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Jessi Colter

Jessi Colter, geboren am 25. Mai 1943 in Phoenix, Arizona. Das Porträt der Sänger und Songschreiberin.

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Aus dem Bundesstaat Arizona kommen nicht viele Country-Künstler, dafür aber solche, die nicht ins übliche Schema passen. Dazu gehört auch Jessi Colter. Nie ein wirklich großer Star geworden aber seit Jahrzehnten präsent. Man hat den Eindruck, sie bleibt lieber im Hintergrund, wenn andere Familienmitglieder dafür im Rampenlicht stehen. Sie hat ihre Prinzipien, sie weiß genau, was sie will und hat die erforderliche Sturheit, sich durchzusetzen.

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Jessi Colter war wiederholt zur Stelle, wenn sich Entscheidendes tat. An ihren Song „I’m Not Liza“ glaubte sie trotz aller Unkenrufe unerschütterlich und behielt Recht. Als die „Outlaw-Welle“ die Country Music durcheinander wirbelte, war Jessi Colter einzige Sängerin, die eine Rolle dabei spielte. Als Waylon Jennings den nötigen Rückhalt brauchte, um nicht unterzugehen, bekam er ihn von seiner Ehefrau – und die hieß Jessi Colter. Eine außergewöhnliche Persönlichkeit und eine bemerkenswerte Künstlerin. Ein echtes Arizona-Gewächs!

Jessi Colter

Geboren ist sie am 25. Mai 1943 als Miriam Johnson in Phoenix. Fünf Geschwister gehörten zur Familie. Ihr Vater arbeitete als Ingenieur in den Minen von Phoenix sowie als Autorennfahrer, die Mutter engagierte sich in der Pentecostal Kirchengemeinde. Dort begann Colter quasi ihre musikalische Laufbahn, denn die Mutter ließ ihrer blutjungen Tochter Klavierunterricht angedeihen.

Dass sie musikalisches Talent hatte, blieb dabei nicht lange verborgen und so spielte sie schon mit 11 Jahren Klavier in der Kirche. Das aufgeweckte Kind zeigte Interesse an anderen Musikinstrumenten wie Akkordeon und zunehmend an „weltlicher Musik“. In der Schule kam sie richtig auf den Geschmack, da konnten und wollten es die Eltern nicht verhindern, dass sie von der aktuellen Rock’n’Roll Music magisch angezogen wurde, sich Bands in der Schule anschloss und schließlich in Clubs von Phoenix auftrat.

Es war eine aufregende, experimentierfreudige Szene, in der sich einige spätere Stars tummelten. Dabei lernte sie den Gitarristen Duane Eddy kennen, der mit seiner „twangy guitar“ zahlreiche Hits haben würde. Eddy war von der Stimme Colter’s ebenso angetan wie von ihrer zurückhaltenden aber selbstbewussten Haltung. Dem Vernehmen nach soll ihre Schwester Sharon, die zeitweilig mit dem legendären Produzenten und Songschreiber Jack Clement verheiratet war, den Kontakt hergestellt haben. Duane Eddy verpflichtete sie vom Fleck weg für seine anstehende Tournee. Mit Eddy war sie u.a. auch in Deutschland unterwegs.

Wenig später wurde die 16-jährige Mirriam Johnson Eddy’s Ehefrau. Die Hochzeit fand in Las Vegas statt, das Ehepaar nahm seinen Wohnsitz in Los Angeles und Eddy produzierte ein erstes Album. Mirriam Eddy, wie sie jetzt hieß, begann ihre Karriere jedoch nicht als Sängerin sondern mit eigenen Songs. Stars wie Dottie West, Don Gibson und Nancy Sinatra nahmen ihre Lieder auf. An eine Karriere als Sängerin war eigentlich damals nicht zu denken, denn Tochter Jennifer wurde geboren, da waren die Mutterpflichten wichtiger für die junge Mutter. Und es wurde offenkundig, dass Jessi Eddy sich viel zu jung in das Abenteuer Ehe gestürzt hatte. Beide erkannten dies, trennten sich und gingen 1968 einvernehmlich zum Scheidungsrichter. Während Mirriam Eddy zurück nach Arizona zog, blieb Duane Eddy ihr durchaus verbunden und war sicher, sie würde ihren Weg als Sängerin machen – sofern sie dies wollte. Und sie wollte!

Der Zufall spielte für den Fortgang ihrer Karriere wie so oft eine entscheidende Rolle. In Phoenix lernte sie einen jungen, überaus ehrgeizigen und noch talentierteren Musiker und Sänger kennen, der bereits erste vielversprechende Erfolge hatte erzielen können. Etliche Jahre zuvor hatte er zu den hungrigen Musikern gehört, die in den Clubs und Studios von Phoenix experimentierten. Jetzt, Ende der 1960er Jahre, schien er die Erfolgsspur gefunden und eine rosige Zukunft zu haben. Doch kam der Bursche mit der Situation nicht zurecht. Zwar gelangen regelmäßig mittelprächtige Hits, doch der entscheidende Push blieb aus. Zudem war es auch nicht die Art von Country Music, die er machen wollte. Zu sehr fühlte er sich künstlerisch eingesperrt oder behindert aber noch hatte er nicht die Position, dies ändern zu können. Und so geriet er in einen Strudel aus Alkohol, Drogen, finanziellen und persönlichen Krisen, der ihn in den Abgrund zu reißen drohte. Ein Szenario, das manch anderer Country Star nur zu gut am eigenen Leib hatte erfahren müssen, eine Situation, die mitunter tragisch endete. Der Name dieses Mannes: Waylon Jennings.

Den also lernte Mirriam Eddy nicht nur kennen sondern auch lieben. 1969 heirateten sie. Mit erstaunlichem Einfühlungsvermögen, mit Konsequenz und Hartnäckigkeit und unter tatkräftiger Mithilfe von Freunden wie Jennings‘ damaligem Manager Neil Reshen und dem langjährigen Weggefährten, dem Schlagzeuger Richie Albright gelang es, den fatalen Abwärtstrend zu stoppen und den Sänger wieder aufzubauen. Jennings, das wissen wir, kam deutlich revitalisiert von seiner Talsohle zurück und wurde einer der ganz Großen der Country Music, wenngleich er auch später noch lange mit Dämonen wie Alkohol und Drogen zu kämpfen hatte. Zeitlebens ließ er nie Zweifel daran aufkommen, dass Jessi Colter sein Rettungsanker gewesen sei, ohne sie wäre er wohl zugrunde gegangen.

Etwa in dieser Phase dachte Jessi Colter daran, wieder in den Beruf der Sängerin zurückzukehren. Dazu nahm sie den Bühnennamen Jessi Colter an zu Ehren ihres Urgroßvaters Jesse Colter, der dem Vernehmen nach zumindest zeitweise der berüchtigten Gang von Jesse James angehört haben soll.

Was lag näher als ein Duett mit Ehemann Waylon Jennings aufzunehmen? Zumal Jessi Colter bei dessen Label RCA einen Vertrag erhalten hatte. Das Duett „Suspicious Minds“ schaffte es 1970 bis in die Top Thirty (eine Wiederveröffentlichung 1976 landete auf #2), ein weiteres Duett „Under Your Spell Again“ bereits nicht mehr. Colter’s erstes und einziges Album für RCA war betitelt „A Country Star Is Born“ und wurde ein Flop. Bis zur Geburt des Country Stars Jessi Colter sollte es noch fünf Jahre dauern. Bis dahin war sie immer wieder mal auf einem Album-Cover ihres Ehemannes zu sehen – aber sie schrieb auch fleißig Songs und arbeitete an sich.

Capitol Records nahm Colter unter Vertrag, wusste aber nicht recht, in welcher Richtung man sie produzieren sollte. Klar war lediglich, dass Colter keine Sängerin für traditionelle Country Music war. Man ließ die Entscheidung insoweit offen als man zweigleisig fuhr. Das Album „I’m Jessi Colter“ bot eine Seite mit Pop-Rock Klängen an während die andere Seite moderne, pop-orientierte Songs enthielt. Schon die erste Single-Auskoppelung wurde so etwas wie ein Sechser im Lotto. Das zärtliche Liebeslied „I’m Not Lisa“ wurde ihre erste und bisher einzige Nr. 1, ist ihr mit Abstand größter Hit geblieben und erreichte Platz 4 im Pop-Bereich.

Jessi Colter feierte einen der größten Crossover-Erfolge der Country Music überhaupt, noch dazu von ihr selbst geschrieben. Und das schon etliche Jahre vorher. Sie hatte den Song immer wieder bei ihren Auftritten live gesungen und eine direkte, ungewöhnlich starke und emotionale Rückmeldung vom Publikum bekommen. Deshalb war sie überzeugt davon, einen ungewöhnlich guten Song zu haben. Sie war so überzeugt davon, dass sie dieses Lied für sich behielt und nicht anderen Sängerinnen anbot – geduldig wartete sie auf eine Gelegenheit, dieses Lied aufzunehmen. Jetzt und hier, 1975 bei Capitol Records war sie da. Über Nacht war Jessi Colter zum Star geworden, das künstlerische Glück war vollkommen, denn auch Ehemann Waylon Jennings sammelte einen Hit nach dem anderen. Mit „What’s Happened To Blue Eyes“ enthielt das Album einen weiteren Top 5 Erfolg.

Die beiden nächsten Alben „Jessi“ und „Diamond In The Rough“ waren musikalisch ähnlich angelegt wie „I’m Jessi Colter“ und auch ähnlich erfolgreich. Genau in diese Zeit fällt das Album „Wanted- The Outlaws“, das längst legendär geworden ist. Waylon Jennings, Willie Nelson und Tompall Glaser waren mit von der Partie, Colter steuerte zwei Songs bei sowie das Duett mit Waylon Jennings: „Suspicious Minds“. Das überaus erfolgreiche Album gilt als Höhepunkt der so genannten „Outlaw Welle“ in der Country Music, die zum Umdenken in Nashville führte und den Sängern mehr Mitspracherecht einbrachte, ihre musikalischen Ideen weg vom stereotypen Konfektions-Sound zu verwirklichen. Während Wylon Jennings und Willie Nelson zu einem Höhenflug ansetzten, galt dies für Tompall Glaser schon nur noch bedingt. Und für Jessi Colter gar nicht, sie passte weder in das Outlaw-Bild noch in sonst ein Schema. Nicht der kommerzielle Erfolg diktierte ihre Arbeit, sie setzte auf starke, zu ihr passende Songs und auf ihre gesanglichen Fähigkeiten, durch ihre Interpretation einem Lied den besonderen Kick zu geben. So wurde das Album „Mirriam“ zu ihrem wohl persönlichsten. Nicht nur dass das Album mit ihrem bürgerlichen Vornamen betitelt wurde, alle Lieder dazu schrieb sie selbst und widmete es ihrer Mutter Helen Johnson. Man darf davon ausgehen, dass Colter einen Teil ihrer bis dahin gemachten Erfahrungen mit dem Album verarbeitete.

Es folgte eine Kehrtwende, denn „That’s The Way A Cowboy Rocks And Rolls“ enthielt ausschließlich Songs anderer Autoren, die sie glänzend interpretierte. Die Verkaufszahlen freilich gingen zurück, ihre Zeit als Hitsängerin neigte sich dem Ende entgegen. Da kam die Geburt des gemeinsamen Sohnes Shooter (inzwischen selbst als Künstler unterwegs, wenn auch (noch) nicht so erfolgreich wie seine Eltern) gerade Recht. Jessi Colter zog sich für einige Jahre weitgehend aus der Musik zurück. Ihr Comeback wurde 1981 mit dem Duett-Album „Leather And Lace“ eingeleitet.

Zwei Singles schafften die Top 20, „The Wild Side Of Life. It Wasn’t God Who Made Honky Tonk Angels“ lief dabei besser als „Storms Never Last“. Letzterer Song stammte einmal mehr von ihr selbst und hat sich als zeitloses Lied erwiesen, das bis heute immer wieder mal aufgenommen wird. Die Texanerin Dottsy hatte damit übrigens 1975 bereits einen Top 20 Erfolg. Ebenfalls 1981 erschien das Album „Ridin‘ Shotgun“, das zwar von der Kritik gelobt wurde mit „Holdin‘ On“ aber nur eine halbwegs erfolgreiche Single beinhaltete. Folge: ihr Vertrag mit Capitol Records wurde nicht verlängert. Es war für Jessi Colter die vielleicht schwerste Zeit, denn privat drohte die Situation aus dem Ruder zu laufen. Waylon Jennings war zwar der deutlich erfolgreichere Ehepartner aber auch der menschlich schwächere. Erneut verfiel er in ein ausschweifendes Leben mit den bereits erwähnten Problemen, die vermutlich auch zu seinem viel zu frühen Tod beitrugen. Mehrfach stand die Ehe vor dem endgültigen Aus. Doch Jessi Colter fand die Kraft, die schwere Zeit zu überstehen und ihrem Ehemann trotz allem den Rückhalt zu geben, den er brauchte, um sich aus dem Sumpf zu befreien. Geholfen hat ihr dabei ganz sicher auch die Musik. 1984 veröffentlichte das Indie Label Triad das von Chips Moman produzierte Album „Rock And Roll Lullaby“, danach wurde es ruhig um Jessi Colter. Sie brauchte ihre Kraft dazu, sich um Jennings zu kümmern, denn der hatte nun zunehmend mit ernsthaften Erkrankungen zu kämpfen, die u.a. zur Amputation eines Beines führten. 2002 verstarb Jennings letztlich an Diabetes. Bis dahin war Jessi Colter als Sängerin nur noch sporadisch in Erscheinung getreten und dann meist an der Seite ihres Ehemannes. Der wirkte dann auch am 1996 erschienenen Album für Kinder mit: „Jessi Colter Sings Just For Kids: Songs From Around The World“.

Nach einer Zeit des Verarbeitens und der Besinnung kehrte Jessi Colter zumindest gelegentlich zur Musik zurück. 2006 wurde ihr Album „Out Of The Ashes“ veröffentlicht von Shout Records. Damit verarbeitet sie den Tod von Waylon Jennings, der beim Song „Out Of The Rain“ ebenso wie Tony Joe White zu hören ist. Zudem singt Sohn Shooter Jennings bei „Please Carry Me Home“ mit. Im Jahre 2007erschien auf dem Album „The Chain“ ihrer Kollegin Deana Carter eine Duett-Version von „I’m Not Liza“.

Auch wenn Jessi Colter nur noch gelegentlich als Sängerin und Autorin in Erscheinung tritt, mit „I’m Not Liza“ hat sie sich in der Country Music unsterblich gemacht.

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