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Country Starr

Vor 85 Jahren am 7. Juli 1940 erblickte Richard Starkey, der Mann, den die ganze Welt nur als Ringo Starr kennt, im britischen Liverpool das Licht der Welt. Wir gratulieren und ergründen, was ausgerechnet ein Beatle mit Countrymusik und Honky Tonk am Hut hat.

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Ringo Starr – Look Up Ringo Starr – Look Up. Das 2025er Album. Bildrechte: Capitol Records (Universal Music)

Ringo Starr brachte 1970 kurz nacheinander gleich zwei Soloalben heraus. Beide unterschieden sich deutlich vom vertrauten Beatles-Sound. Sein erstes Album „Sentimental Journey“, das bereits gut zwei Wochen vor dem offiziellen Beatles-Break-Up erschien, enthielt alte Standards der 30er und 40er Jahre und hatte großenteils einen Bigband- und Orchester-Sound und das zweite Album „Beaucoups Of Blues“ war durch und durch ein Country-Album.

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Bei den Aufnahmen zu George Harrisons „All Things Must Pass“ hatte Starr den Steelgitarristen Pete Drake kennengelernt. Pete Drake – Teil der höchst professionellen Studiomusiker-Szene von Nashville – hatte zu diesem Zeitpunkt neben seiner Arbeit an unzähligen Country-Hits wie z.B. Stand by Your Man auch an Bob Dylans Alben „John Wesley Hardin“ und „Nashville Skyline“ mitgewirkt und 1964 sogar selbst mit „Forever“ einen ungewöhnlichen Single-Hit gehabt, bei dem er eine Talk Box mit seiner Steelguitar zur Talking Steel verschmolzen hatte.

Ringo hatte seinen Wagen geschickt, um Pete Drake vom Flughafen abholen zulassen und Drake war überrascht, in Ringos Auto neben Rockmusik auch viel Countrymusik zu finden. So kamen sie ins Gespräch und Ringo erzählte von seinem Wunsch, ein reines Country-Album aufnehmen zu wollen.

Zunächst wollte Ringo, dass die Musiker nach London kommen, doch dann ließ er sich von Drake überreden, für die Aufnahmen nach Nashville zu fliegen. Pete Drake würde das Album produzieren und dafür sorgen, dass rechtzeitig zu den Sessions Ende Juni 1970 ausreichend Songs zur Verfügung stünden, die Kollegen und Nashville-Songschreiber Ringo auf den Leib schreiben würden.

So machte sich Ringo, zwei Monate nachdem die Beatles sich offiziell getrennt hatten, auf nach Tennessee. Zunächst hatte Ringo einen Heidenrespekt vor der Professionalität der Musiker. Beeindruckt war er von der hohen Arbeitsgeschwindigkeit der Nashville Cats, die drei Songs in drei Stunden aufnahmen. So sollte das ganze Album innerhalb von zwei bis drei Tagen eingespielt werden. Was dann auch mühelos gelang, weil man in der Hauptstadt der Countrymusik ja schon etwas länger auf diese Weise Platten machte. Zum Vergleich: Die Beatles hatten für ihr letztes Album Abbey Road allein sechs Monate gebraucht.

Neben Charlie Daniels, Jerry Kennedy, Charlie McCoy, Jerry Reed und anderen Nashville A-Team Musikern sind auf „Beaucoups Of Blues“ z.B. auch die Jordanaires zu hören, die u.a. bei zahlreichen Elvis- und Johnny-Cash-Aufnahmen die Background Vocals beisteuern. Drums spielte meist nicht Starr selbst, sondern Elvis-Presley-Drummer D.J. Fontana und an den Reglern saß kein geringerer als Scotty Moore – Elvis‘ Gitarrist bei den legendären Sun Sessions.

Wie John Lennon damals dem Rolling Stone sagte, gefiel ihm die Platte. Ja, auch aus heutiger Sicht passen Songs und Arrangements sehr gut zu Ringos Art, die Stücke zu singen. Ganz laid back mit einem Unterton von angeborener Traurigkeit eignet sich seine Stimme sehr gut für Honky Tonk Heartbreak-Balladen, und so ist, auch wenn die Platte damals wenig erfolgreich war, „Beaucoups Of Blues“ heute für viele Kritiker eine der besten Soloplatten des Ex-Beatles.

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Auch viele Jahre später ist Ringo Starr immer noch ein Freund von Country-Sounds. Bereits 2017 hatte er vor, ein weiteres Country-Album aufzunehmen, bis eine weitere Tour mit seiner Allstar Band dazwischenkam. Der seinerzeit entstandene Song „So Wrong For So Long“ ließ bereits erahnen, wie sich Country Ringo heute anhören würde. Tatsächlich veröffentliche er dann im Januar 2025 nach 55 Jahren mit dem von T Bone Burnett produzierten „Look Up“ wieder ein Country-Album. Mit diesem Album toppte Ringo das allererste Mal als Soloartist die Charts. Gekrönt wurde Ringos Erfolg dann noch damit, dass er im Februar 2025 als erster und einziger Beatle wohlgemerkt mit fast 85 Jahren sein Grand Ole Opry Debüt geben konnte.

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Zweifellos war „Beaucoups Of Blues“ 1970 nicht Ringo Starrs erster Kontakt mit dem Country-Genre. Country & Western Musik war in England nach dem Zweiten Weltkrieg populär und Ringo bezeichnete Liverpool in einem Interview sogar mal als „the capital of Country Music in England“, denn durch den Hafen kam hier immer wieder ausländische Musik ins Land. Ringo, der wie viele britische Musiker seiner Generation im Skiffle-Revival der 50er Jahre anfing Musik zu machen, spielte vor den Beatles in einer Band, deren Name vor ihrer Umbenennung schon ganz schön nach Country klang: The Raving Texans. Auch sein Nickname Ringo soll neben seinen Ringen auch vom historischen Revolverhelden Johnny Ringo inspiriert sein.

Einige der Nummern, die er bei den Beatles sang, wie „Don’t Pass Me By“ oder „What Goes On“, hatten auch schon einen Country-Touch gehabt. Besonders erwähnenswert ist dabei das Beatles-Cover von „Act Naturally“, des Johnny Russell und Voni Morrison Songs, der 1963 Buck Owens erster Nummer-eins-Erfolg wurde.

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Nicht nur war Buck – wie dieser auch in seiner Autobiografie Buck ‘Em ausführlich darlegt – ein großer Fan der Fab Four – auch die Beatles ließen sich immer von ihrer amerikanischen Plattenfirma Capitol, die auch Bucks Label war, die neuesten Veröffentlichungen von Owens und den Buckaroos schicken.

Als die anderen Beatles bei Fertigstellung des „Help“ Albums 1965 Ringo fragten, welchen Song er denn gerne covern und singen würde, fiel seine Wahl auf „Act Naturally“. Und in der Tat wirkt die Beatles-Nummer so stimmig, als ob der Song direkt für Ringo geschrieben worden wäre. Interessanterweise fällt im direkten Vergleich auf, dass die Buck-Owens-Version eigentlich die poppigere von beiden ist. Nebeneinander wirkt es fast so, als höre man, wenn die Beatles spielen, eine Indieband mal eine Country-Nummer versuchen, auch wenn sich die Beatles schon sehr stark an der Buckaroos-Version orientierten. Am auffälligsten sind George Harrisons Carl-Perkins-Licks, die der Beatles-Fassung ihren Stempel aufdrücken.

Als Buck Owens 1989 erneut ein Album bei Capitol herausbrachte, dachte er sich, es wäre doch eine schöne Idee, „Act Naturally“ nochmals aufzunehmen. Diesmal allerdings mit den beiden Interpreten, die diesen Song berühmt gemacht hatten. Er rief Ringo an und dieser sagte natürlich sofort und ohne Umschweife zu. Aufregend war es für Buck, den Song genau dort einzuspielen, wo die Beatles ihre Hits fabriziert hatten – in den Abbey Road Studios in London. Beide konzentrierten sich ganz aufs Singen und ließen die Buckaroos – unterstützt von Reggie Young an der Gitarre für das Backing sorgen.

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Ganz im Geiste der 80er und 90er musste natürlich auch ein Video her, und so fanden sich Buck und Ringo schon bald in einer Westernfilm-Stadt wieder, um den Song auch passend zu bebildern. Dass beide immer schon ein großes Faible für Slapstick-Humor hatten, ist hierbei unübersehbar. Über den Sound der Version kann man aus heutiger Sicht streiten. Doch fast hätten sie mit ihrem Duett noch einen CMA Award und möglicherweise sogar einen Grammy gewonnen. Aber sie hatten Pech: Im gleichen Jahr sangen Hank Jr. und Senior ihr gemeinsames Duett von „There’s a Tear in My Beer“, und was sind in der Welt der Countrymusik schon Buck Owens und ein Ex-Beatle, wenn auf der anderen Seite Hank Williams mit seinem Sohn einen Beer-Drinking-Song singt. Und so gewannen die beiden Hanks die begehrten Auszeichnungen.

Heute mit 85 Jahren muss Ringo Starr niemanden mehr irgendetwas beweisen. Er kann mehr als zufrieden auf das zurückschauen, was er erreicht hat. Wer kann von sich schon sagen, in der wichtigsten Band der Musikgeschichte gespielt zu haben? Ebenso kann Ringo auf eine sehr erfolgreiche Solokarriere zurückblicken. Gerade hat er eine weitere Tournee mit seiner All-Starr Band beendet und im September beginnt bereits die nächste.

Was wünscht man einem, der schon alles hat? Peace and Love natürlich.

Happy Birthday, Ringo Starr!

Ringo Starr – Look Up: Das 2025er Album

Ringo Starr – Look Up

Titel: Look Up
Künstler: Ringo Starr
Veröffentlichungstermin: 10. Januar 2025
Label: Capitol (Universal Music)
Format: CD, Vinyl & Digital
Tracks: 11
Genre: Country

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Trackliste: (Musiker und Songautoren)

01. Breathless (feat. Billy Strings) – (T Bone Burnett)
02. Look Up (feat. Molly Tuttle) – (Daniel Tashian, T Bone Burnett)
03. Time On My Hands – (Paul Kennerly, Daniel Tashian, T Bone Burnett)
04. Never Let Me Go (feat. Billy Strings) – (T Bone Burnett)
05. I Live For Your Love (feat. Molly Tuttle) – (Billy Swan, T Bone Burnett)
06. Come Back (feat. Lucius) – (T Bone Burnett)
07. Can You Hear Me Call (feat. Molly Tuttle) – (T Bone Burnett)
08. Rosetta (feat. Billy Strings and Larkin Poe) – (T Bone Burnett)
09. You Want Some – (Billy Swan)
10. String Theory (feat. Molly Tuttle) – (Daniel Tashian, T Bone Burnett)
11. Thankful (feat.Alison Krauss) – (Richard Starkey, Bruce Sugar)

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Über Oliver Kanehl (61 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Traditionelle Countrymusik von vorgestern und heute (Indie Country, Hillbilly, Honky Tonk u.a.) Rezensionen, Specials.
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