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Little Jimmy Dickens verstorben

Der Grand Ole Opry-Star verstarb am 2. Januar 2015: R.I.P. Little Jimmy Dickens

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Little Jimmy Dickens Little Jimmy Dickens. Bildrechte: Promo, Künstler

Die Nachricht, die kurz vor Jahresende um die Welt ging, ließ nichts Gutes ahnen. Nach einem Schlaganfall war Little Jimmy Dickens am 25. Dezember 2015 in kritischem Zustand in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Am 2. Januar 2015 blieb sein Herz stehen. Noch wenige Tage zuvor, am 20.12.2014, hatte der kleine Entertainer auf der Bühne der Grand Ole Opry gestanden und sein unverwüstliches „Out Behind The Barn“ gesungen!

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Mit 94 Jahren war Jimmy Dickens das älteste noch aktive Mitglied der Grand Ole Opry gewesen. In der Country Music Hall of Fame, in die er 1983 aufgenommen wurde, ist er mit Sicherheit der kleinste aller Stars – aber einer mit umso größerem Humor und fast schon spektakulärer Beliebtheit. Mit knapp 1,50 Meter Körpergröße sucht man einen kleineren Entertainer in der Countrymusik vergebens – sein weibliches Pendant trägt übrigens den Namen Brenda Lee.

Wenn es um Country Music in ihrer ursprünglichen Form geht, gehörte Jimmy Dickens, den man liebevoll „Little Jimmy“ nannte, zu den Größen. Auf seine Art unvergleichlich, einzigartig, unverwüstlich. Von gesundheitlichen Problemen, mit denen er in den letzten Jahren zu kämpfen hatte, ließ sich Dickens nicht entmutigen oder gar abhalten, auf die Bühne zu gehen.

Das Handicap seiner Körpergröße trug er mit Fassung und Humor. Was blieb ihm auch anderes übrig! Vom ersten Tag seiner Karriere an war er das Ziel von Frozzeleien, musste er sich das Gespött anderer anhören und darum kämpfen, dass er ernst genommen wurde. Längst nahm sich Little Jimmy Dickens bei seinen Auftritten selbst auf die Schippe, er durfte stolz darauf sein, mit eigens für ihn maßgeschneiderten Songs sogar viel Erfolg gehabt zu haben. Mit der Wahl in die Hall of Fame wurde ihm spät aber nicht zu spät die Würdigung zuteil, die er sich hart erarbeitet hatte.

Willie Nelson war es, daran erinnere ich mich sehr genau, der bei seiner Wahl zum Entertainer des Jahres in einer kurzen Ansprache forderte, dass man den Altstars, die Leuten wie ihm selbst die Wege geebnet hätten, endlich auch mal die verdiente Anerkennung zukommen lassen solle, weil Ehrungen wie sie heute an der Tagesordnung sind, zu deren Glanzzeit nicht existiert hätten. Willie Nelson nannte dabei ausdrücklich auch Jimmy Dickens.

Hört man sich in der Countrymusik-Gemeinde um, dann wird man rasch feststellen, welch legendären Ruf der kleine Künstler im Business genoß. Und der wiederum schien sich nirgends wohler zu fühlen als mitten im Getümmel einer Veranstaltung. Davon, dass der Kleine in Wirklichkeit ein Großer war, konnte ich mich selbst überzeugen. Etliche Tourneen durch die US-Clubs in Deutschland hat er in den 1960er bis 1980er Jahren unternommen. Ein Kind von Traurigkeit, das war Jimmy Dickens nicht. Wo er war, da ging es rund, da ging die Post ab, da machten Witze und Anekdoten die Runde. Wer mit ihm zusammen war, der kann ein Lied von seiner Schlagfertigkeit und seinen Streichen singen. Dickens spuckte nicht ins Bier, mitunter gingen auch Gläser zu Bruch. Zur Freude seiner Fans lieferte er auch auf der Bühne immer eine humorvolle, eine gepfefferte Show. Dazu benötigte er keine ausgeklügelten technischen Effekte. Wenn man ihn so sah, den zu groß aussehenden Stetson auf dem Schopf und die ebenfalls zu wuchtig scheinende Gitarre um die Schulter, dann mochte man ihm spontan zu Hilfe eilen. Aber er trug seinen Beinamen „Little Jimmy“ wie schon gesagt mit Stolz, und er wusste daraus Kapital zu schlagen. So schrieb er beispielsweise mit „I’m Little But I’m Loud“ einen beachtlichen Hit für sich selbst.

Laut musste er wohl auch sein als jüngstes und kleinstes von sage und schreibe 13 Kindern. Geboren am 19. Dezember 1920 als James Cecil Dickens in Bolt, West Virginia, beschloss er schon als Teenager, das harte Leben in den Minen sei nichts für einen wie ihn. Musik und das Radio lockten den Knirps viel mehr. Das bereits begonnene Journalismus-Studium an der University of West Virginia in Morgantown brach er ab und entschloss sich für den mühsamen Weg ins Show Business. In Morgantown lebte kurzzeitig auch Freddy Quinn, ging dort zur Schule und lernte die Countrymusik kennen und lieben. Zwar bekam er einen Job bei einem Sender ca. 20 Kilometer entfernt aber Dienstbeginn war um 6 Uhr morgens – den Weg ins Studio musste er meist per pedes zurück legen. Was tut man nicht alles, um seinen Traum zu realisieren!

Jimmy Dickens blieb am Ball, nutzte jede Gelegenheit, jeden Talentwettbewerb und kam Schritt für Schritt voran. Mit 17 gewann er seinen ersten bezahlten Gesangsjob bei einem Sender in der Heimat. Er nannte sich „Jimmy the Kid“ und hatte Gelegenheit, mit bereits etablierten Künstler wie Johnny Bailes zu arbeiten. Zunächst noch als Mitglied einer Gruppe und dann als Solist war er unterwegs, Indianapolis, Cincinnati und schließlich Saginaw waren wichtige Stationen. Der große Roy Acuff, ein Vorbild für Dickens, hörte ihn 1948 auf einem Sender aus Saginaw, Michigan, und war begeistert. Er holte Dickens nach Nashville, verhalf ihm zu einem Vertrag bei Columbia Records und sorgte persönlich dafür, dass er Mitglied der Grand Ole Opry wurde, der er – abgesehen von den Jahren 1957 und 1975 (da schloss er sich der Phillip Morris Country Show an) – auch heute noch angehört. Und einer der absoluten Publikumslieblinge ist. Damit verbunden war natürlich auch der Umzug von West Virginia nach Nashville.

1949 gelang Jimmy Dickens sein erster Hit, der nicht nur sein Markenzeichen wurde und ihm einen weiteren Spitznamen einbrachte, der ihm gleichzeitig auch einen Stempel aufdrückte, mit dem er sich nicht anfreunden wollte. „Take An Old Cold ‚Tater (And Wait)“ erreichte Platz 7 in den Charts und legte Dickens auf Novelty Songs fest. Der Song stammt aus den 1920er Jahren, also nicht von Dickens selbst. Er beschreibt wie sich der Kleinste in der Familie immer mit einer kalten Kartoffel begnügen muss und darauf hoffen, dass die Anderen noch etwas vom Essen übrig lassen. Eine solche Story sorgt natürlich für Stimmung, wenn ein solch kleiner Bursche wie Dickens sie mit entsprechendem Gehabe vorträgt. Der Song veranlasste später Hank Williams dazu, seinen Kumpel nur noch liebevoll „Tater“ zu nennen.

Ob er es nun wollte oder nicht, bis auf den heutigen Tag sind solche Novelty Songs sein Markenzeichen geblieben. Ebenfalls noch 1949 gelang ihm mit dem von Boudleaux und Felice Bryant geschriebenen „Country Boy“ ein weiterer Top Ten Hit. Dickens war damit auch für den Start der so wahnsinnig erfolgreichen Karriere des Songschreiber-Ehepaares Bryant mitverantwortlich. Das Jahr 1950 brachte ihm zwei weitere Hits ein: „A-Sleepin‘ At The Foot Of The Bed“ (inhaltlich ähnlich gelagert wie „Take An Old Cold Tater“) und „Hillbilly Fever“. 1954 sprang „Out Behind The Barn“ in die Top Ten, dann kam eine Durststrecke für Dickens, was die Charts angeht. Nicht jedoch im Hinblick auf seine Auftritte. Kaum ein anderer Sänger war über so viele Jahre soviel auf Tournee wie dieser unverwüstliche Jimmy Dickens. In dieser Beziehung stellte er 1964 einen einmaligen Rekord auf, als erster Countrymusik-Entertainer umrundete er innerhalb einer einzigen Tournee den gesamten Globus. Von Kalifornien ging es über Hawaii, Okinawa, den fernen Osten, dann nach Europa und über den Pol zurück ins kanadische Quebec und Montreal.

In den 1960er Jahren war Dickens zurück in den Charts. Mit „The Violet And The Rose“ verbuchte er 1962 eine Top Ten, 1965 dann sein größter Hit und seine einzige Nr. 1: „May The Bird Of Paradise (Fly Up Your Nose)“ – natürlich wieder ein Novelty Song. Danach gelang ihm kein wirklicher Hit mehr, 1972 erschien sein Name zum letzten Mal in den Charts mit der Single „Try It You’ll Like It“.

Eigentlich schade, dass ein Künstler mit seinem Potenzial nicht auch mit Balladen so erfolgreich war. Die nämlich sang er mindestens ebenso überzeugend und bekam dafür bei seinen Shows auch stets den verdienten Beifall. Eine Höhepunkt bleibt auch heute noch „Raggedy Ann“, eine herzzerreißende Geschichte, da unterhält er sich mit einer Puppe über die verstorbene Tochter. Ähnlich wie es für Red Sovine zu dessen Markenzeichen wurde, zog Dickens damit das Publikum immer wieder in seinen Bann, weil er es verstand, nicht kitschig oder schmalzig zu wirken. Das steht im krassen Gegensatz zu seiner sonstigen Show. Wann immer ich ihn gesehen habe, riss er das Publikum mit seiner Dynamik und tollen, oft ganz simplen Gags mit. Nicht zuletzt deshalb hatten ihn seine Kollegen gern im Programm.

Sein Privatleben hatte Dickens weitgehend aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit halten können. Darüber ist kaum etwas bekannt. Nach dem Tod seiner ersten Frau Ernestine (verunglückte am 01.01.1968 bei einem Autounfall in Texas tödlich) heiratete er 1971 ein viel jüngeres Mädchen, das eine seiner glühendsten Verehrerinnen war.

Im Laufe seiner Karriere lief Dickens immer wieder Gefahr, von den Plattenfirmen aussortiert zu werden. Erstmals in den 1950er Jahren als der Rock’n’Roll alles überschwemmte. Dickens war durch Nichts und Niemanden zu bewegen, sich von seiner einmal eingeschlagenen Richtung abbringen zu lassen. Die Wendung hin zur totalen Kommerzialisierung machte er ebenfalls nicht mit. So blieb ihm zwar der ganz große Durchbruch verwehrt, den manche Kollegen meist nur kurzzeitig schafften, aber er behielt den Respekt seiner Mitstreiter und die Zuneigung einer treuen Fangemeinde. Ein Jimmy Dickens dachte nicht daran, in Pension zu gehen. Viele Jahrzehnte war er 100.000 Meilen pro Jahr unterwegs, fast jeden Tag an einem anderen Ort. Ob es wohl eine Gegend in den USA und Kanada gibt, in der er noch nicht gewesen war?

Und er selbst? Er genoß sein Leben und die Anerkennung, die ihm allerorten zuteil wurde, in vollen Zügen. „Ich kann mir erlauben, das zu tun, was mir Freude bereitet. Das verdanke ich all den Leuten, die mir über so viele Jahre die Treue gehalten haben. Ich habe meine Hobbys wie das Angeln – am glücklichsten aber bin ich, wenn ich auf einer Bühne stehe. Auch heute habe ich noch den Ehrgeiz, auch den Letzten im Publikum mit meiner Arbeit glücklich zu machen. Ach was, Arbeit ist das für mich nicht, es ist die schönste Sache der Welt.“ Auch wenn er der „Alterspräsident“ der Opry war, der Schalk saß ihm immer noch im Nacken, nie konnte man vor einem seiner Streiche sicher sein und über die freute er sich dann wie ein Lausbub.

Er wird der jetzt um ihn trauernden Fangemeinde und seinen Kollegen fehlen. Möge es ihm vergönnt sein, im „Hillbilly Heaven“ der zu sein als den wir ihn in Erinnerung gehalten werden: klein von Statur aber ganz groß als Mitmensch und Entertainer.

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