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Bobby Braddock

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1966 tauchte der Name Bobby Braddock zum ersten Mal in den Country-Charts von Billboard auf. Nicht als Sänger sondern als Autor des Liedes „While You’re Dancing“. Gesungen von Marty Robbins verfehlte die Single die Top Twenty nur knapp. Bobby Braddock ist ein gefragter Autor geblieben. So stand beispielsweise Toby Keith 2002 fünf Wochen auf Platz 1 mit dem Braddock Song „I Wanna Talk About Me“ und Bill Currington gelang mit „People Are Crazy“ der Durchbruch.

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Was ist das Ungewöhnliche an Bobby Braddock, das ihn so lange so erfolgreich macht? Immerhin ist er der einzige Autor, der in fünf aufeinander folgenden Jahrzehnten mindestens einen von ihm geschriebenen Song auf Platz brachte! Auch wenn sie meist nicht so populär werden wie Sänger, Songschreiber sind ganz einfach wichtiger als Sänger, denn ohne den Autoren wäre jeder Sänger brotlos. Nun gibt es verschiedenen Kategorien von Songschreibern. Jene, denen riesige Lieder einfallen, aber nie versuchen, diese Songs selbst auf Platte zu singen.

Bobby BraddockDann kennen wir einige Songschreiber, die auch als Sänger zu Stars werden und dabei natürlich nicht nur eigene Songs singen. Schließlich sind da noch jede Autoren, die sehr gute Lieder zustande bringen, selbst auch Platten machen, als Sänger jedoch nichts Nennenswertes auf die Beine stellen.

Hierzu gehört auch Bobby Braddock. Mehrere LPs hat er im Laufe seiner Karriere gemacht – kennen tut sie allerdings kaum Jemand. Da er für seine eigenen Platten keine seiner bekanntesten Songs verwendete, habe ich mich gefragt, ob er das tat, weil sonst Niemand sich dafür erwärmen wollte. Oder weil sie so komisch waren, dass nur er selbst sie richtig interpretieren konnte. Damit ist eine seine herausragenden Eigenheiten schon angesprochen.

Braddock liebt es, Hintergründiges in seine Lieder zu packen. Beispiele: „Dolly Parton’s Hits“, „I Lobster But Never Flounder“. „The Elderly Brothers“ oder „Madison Avenue Pusher Man“. Völlig abgefahren sind Songs wie „Nag Nag Nag“, „The Klute Klux Klan“ und „Everybody s Got A Grunt Grunt Place“.

Dies ist nur eine Seite des Songschreibers Bobby Braddock. Diejenige des höchst zuverlässigen Hit-Garanten ist gepflastert mit Songs wie „D-i-v-o-r-c-e“, „Womanhood“ (beide Tammy Wynette)“Golden Ring“ (George Jones & Tammy Wynette) „Thinking Of A Rendezvous“ (Johnny Duncan), „Did You Ever“ (u.a. Nancy Sinatra & Lee Hazlewood), „Hard Times“ (Lacy J. Dalton), „I Feel Like Loving You Again“ (T.G. Sheppard), „Peanuts And Diamonds“ (Bill Anderson), „Something To Brag About“ (u.a. Melba Montgomery & Charlie Louvin sowie „Mary Kay Place & Willie Nelson), „Two Shades Of Blue“ (Deborah Allen), „Her Name Is…“ (George Jones) „Fadin‘ In Fadin‘ Out“ (Tommy Overstreet), „Blow Out The Stars Blow Off The Moon“ (Nitty Gritty Dirt Band), „Come On In“ (Jerry Lee Lewis), „Texas Tornado“, „Time Marches On“ (beide Tracy Lawrence“, „Old Flames Have New Names“ (Mark Chesnutt), „I Believe The South Is Gonna Rise Again“ (Tanya Tucker), „The Nerve“ (George Strait) und vor allem der Song des Jahres 1980 und 1981: „He Stopped Loving Her Today“. Dies ist nur eine kleine Auswahl der Songs, an denen Bobby Braddock zumindest als Co-Autor mitgewirkt hat. Er gehört also ohne Wenn und Aber zu den ganz Großen der Zunft der Songschreiber.

Robert Valentine Braddock kommt aus Florida, geboren wurde er am 5. August 1940 in Auburndale bei Lakeland. In die Musik stieg er als Pianist ein, er spielte in verschiedenen Bands bis hinauf nach New York, Country Music war es nicht, was er machte. Von Musikunterricht hielt er nichts, lieber brachte er sich das Klavierspielen und auch Saxophon selbst bei. Da er den Unterhalt mit Musik nicht sicherstellen konnte, arbeitete Braddock in verschiedenen Jobs, zeitweise auch auf der Zitronenfarm seines Vaters. Er wollte es aber unbedingt mit Musik schaffen, deshalb ging er mit 24 nach Nashville. Niemand hatte dort auf ihn gewartet, rosige Zeiten waren es nicht für ihn. Kleine Clubs und gelegentlich eine Session als Pianist – so sah die Ausbeute zunächst aus. 1965 schloss er sich der Band von Marty Robbins an, doch lange hielt er es nicht dort aus. Zuviel Hektik, zuviel Reisen – er zog es dann vor, Songs zu schreiben. Als er 1966 einen Vertrag bei Tree Publishing bekam, war das Eis gebrochen und Bobby Braddock auf dem Weg zu einem der erfolgreichsten Autoren in der Country Music.

Doch erlebte auch Braddock durchaus den Druck, der in einer solchen Stadt herrscht. So sagte er vor Jahren schon: „In dieser Stadt bist du so gut wie deine letzte Platte oder dein letzter Song. Ich muss mich ständig wieder selbst beweisen.“ Der Druck ist inzwischen gewichen, Braddock muss auch sich selbst nichts mehr beweisen. An seiner Einstellung zum Job des Songschreibers hat sich nichts geändert. Es gibt großartige Songs und es gibt Hits – ein Hit muß aber nicht unbedingt ein großartiger Song sein. Braddock versteht es jedoch bis heute immer wieder, Beides unter einen Hut zu bringen. „Ich versuche immer und immer wieder, mein Bestes zu geben, um einen starken Song zu schreiben. Das gelingt natürlich nicht immer“, meint er.

Auch Braddock hat im Laufe seiner langen Karriere Phasen gehabt, wo es nicht so richtig lief. Das hatte Gründe, die Braddock nicht nur kennt sondern auch offen anspricht: „Ich schreibe über das, was mich gerade berührt, mit dem ich mich beschäftige. Dabei bringe ich viel von mir selbst ein.“ Genau das war auch der Grund für die Phase der Flaute in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre. Braddock verarbeitete persönliche Krisen wie die gescheiterte Ehe mit ihren Begleiterscheinungen offenbar zu persönlich in seinen Songs. Er sieht es jedenfalls so: „Ich schrieb damals Songs aus Verzweiflung, die Inhalte wurden so speziell auf mich zugeschnitten, dass andere Menschen damit wenig anfangen konnten. Ich habe das damals nicht gemerkt. Heute bin ich der Meinung, ich habe in jener Phase einige meiner schönsten Lieder geschrieben – die passten aber nicht in das damals gefragte Schema.“

Gott sei Dank fand Braddock wieder zum erfolgreichen Songschreiben zurück. Die Country Music wäre viel ärmer ohne seine Lieder. Man höre sich nur einmal den Text von „Nothing Ever Hurt Me (Half As Bad As Losing You)“ an, so etwas kann sich nur ein so eigenwilliger Typ wie Bobby Braddock ausdenken. Und wenn den Song dann auch noch ein George Jones singt, dann entsteht daraus eine Sternstunde der Unterhaltung.

Bobby Braddock hat grundlegende Veränderung in der Country Music registriert, seit er in ihr tätig ist: „In den frühen 60er Jahren hat man als Mittel gegen den Rock’n Roll in einer Art Selbstverteidigung Pop, Rock’n Roll und Country vermischt. Danach kehrte man bis in die 1980er Jahre zu Country zurück, jedoch waren die Songinhalte und auch der Sound breiter gefächert. Das sprach ein ungleich größeres Publikum an. Dann kam Garth Brooks, dem es gelang, mit seinen oft selbst geschriebenen Songs und Live Auftritten Pop-Publikum zu Country Music zu „bekehren“. In den 1990ern hatten die Neo-Traditionalisten Konjunktur. Seit der Jahrtausendwende haben sich vor allem manche Songinhalte stark gewandelt, sie sind ein Spiegelbild der Gesellschaft, in der es rauer und brutaler zugeht. Manche Texte, die vor 30 Jahren völlig tabu waren, sind heute zu harmlos, um noch ernst genommen zu werden.“

Macht es da denn noch Spaß im Alter von über 70 Jahren noch mitzumischen? „Lieder zu schreiben ist keine Arbeit, umso schöner, dass man damit soviel Geld verdienen kann, um davon nicht schlecht zu leben. Ich versuche immer noch, ein Lied so gut wie möglich, und so kommerziell wie möglich zu schreiben. Ich habe durchaus den Ehrgeiz, weitere richtige Hits zu schreiben. Mit dem Alter wird man bekanntlich reifer und so bilde ich mir ein, noch den einen oder anderen anspruchsvollen Song in mir zu haben, den die Menschen hören wollen. Rückblickend muss ich sagen, dass einige der Songs, die ich in meiner erfolglosen Phase geschrieben habe, so spontan waren, dass sie allein dadurch wirken, sie sind auch heute noch kraftvoll. Ich habe sie geschrieben, weil ich diese Themen damals selbst durchlebt habe, mir war es egal, ob Jemand sie aufnimmt. Dann habe ich, sogar in einer erfolgreichen Phase, versucht, kommerziell zu schreiben – da war ein Haufen Schrott dabei. Heute erkenne ich den Unterschied. Als ich „D-i-v-o-r-c-e“ schreib war ich eigentlich noch zu grün!“.

Manchmal gilt es, Jahre zu warten. Ein Songschreiber muss Geduld haben. Treffliches Beispiel ist „He Stopped Loving Her Today“. Vier Jahre brauchte es, ehe dieser Song bei George Jones landete. Braddock: „Als Autor musst du dir darüber klar sein, dass du ein Leben lang mit Zurückweisung rechnen darfst. Immer, wenn Jemand dein Lied nicht nimmt, bedeutet das ja, er mag es nicht, ein Anderer hat etwas geschrieben, das ihm besser gefällt. Es werden mehr Lieder abgelehnt als genommen. Daran kann ich mich nie gewöhnen. Als wir „He Stopped Loving Her Today“ schrieben, dachten wir nicht im Traum daran, dass es ein solcher Erfolg würde. Curly Putman (Co-Autor des Songs) und ich dachten schon, dass wir einen guten Song hätten. George (Jones) meinte, er sei zu traurig aber so, wie er es sang und Billy Sherrill es produzierte, war es optimal. Ich denke, dieses Zusammenspiel hat die Wirkung auf das Publikum. Und ehrlich – ich meine schon, ich hätte deutlich bessere Songs geschrieben. Aber gegen den Erfolg gibt es kein Argument. Und beklagen tue ich mich auch nicht.“

Macht es eigentlich einen Unterschied, allein zu schreiben oder mit einem Partner? Braddock: „Wenn ich allein schreibe, bin ich freier. Dann kann ich auch schon mal unterbrechen und mich mit etwas anderem befassen. Wenn man im Team schreibt, also mit mindestens noch einem Kollegen, dann bleibt man meist zusammen bis der Song fertig ist. Größere persönliche Befriedigung habe ich, wenn ich einen Song allein geschrieben habe, das ist besser für das Ego. Aber Spaß machen beide Varianten. Man plant so etwas nicht vorher. Manchmal hat man Phasen, in denen einem allein auch nichts einfällt.“

Wie geht er denn mit den Tiefpunkten um, die es ja immer mal gibt? „Ich habe gelernt, damit umzugehen. Früher war das echt schlimm. Ich erinnere mich an „D-i-v-o-r-c-e“ – da saß ich nun mit 30 und glaubte, alles sei schon vorbei. Denn nachdem Tammy damit ihren Hit hatte, fand über ein Jahr lang kein einziger meiner Songs Gnade. Heute weiß ich, dass die Songs auch nicht gut gewesen sind. Vielleicht habe ich in meiner besten Zeit zu viele Partys besucht, zu viel getrunken und mich zu wenig ums Finanzielle gekümmert. Ein guter Geschäftsmann war ich jedenfalls nicht. Ich war damals erschrocken, dass ich diese Hits geschrieben und auf einmal viel Geld hatte. Geschämt habe ich mich sogar dafür, weil ich glaubte, es nicht verdient zu haben. Heute kann ich mit Erfolgen und mit Misserfolgen viel besser umgehen.“

Worin sieht er eine Gefahr für einen erfolgreichen Songschreiber? „Sich zu wiederholen. Auch ich bin dieser Gefahr erlegen. Andere machten mich darauf aufmerksam, dass ich versuchte, einen erfolgreichen Song zu kopieren. Das klappt in den allermeisten Fällen nicht. Das Dumme daran ist, man merkt es meist selber nicht einmal, bei mir geschieht es mit der Melodie eher als mit dem Text.“

Gibt es noch eine Herausforderung für einen Veteranen wie Bobby Braddock? „Natürlich, das ist die so rasante technische Entwicklung. Die Jugend orientiert sich nur noch digital, da haben es Alben schwer. Für einen Songschreiber bedeutet das, er muss möglichst einen Hit-Song schreiben. In der Country Music sieht es ein wenig besser aus, denn da gibt es nicht die „Generationen-Musik“. Country Music ist vor allem auch bei älteren Menschen populär und die tun sich bekanntermaßen schwerer mit all den technischen Neuheiten.“

Als Sänger versucht hat sich Bobby Braddock übrigens auch, mit ganz bescheidenem Erfolg. Mindestens drei Alben kenne ich von ihm, keines davon war ein Hit:

Between The Lines (Elektra 6E-187) von 1979
Love Bomb (Elektra 6E-255) von 1980
Hardpore Cornography (RCA MHL1-8604) von 1983

Vor einigen Jahren ist Bobby Braddock unter die Buch-Autoren gegangen. Die Louisiana State University Press veröffentlichte den Teil 1 seiner Memoiren unter dem Titel „Down In Ourburndale: A Songwriter’s Youth In Old Florida“. Lesenswert, denn Braddock beschreibt mit viel Humor und Lokalkolorit seine Heimat und seine Jugend. Der zweite Teil, an dem er noch bastelt, trägt den Arbeitstitel: „Hollywood, Tennessee: A Life On Nashville’s Music Row“.

Das Feuer brennt also noch in dem vitalen Veteranen, wir werden sicher noch den einen oder anderen Hit von ihm hören können. Er ist eine ehrliche Haut, dieser Bobby Braddock: „Würde ich über Alles gleich gut schreiben können, dann kämen mehr soziale, historische, humorige Themen vor. Am sichersten ist das Thema Liebe, das zieht immer. Obwohl eigentlich alles dazu gesagt sein müsste, es gibt offenbar immer wieder Möglichkeiten, das Gleiche mit anderen Worten und Melodien auszudrücken.“ Und nach einem kurzen Augenblick des Nachdenkens: „Wenn du Glück hast, ist das Songschreiben alle Mühen, Sorgen und Tiefpunkte wert.“

Im Jahr 2011 fand Bobby Braddock die Anerkennung, die er längst verdient hatte, er wurde in die Country Music Hall of Fame gewählt.

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