone“ oder „Country Store“, die wehmütige Beschreibung eines alten ländlichen Krämerladens, der bald verschwunden sein wird.
Die sieben Musiker liefern eine grossartige musikalische, dabei auch solistische, Leistung ab, dass man bedauert anstatt der sieben Titel nicht doppelt so viele serviert zu bekommen. Und so startet man diese CD immer und immer wieder. Gut, dass sich CDs nicht wie die früheren Vinylscheiben durchs viele Abspielen abnützen.
Fazit: An dieser Stelle möchte ich eine kleine Anleihe machen bei Bertram Eisenhauer von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, der in Bezug auf Alison Krauss kürzlich einen Satz prägte, den ich an dieser Stelle auf Doyle Lawson anwenden möchte: „Lawson und seine Musik nicht zu kennen ist schädlich für die seelische Gesundheit.“ Die Arme-Leute-Musik der 30er und 40er Jahre ist heute Medizin für die stressgeplagten und medial übersättigten Menschen des 21. Jahrhunderts. Doyle Lawson hat übrigens diese Medizin in Form seiner neuen CD im Gepäck. Risiken und Nebenwirkungen sind weder bekannt noch zu erwarten. Na dann, gute Gesundheit!
CD: „Drive Time“
Erscheinungsdatum: 2011
Label: Mountain Home
Trackliste:
01. Gone At Last
02. Country Store
03. Leavin‘ And Lovin‘ You
04. Love On Arrival
05. The Greenbrier Hop
06. Precious Memories
07. Gone Long Gone