Bob Dylans Eloge auf Dwight Yoakam
Die Musiklegende schrieb die Liner Notes für die 4-LP Record Day-Veröffentlichung des Countrymusikers.
Dwight Yoakam: And Then I Wrote. The First Three Albums Of The '90s. Bildrechte: Rhino Records
Das bringt auch nur Bob Dylan fertig. Er schreibt die Liner Notes zu Dwight Yoakams 4-LP-Veröffentlichung „And Then I Wrote… The First Three Albums Of The ’90s“ und lässt sich zu zwei Dritteln des Textes über den Schauspieler Dwight Yoakam aus. Er lobt ihn und stellt seine Besonderheit heraus und benutzt dazu genau die lässig-lakonische Sprache, die er auch schon in seiner „Philosophie des modernen Songs“ in Gebrauch hatte.
Dylan schreibt über Yoakam als Schauspieler: „Dwight stand im Mittelpunkt des Geschehens. Er streifte wie ein Panther umher und beherrschte die Bühne; es war eine Performance, die einem den Atem raubte und das Herz zum Stillstand brachte, er explodierte vor Wahrheit. Er war so lebendig, dass es weh tat. Voller Schönheit, ohne Entschuldigung, Liebe, die am Ende war, jede Lüge die Wahrheit, ein Clown wie aus dem Bilderbuch, der nie seinen Text vergisst, und jeder konnte seinen eigenen Wahnsinn auf der Bühne erkennen. Er war wie ein Komet, der durch den Himmel raste. Als Schauspieler gab er alles.“
Und Dylan charakterisiert dann den Musiker Yoakam als jemand, der „die Dringlichkeit des Folk Spirits in sich“ hat. „Er kommt von diesen Straßen, mit abgefahrenen Stiefeln, Cowboyhut, Lefty Frizzell in der einen, Doc Pomus in der anderen Hand (eine heilige Verbindung). Er vereint den urtümlichen Herzschlag der Umgangssprache mit der scharfen Klinge des Rhythm and Blues und durchschneidet den stumpfen Kommerz. Man hört es an seiner Stimme, schon immer. Die Stimme der Berge, unberührt vom Verfall der Zeit. Ist es nicht genau das?“, schreibt der Literatur-Nobelpreisträger.
Am stärksten aber wird Dylans bildreiche Prosa, wenn er die USA beschreibt: „Das Land, in dem mehr Blut vergossen wurde, wo man den Rhythmus der Natur spürt – das Land der Troubadoure und Philosophen. Einkaufszentren, Fernsehprediger und Schmelzkäse, tote Präsidenten, all dieses Land und kein Ort, an dem man sich verstecken kann. Schnelle Autos, wilde Mädels, Rennmotoren, Sandpisten, Kohlezüge, Kadettenmist, Spitzhacken oder Schwerter, Schrotflinten im Lauf, Gewehre, die einem der Vater schenkt.“ Wow, das kann nur Bob Dylan!
Am rührendsten wird Dylans Eloge auf den Countrystar, wenn er dessen Vorzüge preist: „Auch wenn Country und Rockabilly ihm aus den Stiefeln fließen, ist Dwight ein vollendeter Mensch, dem nichts fehlt, belesen, gebildet, eloquent, fließend und redegewandt.“
Und so hat uns Dylan mit diesem kleinen literarischen Kabinettstückchen wieder einmal an einer Stelle überrascht, wo wir ihn gar nicht erwartet hätten. Dylan bleibt also Dylan – auch mit 84 Jahren beschert er uns immer noch Unerwartetes. Gut so!
Mehr zur 4-LP-Box gibt es hier: Dwight Yoakam: And Then I Wrote. The First Three Albums Of The ’90s






