Larry Cordle: Der „Murder On Music Row“ schrieb
Zu den Stillen im Lande gehört dieser gescheite Mann aus Kentucky. Seit vielen Jahren ist er im Music Business tätig, hat sich aber nicht von vornherein mit Haut und Haaren auf dieses doch unsichere Pflaster begeben. Wie viele andere Songschreiber versucht sich auch Cordle als Sänger, doch hier eindeutig nicht, um als Solist den großen Coup zu landen. Derzeit gehört er zur feinen Bluegrass Gruppe Lonesome Standard Time, wo er sich als wertvoller Teamarbeiter erweist. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt jedoch beim Schreiben von Songs. Die kann er natürlich mit seiner Gruppe ideal vor Publikum testen. Und dann an die Stars der Country Music weiter dealen.
Auch das Songschreiben ist längst zu einem Geschäft geworden. Zu den bemerkenswertesten Stücken Cordles gehört sein „Murder On Music Row“, in dem er ein heißes Thema anpackt und so manchem Fan aus der Seele spricht. George Strait & Alan Jackson griffen beide zu, sie nahmen den Titel im Duett auf. Darin hält Larry Cordle der aktuellen Country Music den Spiegel vor und beklagt ihren Zustand. Da heißt es: „Der allmächtige Dollar und die Sucht nach weltweitem Ruhm haben die Tradition langsam getötet und dafür sollte jemand hängen. Sie alle behaupten, sie seien nicht schuldig aber es wird sich bald zeigen, dass dort auf der Music Row ein Mord begangen wurde.“ Darauf angesprochen, ob denn die Country Music wirklich tot sei, meint Cordle: „Für mich ist sie tot. Hört doch mal in die großen Countrystationen rein, das ist Pop Music, was da gespielt wird. Ich gönne den Interpreten ihre Erfolge aber warum müssen die Drahtzieher im Hintergrund das „Country“ nennen? Gott sei Dank gibt es noch einige unter den aktuell populären Leuten, die sich an der Tradition orientieren aber zu einem George Jones, Haggard oder gar Lefty werden wir nie mehr zurück kommen. Ich mag das neue Zeug nicht aber hin und wieder stolpere ich doch über richtig gute Sachen, wenn ich es fertig bringe, das Radio einzuschalten.“
Mit seiner Einstellung beisst – so könnte man es nennen- Cordle die Hand, die ihn füttert. Immerhin hat auch ein Garth Brooks auf seinen ersten drei Alben Cordle Songs aufgenommen, mit „Against The Grain“ und „Alabama Clay“ mindestens zwei. Begonnen hatte es für ihn aber schon einiges früher. Daheim in den Appalachen fanden damals drei Teenager zusammen, um traditionelle Musik zu spielen. Für Larry Cordle war es nicht mehr als ein Zeitvertreib, keinen Gedanken verschwendete er daran, daß das einmal zu einem Job werden könnte. Bei den beiden anderen nahm das schon eher andere Formen an, denn sie orientierten sich bald nach Nashville und wurden zu Country Stars: Keith Whitley und Ricky Skaggs.
Die freundschaftlichen Bande der Familien Skaggs und Cordle bestehen bis heute noch, die Wege von Larry und Ricky kreuzten sich wiederholt an wichtigen Stellen. Während Skaggs sich direkt in die Musik begab, führte Cordle’s Weg zur Navy. Danach machte er eine Lehre zum Bankkaufmann und versuchte, sein Geld in verschiedenen Jobs zu verdienen. Zwischendrin pflegte er stets seine musikalischen Talente, insbesondere fand er immer mal wieder Zeit, einen Song zu schreiben. Einer davon beschrieb die Gefühle, wenn man das Zuhause verläßt, Cordle nannte den Song „Highway 40 Blues“. Freund Skaggs hatte ihm einmal gesagt, wenn er in Nashville einen Plattenvertrag bekommen sollte, würde er einige von Cordle’s Songs aufnehmen. Der hielt das alles für Utopie. Doch Skaggs hielt Wort – mit „Highway 40 Blues“ brachte er auch seine Karriere ein gutes Stück voran. Es sollte nicht der einzige Song von Cordle sein, den Skaggs mit ins Studio nahm („Heartbreak Hurricane“ wurde übrigens ein weiterer Hit). Das führte dazu, daß man sich im von Cordle, wie wir inzwischen wissen, ungeliebten Nashville für seine Arbeiten interessierte. John Anderson sang „Honky Tonk Crowd“, Diamond Rio „Mama Don’t Forget To Pray For Me“ und Trisha Yearwood, Alison Krauss, Reba McEntire, Moe Bandy, John Michael Montgomery die Liste könnte man endlos fortsetzen! Bis dato gibt es über 40 Millionen Tonträger mit wenigstens einem Larry Cordle Song darauf.
Was blieb Larry Cordle anderes übrig als sich aus Cordell, Kentucky, seiner Heimat, nach Nashville zu orientieren? Ricky Skaggs dabei so etwas wie ein Lockvogel. Überzeugt war Cordle auch noch Wochen nach seiner Ankunft in Music City nicht, zu viele gute, ja sehr gute Konkurrenten saßen am Tisch, um den Kuchen zu verteilen. Immerhin schaute er sich genau um, hörte noch genauer hin und versuchte, seine Songs maßzuschneidern, dem anzupassen, was im Radio gespielt wurde. Das klappte nicht so wie erhofft. Erst als er sich an seine Wurzeln erinnerte und schrieb, was ihm aus der Seele kam, wurde es etwas. Inzwischen ist er eine renommierte Adresse, wer authentische Songs sucht, Lieder mit Witz, Lebensnähe und einer Aussage, der hört bei ihm nach. Längst gehört Cordle auch zu denjenigen, die andere Autoren suchen, um gemeinsame Sache zu machen, ein seit Jahren sehr erfolgreiches Rezept in Nashville. Eine Art Lieblingspartner sind dabei Jim Rushing und Larry Shell Letzterer funkt auf gleicher Wellenlänge wie Cordle, nicht zuletzt erschien wohl auch das famose Album „Murder On Music Row“ von Larry Cordle & Lonesome Standard Time im Oktober 1999 auf Shell Point Records. Bluegrass vom Feinsten und etliche Songs, die sich auch in der Interpretation von Countrygrößen gut machen würden. Ich denke an „Jesus And Bartenders“, „Black Diamond Strings“ und „When It’s All Said And Done“. Glanzstück aber bleibt zweifellos „Murder On Music Row“. Bei diesem Album weiß man, daß Tradition bei Larry Cordle gut aufgehoben ist, das sie lebt und überleben wird.