Old Crow Medicine Show: Volunteer
Nach dem fantastischen und außergewöhnlichen "Blonde On Blonde"-Tribute geht die Old Crow Medicine Show mit dem neuen Album "Volunteer" kein Risiko ein und bleibt ihrem seit einiger Zeit eingeschlagenen Weg treu. Dies tut dem Album jedoch nicht immer gut.
Gibt es so etwas wie Old Time-Bluegrass-Pop? Die Old Crow Medicine Show kommt dem erstaunlich nahe auf ihrem neuen Album Volunteer, das dieser Tage erscheint. Eine flotte und unterhaltsame Scheibe, keine Frage, aber man wünschte sich die Risikofreudigkeit und Experimentierlust ihres Vorgängeralbums, das gerade aufgrund dieses künstlerischen Risikos, das die Truppe um Ketch Secor und Critter Fuqua einging, ein triumphaler Erfolg wurde. Sie spielten die Dylan-Klassiker voller Respekt aber gleichzeitig voller Freigeistigkeit ein, und verschafften den Songs damit teilweise ganz neue Dimensionen, erweiterten die Bedeutungsebenen. Man denke nur an „Leopard Skin Pill Box Hat“, das vom fröhlichen-frech-derben Blues in eine schmierige Vaudeville-Nummer überführt wurde. Genial!
Solche Sternstunden hat das neue Album nicht. Eher nehmen sie sich zurück, indem sie auf Nummer sicher gehen. Die ewig Jungen, ein bisschen Wilden, aber letztlich Opry-tauglichen braven All American Boys. Schade, da scheint nichts auf eine Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Hier und Jetzt hinzudeuten, so wie es beispielsweise Jason Isbell derzeit leistet, die mit der Band gut befreundete Rhiannon Giddens schafft oder es zuletzt auch der Altmeister John Prine bewiesen hat.
In ihren Titeln und Texten von Songs wie „Mississippi Boy“, „Dixie Avenue“ oder „Old Hickory“ werden Schlüsselbegriffe und Stimmungen aufgegriffen, die doch ziemlich nostalgieselig daherkommen. Die andere Hälfte der Texte – zum Beispiel „Flicker & Shine“, „A World Away“ oder „Homecoming Party“ dreht sich um das Musikantenleben. Das ist keine sehr große Spannbreite der Themen und man kann es durchaus als „Verloren in der Nashville-Musiker-Blase“ diagnostizieren.
Bleibt die Musik. Wie eingangs beschrieben, ist es eine flotte Scheibe geworden. Die Arrangements, auch Dank der Produktion von Dave Cobb, nahezu perfekt. Dass die Frontmänner der Band große Dylan-Fans sind, merkt immer noch an den Akkordfolgen und dem Melodienrahmen, in dem sie sich bewegen. Denn so manches klingt so sehr vertraut, als könnte es direkt von „Blood on The Tracks“ oder „Desire“ stammen. Das hört man natürlich gern, aber es wäre auch nicht nötig gewesen.
Ketch Secor und seine Freunde haben sich also textlich wie musikalisch in einer Komfort-Zone eingerichtet, die sie sicher weiteren Zuspruch ernten lässt, aber auch direkt in eine künstlerische Sackgasse münden könnte.
Die etwa 38 Minuten, die der Longplayer dauert, vergehen jedoch wie im Flug. Wie gesagt, es ist eine unterhaltsame Scheibe geworden. Nicht mehr und nicht weniger. Wir würden uns aber gerne noch ein bisschen mehr wünschen.
Fazit: Lässige, unterhaltsame Scheibe, ohne der große Wurf zu sein. Man möchte ihnen sagen: „Mehr Mut, Männer!“
Old Crow Medicine Show – Volunteer: Das Album
Titel: Volunteer
Künstler: Old Crow Medicine Show
Veröffentlichungstermin: 20. April 2018
Label: Columbia Nashville (Sony Music)
Format: CD, Vinyl & Digital
Laufzeit: 37:50 Min.
Tracks: 11
Genre: Country, Old Time, Bluegrass
Trackliste: (Volunteer)
01. Flicker & Shine
02. A World Away
03. Child Of The Mississippi
04. Dixie Avenue
05. Look Away
06. Shout Mountain Music
07. The Good Stuff
08. Old Hickory
09. Homecoming Party
10. Elzick’s Farewell
11. Whirlwind