Pistol Annies: Interstate Gospel

Manchmal lohnt es doch zu warten. Fünf lange Jahre sind vergangen, seit Pistol Annies ihr „Annies Up“-Album veröffentlichten. Angaleena Presley, Ashley Monroe und natürlich Miranda Lambert waren in dieser Zeit sehr beschäftigt mit neuen Alben (alle drei), mit Heiraten (Ashley Monroe), mit Scheidung (Miranda Lambert) und Angaleena Presley (mit Schwanger sein). Seit Monaten schürten die drei Damen die Erwartungshaltung der Fans: Hier ein Hinweis auf gemeinsame Schreibsessions, da ein Hinweis auf eine mögliche CD, schließlich die Ankündigung und nun die Veröffentlichung von Interstate Gospel.

Wie gesagt, das Warten hat sich gelohnt: 14 Lieder, alle von den Sängerinnen selbst geschrieben und in Vollendung gesungen. Da stimmt jede Harmonie, jede Note und die Verteilung der drei Stimmen in den jeweiligen Liedern ist perfekt. Auch die musikalische Mischung stimmt: Im Mittelpunkt stehen die Beziehungen zwischen Frau und Mann, aus der Perspektive der Frau, verständlicherweise. Miranda Lambert kommentierte dazu: „Viele Songs sind traurig und das macht uns glücklich.“ Da gibt es die gewohnt frechen Lieder, mit denen die Pistol Annies so gut unterhalten: „Sugar Daddy“ und die Sehnsucht nach dem reichen, aber netten Mann. Wirklich witzig ist das von Miranda Lambert gesungene „Got My Name Changed Back“, in dem sie fetzig über ihren Ex berichtet, dass der sich mit Schlampen vergnügte, worauf sie sich ihren Mädchennamen zurückholt. Bei einem Livekonzert sagte sie, dass dieses Lied nicht auf Tatsachen beruht! Auch „Stop Drop And Roll One“ gehört in die Kategorie Rock und Witz, es geht ab mit Gitarre, Schlagzeug und rockt erheblich.

Ganz schön hintersinnig, wie in „When I Was His Wife“ mit den Country-Klischees gespielt wird: „Was für ein Traummann, der nie untreu sein wird und mich immer lieben wird, der toll aussieht.“ Und dann kommt: „Das hab ich auch gesagt, als ich seine Frau war.“ Wunderschön auch die Hymne an die junge Frau, die im Leben keine Chance hatte, die misshandelt wurde und ihr Dasein in Kneipen fristet, „Cheyenne“. Sehr einfühlsam, wie Ashley Monroe in ihrem „Leaver’s Lullaby“ die gescheiterte Beziehung beschreibt, musikalisch untermalt unter anderem von der Mariachi Blasinstrumenten. „Milkman“ ist die Geschichte der Mutter, die ihre Tochter nicht verstehen kann, weil sie immer nur die Familie und das enge Leben im Dorf kannte, sie hat nie wilde Blumen gepflückt hat, nie den Milchmann geliebt oder am Sonntag was getrunken hat.

Das nachdenkliche „Masterpiece“, geschrieben von Miranda Lambert, analysiert, was in Beziehungen schief gehen kann. Der Titelsong „Interstate Gospel“ nimmt das Gospelmotiv in sehr weltlicher Weise auf, mit Gitarrensolo und Schlagzeuguntermalung. Zum Abschluss geht es nochmal um den Beziehungskonflikt: „We get each other high, we get each other low“, wir streiten und versöhnen uns, es wird vorbeigehen, so der Text in „This Too Shall Pass“.

Fazit: Gerade weil die drei sich ganz offensichtlich nicht bemüht haben, Lieder zu singen, die nur nach der Akzeptanz des Radio schielen, sondern sich um Witz, Traurigkeit, Reflexion und Tiefgang bemüht haben, ist den drei Frauen ein Meisterwerk gelungen, das ihre beide ersten CDs noch übertrifft. Für mich ist dieses Album der Beweis, dass kommerzielle Countrymusik und außergewöhnliche musikalische Qualität keinen Gegensatz darstellen. Leute, kauft, streamt oder ladet dieses Album runter, es lohnt sich!

Pistol Annies – Interstate Gospel: Das Album

Titel: Interstate Gospel
Künstler: Pistol Annies
Veröffentlichungstermin: 2. November 2018
Label: RCA Nashville
Vertrieb: Sony Music
Formate: CD & Digital
Laufzeit: 46:42 Min.
Tracks: 14
Genre: Country
Bewertung: 5 von 5 möglichen Punkten!

Trackliste: (Interstate Gospel)

01. Interstate Prelude
02. Stop Drop And Roll One
03. Best Years Of My Life
04. 5 Acres Of Turnips
05. When I Was His Wife
06. Cheyenne
07. Got My Name Changed Back
08. Sugar Daddy
09. Leavers Lullaby
10. Milkman
11. Commissary
12. Masterpiece
13. Interstate Gospel
14. This Too Shall Pass