Ruby Don’t Take Your Love To Town: Mel Tillis
Mel Tillis schrieb einen Klassiker mit tragisch-traurigem Inhalt. Die Geschichte endet tödlich, ihr liegt eine wahre Begebenheit zugrunde. Allerdings änderte der Autor Ort und Zeit, er verlegte das Geschehen in den Korea-Krieg, weil das seinerzeit einen aktuelleren Bezug herstellte.
In Tillis‘ Heimat Florida lebte ein Mann, der im 2. Weltkrieg in Deutschland verwundet und zur Genesung nach England gebracht wurde. Dort verliebte er sich in die Krankenschwester, wenig später heirateten beide. Zurück in Florida machte sich die Verwundung immer mehr negativ bemerkbar, schließlich mußte er ins Krankenhaus. Zu heilen gab es nichts mehr, im Gegenteil, es wurde so schlimm, dass der Mann zeitweise gelähmt war.
Während dieser Monate kümmerte sich seine Frau zunächst noch um ihn bis sie es nicht mehr aushielt. Sie brauchte etwas Aufmerksamkeit. Also legte sie Make-Up auf, kleidete sich elegant und flanierte in der Stadt. Daheim wurde ihr schwerkranker Mann von Eifersucht geplagt. Mel Tillis sagt, er selbst sei zur Zeit jener Ereignisse zu jung gewesen, um alles in seiner ganzen Tragweite zu begreifen. Schließlich drehte der Mann durch und brachte erst seine Frau und dann sich selbst um. Tillis schrieb das Lied viele Jahre später, als er die Zusammenhänge richtig einzuschätzen wusste. Das Lied belässt dem Hörer ein wenig Fantasie, wie die Geschichte ausgeht, wenngleich die schon in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt wird.
Neben Mel Tillis haben etliche andere Sänger Erfolg mit dem Lied gehabt. Erster, der diesen Song aufnahm, war Johnny Darrell. Er schob sich 1967 damit bis auf Platz 9 der Country Charts. Auch Waylon Jennings, Bobby Bare, die Statler Brothers und natürlich Mel Tillis selbst haben den Song aufgenommen. Die bekannteste Version dürfte die von Kenny Rogers sein. 1969 veröffentlichte er seine erste Version mit The First Edition und schaffte damit Platz 6 der Pop Charts. Einige Jahre später nahm Rogers „Ruby Don’t Take Your Love To Town“ als Solist erneut auf für ein Album mit Remakes seiner früheren Hits.
Eine gewisse Geraldine Stevens brachte mit „Billy I’ve Got To Go To Town“ einen Antwort-Song auf das Original heraus. Inhaltlich versichert sie darin ihrem Ehemann, dass sie ihn trotz seiner Behinderung weiterhin liebt und wirbt um sein Vertrauen. Ein Hit wurde die Aufnahme nicht.
Zu den bekanntesten Versionen in anderen Sprachen gehören jene von Nana Mouskouri, Eddy Mitchell (beide in Französisch), Pavel Bobek (Tschechisch) und Gerhard Wendland, dessen deutsche Variante 1970 unter dem Titel „Ruby, schau einmal über’n Zaun“ erschien und inhaltlich mit dem Original nichts mehr zu tun hatte.