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Ry Cooder: Election Special

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Im November sind Präsidentschaftswahlen in den USA. Musiklegende Ry Cooder hat nun ein Country & Americana-Album vorgelegt, auf dem er kein Blatt vor den Mund nimmt. Cooder prangert auf Election Special den Zustand der US-amerikanischen Gesellschaft vor den Wahlen in so eindeutiger Weise an, wie das bisher weder ein Springsteen noch ein Mellencamp oder gar ein Steve Earle gemacht haben.

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Cooder rechnet mit dem konservativen Amerika ab. Und das mittels unverschämt guter, unterhaltsamer Musik. Den sozialen Zusammenhalt gibt es nicht mehr. Um die Freiheitsrechte steht es schlecht, einzig das Waffenrecht scheint trotz fort gesetzter Amokläufe unangetastet.

Big Business und Wallstreet regieren unverblümt. Die öffentliche Infrastruktur ist marode. Die Politik ist in den Händen der Lobbyisten und die rechtsextreme Tea-Party entert die Machtzentrale der Republikaner. So stellt sich nicht nur für Ry Cooder „the land of the free and the home of the brave“ wenige Monate vor der Wahl dar.

Und die soeben erfolgte Ernennung des wirtschaftsliberalen Hardliners Paul Ryan zum Vizepräsidentschaftskandidaten von Mitt Romney zeigt noch einmal deutlich auf, vor welcher Richtungswahl Amerika steht: Die Zerschlagung der staatlichen und sozialen Gemeinschaft der USA zugunsten der Interessen der Wirtschaft und eines christlich-fundamentalistischen Sozialdarwinismus durch die Republikaner oder die Beibehaltung westlicher zivilisatorischer und sozialer Standards und der Einführung eines Gesundheitssystems für alle durch die Demokraten. Grund genug für Cooder, mit seinen Mitteln deutlich Position zu beziehen.

In jedem Song von Cooders großem Album spürt man seinen Abscheu und Ekel vor den Konservativen. Ohne besondere Metaphorik nennt er die Dinge beim Namen. In „Mutt Romneys Blues“ charakterisiert er aus der Sicht von Romneys Hund den republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Doch dabei wird das Album nie zur einfältigen Agit-Prop-Nummer. Im Gegenteil, die Platte rockt und groovt und knüpft direkt an Mythen der amerikanischen Populärkultur an.

In „Brother Is Gone“ zielt er direkt auf die jungen Banker und Politiker, die an den „Crossroads“ einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben und nun gegen das Volk agieren. Doch der Pakt mit dem Satan fordert seinen Tribut. Am Ende wird das Böse auch über sie kommen. „The Wall Street Part Of Town“ spiegelt die Stimmung der Menschen wider, die sich in der Occupy-Bewegung gegen die Herrschaft des New Yorker Finanzdistrikts zusammengeschlossen haben. „Guantonamo“ prangert dann die völlig rechtswidrigen Verhältnisse im umstrittenen Internierungslager Guantanamo Bay an. „Cold Cold Feeling“ ist quasi ein moderner „White House Blues“, es ist Barack Obamas Blues. Cooder bittet um das Verständnis der von Obama Enttäuschten, in dem er aufzeigt, wie sehr die Republikaner ohne jegliche Beißhemmung auf den Präsidenten losgehen und den Obersten Gerichtshof oftmals nutzen, um seine Politik zu behindern. „Walk a mile in his shoes“ sagt Cooder dazu.

Ein ebenso böses wie flottes Country-Folk-Stück zum Schunkeln und Wippen ist „Going To Tampa“, das vom einem Republikanischen Parteitag erzählt und sich mit beißendem Spott über die Tea Party, die National Rifle Association und die Bigotterie der amerikanischen Konservativen ergießt. The „90 And The 9“ – wieder ein beschwingter Countrysong – greift dann direkt den Slogan von Occupy auf, malt sich aus, was bei einem republikanischen Wahlsieg passiert und fragt sich, ob diese Wahl nicht bereits die allerletzte Hoffnung für die 99 Prozent darstellt. Und im letzten Song warnt er die politische Rechte noch einmal deutlich, doch bitteschön die Hände von der Demokratie, der Bill of Rights und den Gewerkschaften zu lassen.

Ry Cooder, der auf eine über 40-jährige Karriere zurückblicken kann, ist vor allem als Komponist von Film-Soundtracks („Paris, Texas“, „The Long Riders“, „Crossroads“), als Studiomusiker (Rolling Stones, Van Morrison, Randy Newman, Eric Clapton, Mavis Staples, John Lee Hooker) und als Mitglied der Gruppe „Little Village“ (John Hiatt, Nick Lowe und Jim Keltner) erfolgreich und bekannt geworden. Ein bekannter Künstler, ein „musician’s musician“ wagt sich hier also aus der Deckung. Es hat bei aller Entpolitisierung in Amerika Tradition, dass sich auch Vertreter des Showgeschäfts politisch öffentlich positionieren. Clint Clintwood und Arnold Schwarzenegger waren stets auf der republikanischen Seite, Barbara Streisand oder Robert Redford sind eingefleischte Demokraten, ebenso wie die schon erwähnten Musiker Springsteen und Mellencamp. Doch so eindeutig, gallig und böse hat sich schon lange keiner mehr musikalisch zu Wort gemeldet. Nur schade, dass auch dieses Album die Wahl nicht entscheiden wird. Denn die, die es hören müssten, werden es nicht hören. Denn die konservativen Radiostationen im amerikanischen Heartland werden sich sicher schwer für diese Platte begeistern lassen.

Fazit: Songs mit klaren politischen und gesellschaftlichen Aussagen können durchaus beste Unterhaltung bieten. Ry Cooders neues Album macht dies durch kurzweilige und perfekte Country & Americana-Klänge möglich. Eines der interessantesten Alben dieses Jahres.

   
Ry Cooder: Election Special
CD: „Election Special“
Veröffentlicht: 2012
Label: Nonesuch (Warner)

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Trackliste:

01. Mutt Romney Blues
02. Brother Is Gone
03. The Wall Street Part Of Town
04. Guantanamo
05. Cold Cold Feeling
06. Going To Tampa
07. Kool-Aid
08. The 90 And The 9
09. Take Your Hands Off It

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Über Thomas Waldherr (848 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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