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The Dad Horse Experience – Kellergospel in Darmstadt

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Countrymusik in Deutschland ist vielfältiger als man denkt. Es gibt eine rege deutsche Countryszene. Da sind die Klassiker Truck Stop und Tom Astor. Daneben hat sich eine junge Szene entwickelt. Künstler wie Ann Doka, Lisa-Marie Fischer oder Markus Rill orientieren sich verstärkt an New Country, Alternative Country und Americana.

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Dahinter aber gibt es schon seit den 1990er Jahren noch eine besondere Countryszene, die von Indie, Punk und Dark Wave beeinflusst ist. Für sie stehen und standen Namen wie der deutsche Cash-Biograf Franz Dobler oder die Hamburger Gruppe Fink. In dieser Tradition ist auch The Dad Horse Experience zu sehen, der mit seinen Kellergospels kürzlich in Darmstadt gastierte. Ein ungewöhnliches, ein wildes und intensives Konzerterlebnis.

Immer wieder gibt es in Deutschland Künstler, die sich Countrymusik angeeignet haben, und ohne Rücksicht auf kommerzielle Verwertbarkeit ihren Zugang zu dieser Musik öffentlich präsentieren. Nach Delaney Davidson vor zwei Jahren mit seinen Ghost-Songs, die eine besonders düstere Mischung aus Country, Blues und Rock darstellen, präsentierte die Bessunger Knabenschule in Darmstadt nun mit The Dad Horse Experience ein ebenso ambitioniertes wie ehrliches wie teilweise groteskes Musikerlebnis.

Die weißen Country-Gospel sind ein wichtiger Teil des Country-Genres. Ihnen fühlt sich Dad Horse Ottn verpflichtet. Ihre ursprüngliche Form auf Banjo-Basis hat er sich angeeignet, als er das Instrument 1998 im Alter von 39 Jahren erlernte. Er wollte diese Musik nutzen, um sich von seinem chaotischen und erfolglosen Vorleben als Bildkünstler zu befreien. Und so zieht er seitdem mit seiner spirituellen Befreiungsmusik quer durch Europa.

Seine Wahrheiten, die er verkündet handeln von Dingen „wie eigenes Ego und Ängste, die uns letztendlich darin hindern, zu wachsen und frei zu werden“. Er predigt seine universellen Wahrheiten ohne missionarischen Eifer, dafür umso mehr mit einer stoischen humorvollen Gelassenheit. Und wenn er das in Darmstadt auf der Bühne mit seiner Schlagzeugerin tut, dann erinnern die beide ein wenig an Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Ein doppelbödig-humoreskes, kulturübergreifendes Projekt.

Der Sänger sitzt den ganzen Abend, spielt Banjo und bedient mit den Füßen eine Art Orgel. Zusammen mit dem Schlagzeug ergibt sich so ein wilder, altertümlicher Sound. Seine Songs, die von Tod und Sünde und Liebe und Verrat handeln, greifen auf deutsche Art das wilde, gefährliche Amerika auf, von dem in der ursprünglichen Old Time-, Folk- und Countrymusik die Rede ist. An diesem Abend singt er Traditionals wie „Will The Circle Be Unbroken“ oder den Cash-Klassiker „Folsom Prison Blues“. Und das Beste: Seine eigenen Songs wie „Dead Dog On A Highway“, „Lord Must Fix My Soul“ oder „Kingdom It Will Come“ fügen sich nahtlos ein und klingen genauso uralt und wahr wie ihre Vorbilder.

So entsteht ein atemberaubendes Panoptikum der dunklen Seite des Menschen und der Hoffnung auf Befreiung. Ein Gospelkonzert der Extraklasse. Verschroben zwar, aber der Künstler geht das Risiko ein. Und ganz besonders wichtig: Dad Horse Ottn hat mehr Country in der Seele als so mancher zeitgenössische Hat-Act.

Countryfans aufgepasst! Wer sich darauf einlässt, wird belohnt, und erhält die frohe Botschaft. I saw Dad Horse Experience and I saw the light. Halleluja!

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Über Thomas Waldherr (804 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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