Ray Johnston Band: No Bad Days
Ray Johnston ist auf seine ganz spezielle Weise ein Star – und das in mehrfacher Hinsicht. Die Dallas Mavericks hatten den talentierten Collegebasketballer bereits für ihr NBA-Team gedraftet, als eine Leukämieerkrankung sämtliche Karrierepläne zerstörte. Nach Monaten im künstlichen Koma fand er seine Therapie in der Musik, die ihn durch die Leidenszeit mit vier weiteren Krankheitsausbrüchen hinweghalf. Heute zählt der in Alabama geborene „Survivor“ zu den anerkannten Größen der Texas Countryszene, die jenseits des poplastigen Radiotrendes die Tradition im Lone Star State hochhalten.
„Smile hard“ ist mein Motto. Ich habe jetzt erst angefangen zu Leben und erstaunlicherweise hat der Krebs mir geholfen, dorthin zu kommen“ sagt der Mann, der in Dallas seine Homebase gefunden hat. Dass Real Country für ihn Leben bedeutet, hat er bereits auf seinem 2012er-Album „Against The Grain“ unter Beweis gestellt. Mit Songs wie „Bye Bye City Lights“ und „Me, You & Emmylou“ wurde Johnston Dauergast in der oberen Etage der Texas-Radiocharts. Nun ist mit dem bezeichnenden Titel „No Bad Days“ der Nachfolger erschienen, der ein charmantes Beweisstück für die Überlebenskraft stilechter Countrymusik abliefert.
Auf 11 Titeln nimmt der von Erik Herbst (Eli Young Band, Josh Abbott) produzierte Longplayer Bezug auf die landestypischen Gepflogenheiten und lässt glattgebügelte Chartambitionen fast gänzlich außer acht. Wir hören eine wohltuend reduzierte stilechte Instrumentierung zu der sich die lässige Interpretation Johnstons passend gesellt. Einzig der Opener „More Crown Than Coke“ bricht aus dieser Linie ein wenig aus. Man könnte diesen aktuellen Radiohit durchaus als Texas-Country-Funk bezeichnen, der trotz seines trinkfreudigen Bro-Textes melodisch und rhythmisch überdurchschnittlich gut rüberkommt. Einen echten Knaller präsentiert Ray Johnston mit „Amie“. Dieser Klassiker von Pure Prairie League aus dem Jahr 1972 wird beinahe unverfälscht mit dem ursprünglichen Spirit und wunderbarem Backgroundsupport zelebriert. Einfach klasse!
Es folgt mit „This One’s For Me“ ein echter Line-Dance-Feger, der an den jungen Billy Ray Cyrus erinnert und Tanzwillige auch außerhalb der Lone-Star-Honkytonks begeistern dürfte. Ansonsten ist die Zielgruppe klar. Es ist der Blue-Collar-Redneck, der in den Kleinstädten zwischen Amarillo und Corpus Christi seinem beschaulichen Dasein nachgeht. „Southwest Texas Afternoon“ ist so ein entspannter Country-Road-Song und handelt von der Sehnsucht nach den heimatlichen Gefilden, die einen in fremden Hoitelbetten schon mal gerne überkommt. Das heimelige „Small Town Square“ geht als liebevolle Kleinstadthymne in die gleiche Richtung.
„Life Out Here“ versetzt den Hörer in die 50er Jahre und präsentiert sich als Upbeat-Hillybilly vom Feinsten mit Fiddle, Steel, Banjo und allem was ein klassisches Westernsaloon-Ditty so ausmacht. „Keep On Rolling“, dessen Intro Luke Bryans „Drunk On You“ ähnelt, ist mal wieder ein Highlight. Mit einer großartigen, modern interpretierten Melodie könnte hier ein Megacharthit für unseren Künstler lauern. Musik ab, Fenster runter und einfach rollen lassen!
Im Vergleich zählt „No Bad Days“ zu den Alben, deren Originalität auch im hinteren Drittel nicht nachlässt. Da ist zum einen das bereits als Leadsingle erfolgreiche „Crush“ und der wunderbare Titelsong, der einem vor Augen führt, dass es keine schlechten Tage gibt, solange man etwas hat, and das man glaubt, das Herz schlägt und Luft zum Atmen da ist. Das Album endet mit dem vielleicht charmantesten Song, der Tex-Mex-Ballade „She’s Like Mexico“, auf der Ray Johnston wiederholt beweist, dass er zur ersten Garde der lokalen Allround-Singer-Songwriter gehört.
Fazit: Ray Johnston liefert mit „No Bad Days“ ein wunderbar authentisches Real-Country-Album ab, das auf seinen Lebensweg perfekt zugeschnitten scheint. Freunde des modernen Texas-Country werden „More Crown Than Coke“ und vor allem „Keep On Rolling“ gerne auf Repeat stellen. Für die Traditionsbewussten sind „Amie“, „Life Out Here“ und „Small Town Square“ erste Wahl, während der Fan der Countryballade bei „She’s Like Mexico“ emotional abgeholt wird. Insgesamt Daumen hoch für ein durchweg gelungenes Werk eines bemerkenswerten Künstlers!
Künstler / Albumtitel: Ray Johnston Band – No Bad Days Format / Label / Veröffentlicht: Digital (Lil Dude Records 2014) Bewertung: 4,5 von 5 möglichen Punkten |
Trackliste:
01. More Crown Than Coke |