Hugh Moffatt: Der Troubadour kommt wieder
Das Jahr 2014 begann mit einer angenehmen Überraschung – Hugh Moffatt teilte mit, dass er im Frühjahr auf ausgedehnte Europa-Tournee geht. Dabei wird er auch in Deutschland auf der Bühne stehen! Der introvertierte Künstler war vor allem in den 1980er und 1990er Jahren mehrmals in Deutschland, u.a. bei den Country Friends in Kötz, wo er auch diesmal willkommen ist.
Ich lernte ihn bei einem dieser frühen Gastspiele kennen und habe seither ständig Kontakt zu ihm und ihn immer wieder live erlebt. Wie beim etliche Jahre durchgeführten Singer-Songwriter-Festival in Frutigen (CH), wo er natürlich nicht fehlen durfte. Daher konnte ich die Karriere des Singer-Songwriters im Auge behalten.
Viele werden fragen, wer ist denn dieser Hugh Moffatt, denn zu den wirklichen Stars der Szene zählt er nicht. Es war nie sein Ziel, ganz vorne im Rampenlicht zu stehen. Ein Mann großer Worte wollte er nie sein, das wäre auch total gegen sein Naturell. Er teilt seine Meinung und vor allem seine Gefühle viel lieber (und wahrscheinlich auch nachhaltiger und besser) durch seine Songs mit. Davon hat er im Laufe der Jahre eine ganze Reihe geschrieben. Damit begann er seine Karriere in den 1970er Jahren, ehe er überhaupt eigene Alben aufnahm. Sein musikalisches Interesse führte ihn in gänzlich unterschiedliche Winkel dieser Kunst – erstaunlich an was er sich herantraut.
Als ich ihn kennenlernte, erinnerte er schon äußerlich mit seinen langen Haaren und einem Vollbart an einen Minnesänger aus dem Mittelalter – seine Musik verstärkt diesen Eindruck. Hugh Moffatt ist ein Troubadour im besten, im klassischen Sinne. Ihn bei einem Auftritt live zu erleben ist ebenso aufregend wie intim – da vergeht die Zeit wie im Fluge, weil es ihm gelingt, die Hörer nur mit seiner Gitarre, seiner Stimme und seinen Songs in seinen Bann zu ziehen. Er vermittlet das Gefühl als ob er nur für einen selbst seine Lieder singe.
Der Werdegang des Hugh Moffatt unterscheidet sich in vielen Dingen von dem der meisten Country Stars. Geboren wurde er am 3. November 1948 in der texanischen „Cowtown“ Fort Worth. Seit frühester Jugend interessierte er sich für Musik, es wurde offenkundig, dass er jede Menge Talent dafür besitzt (wie übrigens auch seine zwei Jahre jüngere Schwester Katy Moffatt). Allerdings spielte Country Music zunächst keine besondere Rolle. In der Arlington Heights High School Band begann er als Trompeter. Während des anschließenden Studiums an der Rice University in Houston brachte er sich das Gitarrenspiel selbst bei und spielte vorwiegend Jazz und Blues.
Obwohl er in verschiedenen Bands mitwirkte, hatte er damals nicht vor, die Musik zum Beruf zu machen. Nach dem Studium orientierte er sich nach Austin, wo er eine Weile als Folksänger arbeitete. Dann kam der Zeitpunkt, an dem er nicht mehr wusste, was er künftig machen sollte, wo seine Zukunft liegen könnte. Hugh Moffatt: „Ich musste mich entscheiden und beschloss, auf Reisen zu gehen, wollte einen Freund in Washington besuchen. Auf dem Weg dorthin kam ich durch Nashville. Eine Woche wollte ich eigentlich nur bleiben – es sind dann mehr als 15 Jahre daraus geworden.“ Insbesondere die dortige Singer-Songwriter Szene hatte es ihm angetan. „Nashville ist ein Zentrum für Songschreiber, es gibt dort mehr davon als man braucht. Was mich so faszinierte war, dass es kein Konkurrenzdenken gab. Jedenfalls ist das meine Erfahrung, denn mir hat man sofort geholfen. Sonst wäre ich vermutlich auch nicht geblieben.“
Einer seiner Mentoren war Ed Penney, mit dem er viele Songs schrieb. Nach 18 Monaten bereits stellte sich der erste große Hit ein – welch ein Einstieg für einen Newcomer. Ronnie Milsap stand 1975 mit Moffatt´s „Just In Case“ ganz weit oben. Im Jahr danach nahmen auch Barbara Mandrell und Tammy Wynette den Song auf. Moffatt erinnert sich: „Es war der erste meiner Songs, der aufgenommen wurde. Ich fing also weit oben an. Bis zum nächsten Hit dauerte es dann aber ziemlich lange. Es war seltsam. Ich schrieb für einen Verlag, hatte aber überhaupt keinen Erfolg. Erst als ich zu einem anderen Verlag wechselte, wurden einige Songs erfolgreich, die ich noch für den vorherigen Verlag geschrieben hatte. Offenbar hatte man meine Songs nicht entsprechend angeboten als ich noch zu dem Verlag gehörte.“
Künstler wie Dottie West, Mack Vickery, Randy Gurley oder George Hamilton IV nahmen zwar Songs von ihm auf, meist blieben sie aber auf einem Album versteckt. Das änderte sich 1980 als Dolly Parton mit „Old Flames Can’t Hold A Candle To You“ eine Nummer 1 landete. Den Song, den Joe Sun schon zwei Jahre vorher aufgenommen hatte, schrieb Moffatt mit seiner damaligen Ehefrau Pebe Sebert. Das Lied wurde später u.a. von Merle Haggard (1985) und Ke$ha (2012) aufgenommen.
Jetzt gehörte Hugh Moffatt zu den gefragten Autoren. Nächste Hits waren „Wild Turkey“ (Lacy J. Dalton 1981), „Words At Twenty Paces“ (Alabama 1982) und „How Would I Love Her So much“ (Johnny Rodriguez 1983). Moffatt meinte damals zu mir: „Diese drei und die beiden vorher genannten Hits wurden das wirkliche Fundament meiner Karriere. Es wurden nicht sehr viele Songs von mir aufgenommen aber die haben dann gezählt. Insbesondere die Alabama-Aufnahme war finanziell ein Knüller. Allein das Album wurde mehr als 3 Millionen mal verkauft. Mit so etwas kann man nicht rechnen, es gehört viel Glück dazu, wenn eine so erfolgreiche Gruppe wie Alabama einen Song von dir aufnimmt.“
Seine Art zu arbeiten unterscheidet sich von der z.B. eines Bob McDill, der das Songschreiben wie einen Büro-Job ausübte. „Words At Twenty Paces“ beschäftigte ihn ein ganzes Jahr. „Ich arbeite immer wieder an einem Song. Das erfordert eine starke Identifikation mit Thema, Melodie und Text, um das Feeling so lange beizubehalten. Mehr als 20 Songs im Jahr werden es bei mir nicht. Es ist eine riskante Karriere, denn man lebt von wenigen Titeln. Nicht auf die Anzahl kommt es an, man muß eine Handvoll dabei haben, die den Unterschied ausmacht.“
Eigentlich ist Hugh Moffatt immer ein Außenseiter geblieben, der in keines der Schemata passt, nach denen in Nashville gearbeitet wird. Kein Wunder, dass er sich irgendwann wieder vom Cumberland River verabschiedete.
Auch wenn er relativ wenige Songs schreibt, es gelingen ihm immer wieder so schöne Lieder wie „Love And Only Love“ (David Frizzell & Shelly West), „Whiskey Made Me Stumble“ (Bill Anderson), „Slow Moving Freight Train“ (Joe Sun, John Starling, Katy Moffatt), „Carolina Star“ (John Starling, Early Scruggs & Friends), „Praise The Lord And Send Me The Money“ (Bobby Bare), „Rose Of My Heart“ (Johnny Rodriguez, Whitstein Brothers, Nicolette Larsen, IIIrd Tyme Out, Johnny Cash), „Papacita“ (Katy Moffatt, The McCarters), „Last Night I Dreamed Of Loving You“ (Kathy Mattea), „When You Held Me In Your Arms“ (Rex Allen Jr., Mel McDaniel) oder Jack And Lucy“ (Jeannie Kendall).
Es dauerte immerhin bis 1987, ehe Hugh Moffatt ein erstes Solo-Album veröffentlichte – mit ausschließlich eigenen Songs: „Loving You“. 1989 folgte „Troubadour“, dessen Titel den Nagel auf den Kopf trifft. Die musikalische Weiterentwicklung und thematische Vielfalt dokumentieren Alben wie „Dance Me Outside“ (1992 mit Katy Moffatt), „The Life Of A Minor Poet“ (1996), „Ghosts Of The Music“ (2009), „Live And Alone“ (2003) oder „Songs From the Back of The Church“ (2006). Im Herbst 2013 erschien sein aktuelles Album mit dem Titel „Only Along For The Ride“. Neben dem Titelsong beeindrucken mich vor allem „Rock Bottom, „I Knew Her When“, „Last Quarter Moon“ und „Light A Candle“. Einmal mehr erweist sich Moffatt als Troubadour, der seinen Songs mit einfachen Mitteln die nötige Wärme und Ausstrahlung verleiht. Genau so wird man ihn im Frühjahr auch bei uns live auf der Bühne erleben können.
Das Bild des Künstlers Hugh Moffatt setzt sich aber aus weiteren Facetten zusammen. Nicht selten tritt er z.B. in einer Kirche auf – mit entsprechendem, dem Ort des Geschehens angepaßten Programm. Und wer hätte ihm zuegtraut, dass er sich an eine Oper traut? Bereits 2003 schrieb er als Librettist mit Komponist Michael Ching von der Oper in Memphis „Corps Of Discovery“. Gegenstand der Oper sind die historischen Expeditionen von Lewis & Clark von New Orleans zum Pazifik. Danach folgten mit „King Of The Clouds“ (im Mittelpunkt steht der Sohn einer Alkoholikerin) und „Out Of The Rain“ (Thema ist der Umgang der Gesellschaft mit AIDS) zwei Einakter. 2010 feierte die von Christoph Willibald Gluck geschriebene Oper „Orpheus und Eurydike“ in der Oper Memphis Premiere in der neuen Übersetzung von Moffatt und Ching.
Das besondere Talent des Hugh Moffatt besteht darin, Worte und Musik zusammenzuführen, um Werke von besonderer Schönheit und emotionaler Ausstrahlung entstehen zu lassen. Die dazu nötige Ruhe sucht und findet er immer wieder – auch wenn es dazu eines neuen Umfeldes und Wohnortwechsels bedarf. Mit seiner Ehefrau Mary Vaughan, einer emehaligen Lehrerin, lebt er im Bundesstaat Washington, hat aber auch noch eine Bleibe in Nashville. Ihre beiden Kinder Corianna und Greyson sind bereits erwachsen und stehen auf eigenen Beinen.
Hugh Moffatt hat sich entschlossen, wieder mehr auf die Bühne zurückzukehren, ihm fehlte der direkte Kontakt zum Publikum dann doch. Es ist gut zu wissen, dass in der Country Szene auch Platz für die leiseren, besinnlichen Töne eines Vollblut-Troubadours wie Hugh Moffatt ist. Wer sich dafür interessiert und einen unvergesslichen Abend erleben will, sollte sich diesen Künstler nicht entgehen lassen.
Nach aktuellem Stand sieht der Deutschland, Holland und die Schweiz betreffende Tourneeplan so aus:
07.3. in Gams (CH) – Winkler’s Guitar Repair Shop
09.3. in Koetz
10.3. in Waldkraiburg – Haus der Kultur
11.3. in Villingen – Folk Club Schaur
13.3. in Dissenhofen (CH) – Die Löwen
14.3. in Laupen (CH) – Die Tonne
15.3. in Flizbach (CH) – Kulturbühne Lihn
16.3. in Pieterlen (CH) – Folk-in-Heaven
19.3. in Chur (CH) – Werkstatt
21.3. in Borger (NL) – Culture Podia
23.3. in Greven – (Hauskonzert)
29.3. in Lichtenvoorde (NL)
30.3. in Aalsmeer (NL)- De Oude Veiling