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BAP zieht den Stecker

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Was macht ein Country-Fan aus dem Rheinland auf der Landesgartenschau im niedersächsischen Papenburg? Er geht zum BAP-Konzert. Und was hat das auf Country.de zu suchen? Alles! Aber ist BAP nicht Rock-Pop-Kölsch? Ja, auch. Und noch mehr!

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Ziemlich provokant, oder? Nein, gar nicht! Nicht, wenn man genauer hinschaut. Americana Musik begrüßt uns aus den Lautsprechern, als wir frech zwanzig Minuten vor Konzertbeginn Plätze in der zweiten Reihe einnehmen. Genau genommen sogar Country Music. Und noch genauer Johnny Cash. Bei BAP? Ja, genau! Es folgen noch weitere Songs aus der Abteilung „Americana“, bevor das Konzert beginnt: Neil Young, die Stones, Bob Dylan, und noch zwei weitere Male Johnny Cash.

Mein Blick fällt auf ein sehr eindeutiges Instrument: Eine Sho-Bud Pedal Steel. Als ich vor der Bühne hergehe, fallen noch Mandoline, Fiddle und eine Autoharp auf. Von zwei National Guitars und einem Dobro ganz zu schweigen, denn die tauchen erst später auf. Was passiert denn bitte hier, heute Abend bei 17 Grad unter dem runden Dach und zum Glück ohne Regen?

Nun, BAP passiert hier. Ganz einfach. Und um es vorweg zu nehmen: Es sollte eines der großartigsten Konzerte werden, die ich bisher gesehen habe! Warum braucht ein Rheinländer so lange, bis er bei BAP im Konzert sitzt und von Wolfgang Niedecken fasziniert ist? Nun, BAP war weit weg damals, als es mit der Band so richtig losging. Gut, so weit weg nun geografisch nicht. Von Leverkusen nach Köln ist es nur ein Katzensprung. Wolfgang Niedecken faszinierte viele meiner Schulkollegen, damals schon. Der „Major“ (Klaus Heuser) war immerhin aus Leverkusen, seine Schwestern besuchten lange Jahre die gleiche Klasse wie ich. Aber das war mir damals egal. Musikalisch war das weit weg. Waylon Jennings, Merle Haggard und Co. hatten, zusätzlich zu Johnny Cash, meinen musikalischen Blick auf Nashville gerichtet, mit voller Wucht.

Wolfgang Niedecken

Offenbar aber haben sich Wolfgang Niedecken und mein musikalisches Spektrum angenähert. Er schafft nun, im Jahre 2014, das, was er damals nicht schaffen konnte. Er fand über seine Musik Zugang zu mir. Eigentlich war er als erklärter Dylan-Fan, der nach eigener Aussage im Songwriting von diesem maßgeblich beeinflusst wurde, ja näher an meinem Horizont dran, als ich dachte. Und trotzdem, ich musste zusätzlich noch angestupst werden. Sein Album „Zosamme alt“ (auch sehr deutlich Americana, und in Woodstock aufgenommen), das ich von einem Freund mit dem Kommentar „Hör‘ mal da rein“ bekam, legte die Basis, eine Einladung meiner Partnerin zu diesem Konzert ließ die Saat aufgehen. Zusammen mit seiner sechsköpfigen Band wusste der Singer & Songwriter aus Köln, inzwischen 63 Jahre alt, diesen Country-Fan zu begeistern, mit seiner Musik, die er mit viel Hingabe und Liebe in den Abendhimmel erklingen ließ. Aber warum? Nur wegen der Country-Instrumente (inklusive der vielen, großartigen Akustikgitarren aus den Häusern Martin und Gibson, die Menschen wie mich mit der Zunge schnalzen lassen), die da auf der Bühne zum Einsatz kamen? Nein, nicht nur. Es war der Sänger dieser kölschen Kultband selbst, mit seinen Songs, mit den Arrangements, mit seiner Persönlichkeit, und natürlich mit seinen exzellenten Musikern.

„Americana! Das ist Americana, ganz klar!“, so schoß es mir während des Konzertes durch den Kopf. Americana? Auf deutsch? Na gut, dann halt „Germanicana“. Mit kölschen Texten? Dann halt „Colonicana“. Klingt lustig, oder? Aber nein, das ist mein voller Ernst! Und es ist ein großes Kompliment an einen großen Künstler, der an diesem Abend gut drei Stunden sein Publikum begeistert hat, mit alten und neuen Songs, mit bekannten Hits und einigen raren Schätzchen aus der Historie seiner Band. Immer wieder erzählt er, nicht nur durch seine Lieder, sondern auch zwischen den Songs. „Ich kann nicht soviel reden, wir müssen hier um 22.00 Uhr durch sein mit unserem Programm!“ Mehrmals sagt er das, bevor er, nach einer Vielzahl von Zugaben, gegen 23.10 Uhr das Konzert beendet. Ich schmunzle. Der ist so drauf wie ich, vergisst in seiner Musik die Zeit. Großartig!

Wolfgang Niedecken & BAP

Sein Publikum hätte auch noch länger zugehört, ohne Zweifel. Anders klang so mancher Song an diesem Abend. Er wolle nicht, dass Jemand heute traurig nach Hause ging, sagte er. Deshalb spiele er jetzt noch diesen nächsten Song. Niemand ging traurig nach Hause. Wirklich Niemand. Dieser Wolfgang Niedecken und seine Mitstreiter, allen voran Jürgen Zöller, sein langjähriger Weggefährte an den Drums, aber auch der mehr als spielfreudige und überaus virtuose Ulrich Rode, der die Pedal Steel, mehrere Akustikgitarren, National Guitars und das Dobro „bediente“, sowie auch dessen Frau Anne de Wolff an u.a. Mandoline, Geige, Autoharp und Posaune, dazu Rhani Krija (Percussion), Werner Kopal (Bass) und Michael Nass (Keyboard), lieferten an diesem Abend ein grandioses Konzert ab.

Während die Musiker mit viel Applaus die Bühne verließen, lief aus den Lautsprechern die Kölner Hymne „Heimweh nach Köln“, gefolgt von „We’ll Meet Again“ von Johnny Cash. Americana eben. Verzeihung… Colonicana! Danke, Wolfgang Niedecken! Nicht nur für dieses Konzert, sondern für das Einreißen musikalischer Vorbehalte und Begrenzungen – zumindest in meinem Kopf. Am 29. August erscheint zur Tour eine Doppel-CD mit DVD, „Das Märchen vom gezogenen Stecker Live“. Ich kann jedem nur empfehlen, sich diese Box zuzulegen – vorausgesetzt, man möchte seine musikalischen Vorbehalte über Bord werfen. Oder man hat bereits keine mehr. So wie ich jetzt.

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Über Bernd Wolf (146 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Johnny Cash, Singer & Songwriter. Rezensionen und Biografien.