Marty Stuart: Nashville, Vol. 1: Tear The Woodpile Down
Wenn ein Künstler ein überragendes Album abliefert, ist das für den Künstler selbst und für seine Fans natürlich fantastisch. Oft ist es aber so, dass das nächste Album dann weniger gut wegkommt in der Beurteilung. Das ist meistens ungerecht. Ich habe das schon öfter erlebt.
„Guitar Town“ von Steve Earle, „Diamonds And Dirt“ von Rodney Crowell und unzählige andere Alben könnte ich hier aufzählen. Wie will man das toppen? In diese Kategorie gehört für mich auch „Ghost Train – The Studio B Sessions“ von Marty Stuart, so wie seinerzeit „Tempted“, ebenfalls von Marty Stuart.
Und damit sind wir bei Nashville, Vol. 1: Tear The Woodpile Down, dem neuen Album von Marty Stuart. Um es vorweg zu nehmen: Das Album ist toll! Es kommt halt nicht an das Vorgänger Album dran. Und das ist alles Andere als ein Makel! Zehn richtig gute Songs, eingespielt von Marty Stuart, seiner großartigen Band „The Fabulous Superlatives“, und einigen Gästen bzw. Freunden.
Ich will hier nicht auf jeden einzelnen Song eingehen, sonst verliere ich mich in Schwärmerei. Jeder wird hier seinen favorisierten Titel finden. Herausstellen möchte ich aber den Titelsong, der auch das Album eröffnet. Mitreißend, toll gespielt, toll gesungen – was will man mehr? „Hollywood Boogie“, wieder mal ein Instrumentaltitel, ist ein weiteres Meisterwerk. Marty und sein Gitarrist Kenny Vaughan im „Telecaster Duell“. Es ist schon unglaublich, wie diese beiden Ausnahmemusiker harmonieren. Das gilt übrigens auch für die ganze Band, deren Namen ich hier gerne einmal nennen möchte: Das wären dann eben „Cousin“ Kenny Vaughan an der Gitarre, „Apostle“ Paul Martin am Bass und „Handsome“ Harry Stinson an den Drums. Selten habe ich einen so eingeschworenen „Haufen“ erlebt! Da merkt man, dass die Routine einer wöchentlichen TV-Show eben auch Vorteile haben kann. Und die Beinamen, die Marty seinen Kollegen und Freunden gegeben hat, erinnern auf sympatische Weise an die großartige Besetzung der Band von Buck Owens in den 1960er Jahren.
Wenn schon die Musiker erwähnt werden, sollte man das mit den Gästen natürlich auch machen. Buck Trent, natürlich am Dobro, Kenny Lovelace, langjähriger Gitarrist von Jerry Lee Lewis, an der Fiddle, Lorrie Carter Bennett, die Tochter von Anita Carter, die Backing Vocals beisteuert und stimmlich sehr an ihre Mutter erinnert, und Hank 3, mit vollem Namen Shelton Williams, Sohn von Hank Williams, Jr. und vor allem Enkel seiner berühmten Großvaters, der zum Abschluß des Albums einen (natürlich) Hank Williams Song im Duett mit Marty Stuart singt, nämlich „Pictures From Life’s Other Side“. Ein weiteres Highlight und ein würdiger Abschluß eines tollen, fantastischen Albums. Sieben der zehn Songs entstammen übrigens der Feder von Marty Stuart, der auch selbst produziert hat.
Fazit: Marty Stuart nimmt uns mit seinem neuen Album mit auf eine Reise zurück in eine Zeit, als in Nashville noch die Country Music regierte, mit der viele von uns praktisch aufgewachsen sind. Und deshalb möchte ich auch mit einem Zitat von Marty Stuart schließen, dem Booklet zu diesem Album entnommen: „Der hauptsächliche musikalische Unterschied, den ich sehe zwischen heute und der Zeit, als ich zum ersten Mal nach Nashville kam, ist der, dass es damals wohl so war, dass das „Ungesetzlichste“ (most outlaw thing), was man hier tun konnte, war, Country Music zu nehmen und sie zu Rock & Roll aufzublasen. Das Ungesetzlichste, was man heute in Nashville, Tennessee machen kann, ist Country Music zu spielen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Trackliste:
01. Tear The Woodpile Down (mit Buck Trent) |