Sweet Chili begeistern im Pädagog
Einen großartigen Abschluss für dieses Jahr fand die von Country.de präsentierte Reihe „Americana im Pädagog“ mit dem Auftritt von Sweet Chili. Im gut gefüllten Gewölbekeller des Theaters im Pädagog im Herzen Darmstadts nahmen Bernd Wolf und Elisabeth Erlemann die Zuhörer mit auf eine Reise quer durch Geschichte und Gegenwart von Country, Folk und Americana.
Fast drei Stunden (!) lang beeindruckte das Duo durch gekonntes Zusammenspiel, perfekten Harmoniegesang und eine Setlist, die keine Wünsche offen ließ und deutlich machte, wie breit dieses Feld ist und wie tief, und manchmal auch ungeahnt, die Verbindungen zwischen Songs und Interpreten sein können.
So starteten die beiden dann auch mit dem Bob Dylan-Klassiker „It Ain’t Me Babe“ in den Abend, den auch Johnny Cash und June Carter stets im Programm hatten. An ihre Interpretation lehnte sich die Fassung von Sweet Chili an. Überhaupt hatten die beiden natürlich auch eine ganze Reihe von Songs des „Man in Black“ im Gepäck. Schließlich ist Bernd Wolf – als Redakteur dieses Magazins den country.de-Lesern bestens bekannt – einer der größten Cash-Experten der Republik. Wobei es hier nie um einfaches nachspielen geht. Wenn Wolf Johnny Cash singt, dann singt immer Bernd Wolf. Seine kräftige, ausdrucksstarke Stimme schafft den Songs sofort die notwendige Präsenz, gibt ihnen aber auch eine eigene Prägung. Auch Elli Erlemann gelingt es immer, aus den Songvorlagen etwas Eigenes zu schaffen. Mit ihrer hervorragenden Gesangstimme verstand sie es an diesem Abend immer wieder, das Publikum an zu begeistern.
So wie beispielsweise bei dem gesangstechnisch anspruchsvollen „What’s Going On“ von den „Four Non Blondes“, das ebenso wie „Who Knew“ von „Pink“ sicher zu denen Songs des Programms gehörte, die man am wenigsten in einem Americana-Konzert erwarten würde. Logischer waren da die bereits erwähnten Cash/Carter-Songs. Bei den Klassikern „Jackson“ und „Darling Companion“ und dem erst kürzlich posthum veröffentlichten „Baby Ride Easy“ belebten Wolf und Erlemann das ewig junge Genre der Country-Duette in absoluter Perfektion.
Wie kann man den Mitgröhl-Klassiker „Ring Of Fire“ so ironisch-humorvoll brechen, ohne ihm seine Würde – June Carters Song ist ein großer Liebesbeweis – zu nehmen? „Sweet Chili“ schafften das an diesem Abend durch den Einsatz des Kazoo. Das kleine Blasinstrument ersetzte die Mariachi-Trompeten der Originalfassung und Elli Erlemann bewies damit einmal mehr ihren Sinn für Humor.
Überhaupt: Humor und Unterhaltung. Die beiden sind richtige „Bühnentiere“. Hier haben sich zwei leidenschaftliche Musiker, Musikanten und Unterhalter gefunden. Zwischen den Songs streuen die Beiden kurzweilige Erzählungen über die Themen der Lieder ein. Und schaffen es auch, noch den bösesten und schwärzesten Songs etwas Humorvolles abzugewinnen. Wenn Bernd Wolf beispielsweise der traditionellen Mörderballade „Delia“, von der es u.a. Interpretationen von Cash und Dylan gibt, das Gedicht „Ritter Kunibert“ von Heinz Erhardt voranstellt, dann bleibt kein Auge trocken.
Und so reihte sich an diesem Abend ein Höhepunkt an den anderen. Auf der Liste standen Songs von Bill Monroe, dem „Father Of Bluegrass“, Bruce Springsteen, „Leaving On A Jetplane“ – bekannt durch Peter, Paul & Mary, geschrieben von John Denver, den Byrds – „You Ain’t Goin Nowhere“, geschrieben natürlich von Bob Dylan und vieles mehr.
Und am Ende stand dann „Hurt“. Der Song von den „Nine Inch Nails“, den Cash am Ende seines Lebens genutzt hatte, um Bilanz zu ziehen und dessen Fassung mittlerweile bekannter als das Original ist. Ein Gänsehautgefühl am Ende eines langen, unterhaltsamen Konzertabends. Das Publikum dankte „Sweet Chili“ mit langem Applaus und Bravorufen. Gleichermaßen ein Auftrag für die Veranstalter, 2015 die Serie fortzusetzen. Und so wird es auch sein. Mehr demnächst an dieser Stelle.