David Crosby: For Free
Selbst mit fast 80 Jahren klingt die Musiklegende frisch wie vor 50 Jahren!
Als erstes fällt einem das ungewöhnliche Coverbild ins Auge: Ein Porträt, geprägt von weißem Haar und einem in die Ferne blickenden, erfahrenen, selbstbewußten, irgendwie aber auch freundlichen Gesicht. Das Bild einer Person, die mit sich „im Reinen“ ist. Gemalt wurde das Porträt von Joan Baez, selbst im Hauptberuf Sängerin. Hier, auf diesem CD Cover, hat sie mit wenigen genialen Pinselstrichen ein Porträt von David Crosby erschaffen. Ein Hingucker, der neugierig macht auf die Musik, die dahintersteht: For Free des ehemaligen The Byrds und Crosby, Stills & Nash (and Young) – Mitbegründers.
Mit David Crosby kann der Folk- und Countryfan absolut nichts falsch machen. Auch kurz vor seinem 80. Geburtstag scheint seine künstlerische Kreativität ungebrochen angesichts der zehn neuen musikalischen Perlen, die er hier an einer Rille aufreiht. Schon der flotte Opener „River Rise“, zu dem sich Crosby als Duettpartner Michael McDonald ans Mikrofon holt, geht schnell ins Ohr. Die beiden markanten Stimmen harmonieren auf das Beste. Geschrieben hat er ihn gemeinsam mit seinem Sohn James Raymond und Michael McDonald, dessen ikonische Stimme zu den sich erhebenden Harmonien des Songs zu hören ist. „Mit ‚River Rise‘ wollten wir ein Bild erschaffen, das an Kalifornien erinnert, jedoch aus einer fast schon Country-artigen Perspektive heraus erzählt wird. Etwas, das die Kraft des Jedermanns oder der Jederfrau anspricht“, erzählt Raymond, der nicht nur kompositorischen Anteil an den Songs hat, sondern auch als Produzent des Albums fungiert.
Crosbys Gesangsstimme ist auch im achten Lebensjahrzehnt beeindruckend, klar, harmonisch und ausdrucksstark, wie man sie nur selten findet. Sie vermag es, den Zuhörer immer tiefer in einen Strudel hineinzuziehen, tief in die Songs eintauchen zu lassen, bis man alles um sich herum vergißt und sich nur noch der Schönheit der Lieder hingibt. Bestes Beispiel: „I Think I“.
Crosby besinnt sich immer wieder auf seine Wurzeln. Der tolle Harmoniegesang, die schönen Melodien, all das kennen wir schon aus den frühen Tagen. So homogen das Album auch erscheint, es ist dennoch abwechslungsreich. Auch zeitgemäß, voller frischer Klänge, aber irgendwie doch im positiven Sinn aus der Zeit gefallen. Da ist das zwischen Blues und Folkrock schwingende „Rodriguez For A Night“, ein scharfes, detailliertes Porträt von Gesetzlosen, Engeln und Drugstore-Cowboys, geschrieben von Crosby und Raymond gemeinsam mit Donald Fagen. Crosby gibt zu: „Steely Dan ist meine Lieblingsband und ich bewundere Donald schon seit langem. Also war das eine aufregende Sache für uns beide.“ Ganz anders dagegen der Titelsong. Das sparsam instrumentierte, auf Pianobegleitung reduzierte, „For Free“, ein Joni-Mitchell-Song aus dem Jahr 1970, ist ein besonderes Highlight dieses Albums. Toll gesungen, emotional und selbst die seit der Entstehung vergangenen 50 Jahre konnten „For Free“ nichts anhaben. Ein guter Song bleibt eben ein guter Song! Hierbei steht Crosby die mehrfach Grammy-prämierte Singer-Songwriterin und Americana-Künstlerin Sarah Jarosz am Gesangsmikrofon zur Seite. Und er schwärmt: „Joni ist die größte lebende Singer-Songwriterin und ‚For Free‘ ist eines ihrer schlichtesten, aber dennoch bewegendsten Stücke. Es ist einer meiner Lieblingssongs, weil ich liebe, was er über den Geist der Musik aussagt, der uns zum Spielen zwingt.“
Schön auch: Das Booklet wurde liebevoll gestaltet in dezenten malerischen Farben und enthält alle Songtexte sowie Angaben zu den Tracks und den Musikern. Rundum gelungen! Klare Empfehlung!
David Crosby – For Free: Das Album
Titel: For Free
Künstler: David Crosby
Veröffentlichungstermin: 23. Juli 2021
Label: BMG Rights Management (Warner Music)
Formate: CD & Digital
Tracks: 10
Genre: Country & Folk, Americana, Rock
Trackliste: (For Free)
01. River Rise – mit Michael McDonald
02. I Think I
03. The Other Side Of Midnight
04. Rodriguez For A Night
05. Secret Dancer
06. Ships In The Night
07. For Free – mit Sarah Jarosz
08. Boxes
09. Shot At Me
10. I Won’t Stay For Long