Tracy Byrd: Different Things
In Nashville ist eine neue Zeit angebrochen. Eine Zeit, in der namhafte Countrykünstler ihre CDs in Eigenregie auf kleinen Independent-Labels veröffentlichen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Die einen wagen diesen Schritt aus freien Stücken, die anderen wurden von ihren ehemaligen Plattenfirmen mangels befriedigender Verkaufszahlen vor die Tür gesetzt und sehen das nun als ihre einzige Möglichkeit an, wieder eigene Platten veröffentlichen zu können. So auch im Falle von Tracy Byrd. Anfang der 1990er Jahre stand er bei MCA Records unter Vertrag, wechselte dann 1999 zu BMG, wo er zuerst auf Arista, dann auf RCA und schließlich auf BNA jeweils ein Album veröffentlichte, und steht jetzt mit seinem eigenen kleinen Label Blind Mule Records (im Vertrieb von A2M) am Anfang eines neuen Kapitels seiner Karriere.
„Different Things“ heißt das neue Album, auf dem er dann auch tatsächlich ein wenig „different“ klingt, als noch in seiner Zeit bei den Majorlabels. Ein bisschen moderner und kantiger ist sein Sound geworden. Weg von gängigen Nashville-Standards und hin zur Rückbesinnung auf die eigenen, texanischen, genau genommen Beaumont’schen Wurzeln. Und dass dies ein guter Schachzug war, das beweist so gut wie jeder Song auf diesem Album.
Los geht’s mit einer ganz gemächlichen Ballade, dem Titelsong „Different Things“. Ein ungewöhnlicher Start in diese CD, die größtenteils aus schnelleren Songs besteht. So zum Beispiel das darauf folgende „The More I Feel Like Rockin'“, das sich mit ein wenig Glück zur neuen Partyhymne aller countrybegeisterten Ü-30er entwickeln könnte. Und auch sonst entpuppt sich Tracy auf diesem Album als äußerst vielseitig. Neben dem radiotauglichen „She Was Smart“ und der ersten Singleauskopplung, „Cheapest Motel“, präsentiert er einen stilechten Western-Swing mit „The Biggest Thing in Texas“, so wie er es bereits auf seinem ersten Album getan hat. Auch hier ist also eine klare „Back to the Roots“-Tendenz erkennbar.
Das selbstironische „Saltwater Cowboy“ hätte das Zeug zum großen Hit. Ob’s einer wird, liegt sicherlich auch zum Teil an der Plattenfirma, die den Song mit entsprechender Promotion unterstützen müsste. Nur, hat dieses kleine Label die finanziellen Mittel dazu? Egal. Darüber sollen sich andere den Kopf zerbrechen. „Better Places Than This“ pustet jedenfalls blitzschnell alle Sorgen dieser Welt für drei Minuten aus dem Kopf und sorgt für prächtige Honky Tonk-Stimmung. Einige Teile des Songs scheint man zwar schon mal gehört zu haben – und zwar von Tracy selbst in seinem 2001er Hit „Ten Rounds With José Cuervo“ – aber das stört reichlich wenig, solange diese Gute-Laune-Nummer ihren Zweck erfüllt. Und das tut sie 100%ig!
Famous last words: Mit „Different Things“ ist Tracy Byrd ohne Frage eines seiner besten Alben bisher gelungen. Eine durchweg ansprechende Produktion, die nach Nashville klingt, ohne wirklich nach Nashville zu klingen. Reinhören empfohlen – auch wenn es wohl niemals ein Megaseller wird.
Trackliste:
01. Different Things |