Die Beatles und die Countrymusik
Es ist 50 Jahre her, dass die Beatles in wenigen Monaten die Supergruppe in den USA wurden, und damit die Invasion der englischen Popmusik einleiteten. Bei den diesjährigen Grammy Awards in Los Angeles traten die noch lebenden Beatles Paul McCartney und Ringo Starr auf. Keith Urban beteiligte sich an der musikalischen Ehrung mit einem Song der Beatles.
Steve Greenberg hat im Billboardmagazin vom 18. Januar 2014 ausführlich analysiert, wie es den Beatles und ihrem Manager Brian Epstein damals endlich gelungen war, den unglaublichen Siegeszug der Beatles in den USA auf den Weg zu bringen, nachdem die Beatles schon mehr als zwei Jahre zuvor in Großbritannien zur Teenie-Sensation geworden waren.
Die Beatles haben die 1960er Jahre kulturell und sozial geprägt. Sie bestimmtem den Musikgeschmack einer Generation ebenso wie deren Lifestyle und Verhalten, die Mode, den Haarschnitt sowie die Redeweise der Jugend. Aller Widerstand der entsetzten Erwachsenen nutzte nichts. In den ersten Monaten des Jahres 1964 brachen die Beatles alle Rekorde: Am 4. April 1964 belegten sie mit fünf Titeln Platz 1 bis 5 der Popcharts. Nie wieder gelang es einem Popstar, drei Titel nacheinander auf Platz 1 zu bringen, so geschehen mit „I Want To Hold Your Hand“, „She Loves You“ und „Can’t Buy Me Love“ vom 1. Februar bis zum 2. Mai 1964.
Die Umwälzung in der Popmusik
Eine gewaltige Umwälzung hatte also die musikalischen Szene der USA erschüttert. Für uns, die wir uns vor allem mit der Countrymusik beschäftigen, sollte dieses Jubiläum Anlass sein, die Auswirkungen und Verbindungen zwischen den Beatles und der Countrymusik anzuschauen. Schaut man in den diversen Büchern über die Geschichte der Countrymusik (von Bill C. Malone, Curtis W. Ellison und Walter Fuchs als deutschem Spezialist) nach, so werden die Beatles nirgendwo erwähnt, wenn es um Countrymusik seit den 1960er Jahren geht.
Wie Countrymusik die Beatles prägte
Als die Beatles anfangen, Musik zu machen, werden sie von diversen Musikrichtungen beeinflusst. Sie selbst haben, was Harmonie und Gesangsstil angeht, oft die Everly Brothers als Vorbilder hervorgehoben, daher nannten sie sich damals gerne die englischen Everlys. George Harrison wiederum hat den Ur-Rockabilly und Countrysänger Carl Perkins zum musikalischen Vorbild genommen. Er erzählte, dass er Perkins‘ Gitarrenstil kopiert habe. Kein Wunder, dass die Beatles auf ihrem 1964 erschienenem Album zwei Songs von Carl Perkins sangen: „Honey Don’t“ und „Everybody’s Trying To Be My Baby“. Sie sangen sein Sure to fall live in der BBC und es gibt noch eine Aufnahme von Lend me your comb in der Beatlesanthology 1. Während John Lennon und Paul McCartney nach Auflösung der Beatles auf ihren Soloalben neben Eigenkompositionen meist Rock- und Soulsongs coverten, hatten sie – so berichtet Ricky Kane in seinem Buch „Ticket to ride“ – bei der Komposition von Titel wie I don‘t want to spoil the party, I’m a loser und All my loving durchaus an Countryklänge gedacht.
Ringo Starr – Der Countryfan unter den Beatles
Ricky Kane berichtet auch, dass Ringo sich 1965 als Fan der Countrymusik bekannte. Als er sich einen Titel für das fünfte Beatlesalbum aussuchen durfte, wählte er prompt einen Country-Tophit aus dem Jahr 1963 von Buck Owens „Act Naturally“, den er dann auch singt. „Act Naturally“, geschrieben von Johnny Russell und Voni Morrison, wurde die B-Seite von „Yesterday“ und erreichte Platz 47 in den Popcharts. Es war übrigens der letzte Coversong auf Beatlesalben! 1989 haben Ringo und Buck Owens den Song gemeinsam eingespielt auf der CD, die Buck Owens 1989 herausgeracht hat mit dem Titel „Act Naturally“. Das Lied wurde Nummer 27 in der Countryhitparade und war Buck Owens vorletzter Hit. Ringo Starr im Verlauf seiner Solokarriere immer wieder mal einen Countrysong aufgenommen, zum Beispiel „Husbands And Wives“ von Roger Miller, „The No No Song“ von Hoyt Axton oder den Johnny Cash-Hit „Rock Island Line“.
Beatlessongs in der Countryhitparade
Aber wie wurden die Beatles in der Countrymusik aufgenommen? Die ersten Reaktionen der Countryszene damals waren eher ablehnend, obwohl offiziell wenig Aussagen zu finden sind. Die Beatlemania war ein Jugendphänomen und die Mehrheit der Countryfans war damals noch ein sehr konservatives Publikum, das die frechen Beatles mit ihrer von der damaligen Countrymusik doch sehr verschiedenen Musik eher ablehnte. Als die Beatles die Popcharts so dominieren, sind nacheinander Stonewall Jackson (B.J. The D.J.), Lefty Frizzell (Saginaw, Michigan) und dann ab dem 4. 4. Johnny Cash mit (Understand Your Man) an der Spitze der Countryhitparade. Alles Songs, die mit dem Beatlessound nicht das geringste zu tun haben. Und doch kommt schon im Mai 1964 ein erster Beatlessong bis auf Platz 49 der Countryhitparade:
Das Komikerduo Homer & Jethro singt eine Parodie von „I Want To Hold Your Hand“. Wie von den beiden gewohnt, wird nur der Text verändert, kritisches zu den Beatles ist nicht zu hören, und genauso verhält es sich mit ihrer Version von „She Loves You“. Es dauert dann neun Jahre, bis die ersten Coversongs in der Countrycharts auftauchen – beides Lieder von George Harrison: „Here Comes The Sun“ wird für den unbekannten Lloyd Green ein Platz 73 im Juli 1973. Der wesentlich erfolgreichere Johnny Rodriguez hingegen erreicht 1974 eine Top-10-Platzierung mit dem Titel „Something“. Danach schaffen es noch weitere neun Beatlessongs in die Countrycharts: Die kürzlich verstorbene Billie Jo Spears kam 1979 mit „Yesterday“ auf einen Platz 60, Anne Murray erreichte mit dem munteren „I’m Happy Just To Dance With You“ 1980 die 23. Im Jahr 1989, also damals 25 Jahre nach der Invasion der Beatles, waren gleich zwei Beatlessongs erfolgreich: Das Damenduo Sweethearts of the Rodeo schaffte Platz 9 mit „I Feel Fine“, und dann geschah das erstaunliche; ausgerechnet die Tochter von Johnny Cash, Rosanne Cash, stand am 24. Juni 1989 auf Platz 1 mit „I Don’t Want To Spoil The Party“. Sie erzählte, dass sie mit zwölf ein fanatischer Beatlesfans und Präsident eines Beatlesfansclub war und sie auch deshalb mit ihrem damaligen Mann Rodney Crowell diesen Song aufnehmen wollte. Eine tolle Aufnahme übrigens mit die Gitarristen Pat Flynn und Steuart Smith und Barry Beckett am Keyboard.
Beatlesmusik auf Tributalben von Countrymusikern
Wie Rosanne Cash hatten fast alle erfolgreichen Countrysänger der 1980er und 90er Jahre in ihrer Jugend die Beatles gehört und geliebt. Wie sehr die damals etablierten Countrystars die Beatles verehrten, zeigt die 1995 bei Liberty Records erschienene CD „Come Together“ – America Salutes The Beatles. Das hier grüßende Amerika sind die besten und erfolgreichsten Countrysänger der goldenen 1990er Jahre, (außer Garth Brooks, George Strait und Alan Jackson.) Es lohnt sich, dieses Album mit seinen tollen 17 Titeln noch einmal anzuhören. Mir persönlich gefallen besonders Randy Travis mit „Nowhere Man“, „All My Loving“ mit Suzy Bogguss und dem 2001 verstorbenen Chet Atkins und „Get Back“ von Steve Wariner. Letzterer Song war dann 1995 als Single auf Platz 72. Seither hat es kein Beatlessong mehr in die Countrycharts geschafft.
Aber immer wieder wurden Beatlessongs von Countrystars neu aufgenommen. Eine schöne Zusammenstellung von Beatlessongs unter anderem mit Dolly Parton, Lorrie Morgan, Willie Nelson, Waylon Jennings und Rosanne Cash mit ihrem Nummer-Eins-Erfolg ist 2005 erschienen: „Yesterday: A Country Music Tribute To The Beatles“. Und ein Jahr später nahm Altmeister Jerry Lee Lewis mit Little Richard „I Saw Her Standing There“ für sein Album „Last Man Standing“ auf. Und wenn Sie wissen wollen, welcher Beatlessong am häufigsten gecovert wurde – es ist „Yesterday“, von dem ich sechs Versionen gefunden habe.
Das Box-Set The U.S. Albums von The Beatles – Bestellen, Format, VÖ. und Label:
Wer wissen möchte, wie die Beatles in den USA in den 1960er Jahren vermarktet wurden, der kann (fast) alle Antworten in dieser CD-Box (The U.S. Albums) finden. Diese 13 CDs beinhalten die Alben der Beatles, wie sie in den USA erschienen sind und haben für den Sammler den Vorteil, dass sie verfolgen können, welche Strategien die Plattenfirmen entwickelten, um möglichst viele Beatlesplatten an den Mann (und die Frau) zu bringen. Wer will kann dann auch vergleichen, was den Unterschied zu den Beatlesplatten in Großbritannien und Deutschland ausmacht. Hier finden sich dann auch die von mir erwähnten Titel der Beatles, die Bezug auf Countrymusik nehmen.
Titel: The U.S. Albums Künstler: The Beatles Veröffentlichungstermin: 17. Januar 2014 Label: Universal Music Format: Box-Set (13 CDs) Bestellen / Download: |
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