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Europa-Version von „Fearless“: Sie können es nicht lassen!

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Es ist wieder passiert … die europäischen Plattenbosse (Taylor Swift nennt sie liebevoll „Experten“) hatten entschieden, dass ihr aktuelles Album „Fearless“ für den weltweiten bzw. europäischen Vertrieb neu abgemischt werden musste. Das heißt im Klartext, dass alle Instrumente die an „Country Music“ erinnern, herausgefiltert wurden.

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Doch warum glaubt man wirklich, dass ein Song der im Original Countryelemente enthält, besser ohne diese Art der Instrumentierung funktioniert? Ich denke, dass die aktuelle Single „Love Story“ genau so vom deutschen Konsumenten angenommen worden wäre, zumal sie in ihrer Urfassung wesentlich harmonischer klingt. Es ist schon fast eine Unverschämtheit, einem Song seine musikalische Note zu nehmen. Da fehlt es letztendlich an Melodie, weil tragende Elemente einfach entfernt wurden.

Mit Schrecken stelle ich fest, dass diese Unart des musikalischen Diebstahls fast ausschließlich im Genre „Country“ passiert. Wo andere Künstler betont auf Pedal, Fiddle und Dobro setzen (u.a. Marius Müller Westernhagen, Peter Maffay, Annett Louisian, Robbie Williams), um den Musikstücken ein besonderes Flair zu verpassen, setzt man bei „Fearless“ lieber auf altbewährtes Schubladendenken, frei nach dem Motto: Der Deutsche mag das nicht! Warum mag er das nicht? Weil wir, die bereits angesprochenen „Experten“ das so bestimmen.

Unzählige Male haben es Countrykünstler in die deutschen Charts geschafft. In den 1990er Jahren waren dies Garth Brooks und Billy Ray Cyrus. Im neuen Jahrtausend beweisen die deutschen Formationen The Boss Hoss und Texas Lightning, die mit Gold- und Platinauszeichnungen überhäuft wurden, dass Country Music beliebter ist, als von den hiesigen Plattenbossen zugegeben wird. Ich wäre zu gerne dabei gewesen, wenn man einem Johnny Cash einen Europa-Mix von „Ring Of Fire“ vor den Latz geknallt hätte. Ich glaube, dass der „Man in Black“ lauthals lachend den Raum verlassen hätte. Oder nehmen wir zum Beispiel Künstler wie Kenny Rogers, Dave Dudley, Willie Nelson, Bobby Bare und Don Williams, um nur einige der in Deutschland erfolgreichen Countrykünstler zu nennen, sie hätten es bestimmt ebenfalls nicht zugelassen, dass ihre Songs „verunstaltet“ würden.

Leider lässt man den Musikkonsumenten in Deutschland nicht selbst entscheiden was er hören möchte, sondern bevormundet ihn. Man glaubt tatsächlich, dass der Deutsche nur Pop, Rock und Hip-Hop mag. Das aber genau das Gegenteil der Fall ist, ist in den Chefetagen einiger Label wohl noch nicht vorgedrungen. Immer mehr Musikliebhaber (ab 30 Jahre) verlassen die CD-Abteilungen der Kaufhäuser, ohne einen Tonträger gekauft zu haben. Unglaublich, aber wahr, es gibt kaum Musik für diese Altersgruppe. Wer nicht auf Heavy Metal oder Hard Rock steht, dem bleibt doch nur die Musik der „Achtziger“. Womit der Boom jenes Jahrzehnts wenigstens eine plausible Erklärung findet.

Es gibt kaum Menschen, die beim sogenannten „Erstkontakt“ mit der nordamerikanischen Country Music, sich beschämt zur Seite drehen und abwinken. Nein, im Gegenteil. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass gerade bei Partys dieses Genre mit Kusshand angenommen wird. Viele Leute konnten sich unter US-Country gar nichts vorstellen und waren umso überraschter, wie toll diese Musik ist. Da wurde mehr als gestaunt, als sie feststellten, dass es noch Songs mit Melodie gibt, die eine längere Halbwertzeit aufweisen, als das, was sonst so als Musik in unserem Land verkauft wird.

Ein Tipp an die vielen Kollegen vom Rundfunk, TV und in den Chefetagen der europäischen Label: Hört auf, den Menschen einzureden, dass sie keine Country Music mögen. Gebt ihnen die Chance, sich selbst ein Bild zu machen. Sie sind es, die schlussendlich selbst entscheiden, ob’s gefällt oder nicht. Und die Floskel einiger Experten: „Wir haben unsere Hörerschaft befragt, die mögen Country nicht“, ist mehr als albern. Die meisten Menschen in unserem Land wissen ja gar nicht, was „echter“ moderner Country ist, weil man sie im Dunkeln tappen lässt. Wäre ja noch schöner, wenn plötzlich Hunderttausende begeistert wären von Namen wie Tim McGraw, Sugarland, Kenny Chesney, Carrie Underwood, Keith Urban, Alan Jackson, Garth Brooks oder Taylor Swift! Bei Taylor Swift sollten sich die neuen Fans (die, die nur eine europäische Version von „Fearless“ gekauft haben) unbedingt die US-Fassungen der Songs anhören (das Internet macht’s möglich, ein Klick zu Youtube sollte da schon helfen) … das wird ein Spaß – versprochen!

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Über Dirk Neuhaus (1518 Artikel)
Chef-Redakteur. Fachgebiet: Traditional Country, Bluegrass. Rezensionen, News, Specials.