Vikesh Kapoor: The Ballad Of Willy Robbins
Und weiter gehts mit Retro ohne billige Kopie zu sein, mit der Übertragung von klassischen Ausdrucksmitteln auf moderne Bedürfnisse und Hörgewohnheiten in einer veränderten Welt. Was Sturgill Simpson mit der Countrymusik macht, das gelingt Vikesh Kapoor mit dem Folksong in der Tradition eines Woody Guthrie oder des frühen Dylan.
„The Ballad Of Willy Robbins“ ist ein Konzeptalbum rund um das Leben des Arbeiters Willy Robbins, gespeist aus Zeitungen und Tagebüchern. Dieser Willy Robbins verliert langsam aber sicher alles: Ziele, Gesundheit, seine Familie und seine Zuflucht. Wie Kapoor diese Working-Class-Geschichte voller Empathie aber ohne falsches Pathos in neun Songs erzählt, ist fesselnd und faszinierend.
Wie alle großen amerikanischen Folksänger – Woody Guthrie, Pete Seeger, Joan Baez, Bob Dylan, Phil Ochs – erzählt Kapoor von der dunklen Seite des amerikanischen Traums. Denn im Land der unbegrenzten Möglichkeiten schaffen es nicht alle im Kampf um einen guten Platz im Leben. So mancher bleibt auf der Strecke. Von solch einem Kampf handelt dieses Album. Und Kapoor weiß, was er erzählt. Im Gegensatz zu manchem Folksänger stammt er aus keinem bildungsbürgerlichen gut situierten Haushalt.
Seine Eltern sind Immigranten aus Indien, die selber hart kämpfen mussten, um in Amerika „ihr Glück“ zu finden. Er wuchs im ländlichen Pennsylvania auf und ihm blieb oftmals nur die Beobachter-Rolle auf die Welt. Denn die Integration in den vorher rein weißen Ort war so einfach nicht. Und dennoch erkennt Kapoor voller Empathie, dass das ländliche Amerika voller hart arbeitender Leute ist, die so gut wie nie im Film und in der Kunst vorkommen. Die aber umso mehr unter der neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Depression zu leiden haben. Diesen Leuten ist dieses Album gewidmet.
In seinen Songs wie „I Never Knew What I Saw In You“ oder „Forever Gone“ begibt er sich in deren Welt, die auch seine ist. Ergänzt um das Wissen der Herkunft der ländlichen amerikanischen Populärmusik, das er sich beispielsweise bei einer Reise ins Mississippi-Delta in den Geburtsort von Levon Helm angeeignet hat.
Vikeshs Musik ist wunderbare Folkmusik. Verhalten instrumentiert mit Gitarre, Banjo, Akkordeon und einigen Pedal Steel-Einsprengseln. Hier und da wird sie an ihre Herkunft zurückgeführt, beispielsweise wenn bei „Bottom Of The Ladder“ eine sanfte irische Stimmung zu erahnen oder an anderer Stelle die drückende Hitze des Deltas zu spüren ist.
Und so stellt Vikesh Kapoor nicht mehr und nicht weniger als die Wiederbelebung der Folkmusik vor dem Hintergrund des sozialen Auseinanderbrechens Amerikas zwischen dem harten Überlebenskampf der amerikanischen Arbeiterklasse im Heartland und den noch nicht lange zurück liegenden Occupy-Protesten in den Großstädten dar. Eine Hohe Bürde für den gerade mal 20-jährigen. Hoffen wir, dass er weiter davon unbeeindruckt tolle Songs und Alben wie „The Ballad Of Willy Robbins“ veröffentlicht.
Fazit: Der hat das Zeug zu einem ganz Großen. Tolles Debüt-Album und Überraschung des Jahres. Musik mit Gänsehautfaktor!
Das aktuelle Album The Ballad Of Willy Robbins von Vikesh Kapoor – Bestellen, Format, VÖ. und Label:
Künstler / Albumtitel: Vikesh Kapoor – The Ballad Of Willy Robbins Format / Label / Veröffentlicht: CD, Vinyl & Digital (Loose Music, Rough Trade 2014) |
Trackliste:
01. Bottom Of The Ladder |