Josh Abbott Band: Front Row Seat
Seit 2008 hat sich Josh Abbott mit seiner Band den Ruf einer Vorzeigegruppe der Texanischen Musikszene ersungen. Drei Alben entstanden seither, von denen es das letzte im Jahr 2012 immerhin auf Platz 5 der Country-Album-Charts schaffte. Nun hat die Gruppe um den Mann aus Lubbock, Texas, ein neues Album herausgebracht, das in der Musikszene für beträchtliches Aufsehen sorgt. Front Row Seat hat Josh Abbott die CD genannt und hat damit eine fast vergessene Musikform in der Countrymusik wieder belebt: das Konzeptalbum, also nur Lieder, die sich thematisch zu einer Einheit fügen und dadurch eine zusammenhängende Geschichte erzählen. Willie Nelson hatte vor genau 40 Jahren mit „Red Headed Stranger“ ein solches Album aufgenommen.
Josh Abbott hat in 16 Liedern seine eigene, höchst persönliche Geschichte verarbeitet. Dass er sich dabei der Hilfe von Songschreibern wie Shane McAnally, Josh Osborne, Radney Foster oder Brent Cobb bedient hat, trägt gewiss zur Qualität der Songs bei. Er nimmt die Hörer mit auf eine Erkundung der menschlichsten Regung, der Liebe. Genauer gesagt: Abbott analysiert in seinen Liedern, wie es passieren konnte, dass aus der unverbrauchten, jugendlichen Liebe eine tiefe Beziehung werden konnte und wie diese sich dann allmählich zu einem traurigen Beziehungsende mit allen negativen Folgen entwickeln konnte. Nochmal, es ist keine erfundene, sondern Abbotts erlebtes und durchlittenes Schicksal.
Abbott hatte im vergangenen Jahr öffentlich erklärt, dass er durch seine Untreue und seinen Drogenkonsum Schuld sei, dass seine Frau sich nach zehn Jahren von ihm getrennt hatte. Abbott sagt in einem Interview, dass er sich seine Schuld von der Seele singen wolle. Das tut er mit Liedern, die sehr gefühlvoll sind, selten laut. Statt auf Drums und Synthesizers setzt er auf Banjo und Fiddle. Auch das gelegentliche Piano und der Hintergrundchor sind zu hören, und machen aus dem Album vom Klang her mehr ein Countryalben, als man es von Abbott gewöhnt war.
Abbott hat sein Album in fünf Akte unterteilt. Die ersten Lieder sind denn auch voller jugendlicher Lebensfreude und klingen wie gute Countrymusik aus den 1990er Jahren. Glanzpunkte das fröhliche „Love While You Got It“ und das Duett mit Carly Pearce „Was That Drunk“.
Auch im zweiten Akt ist die Liebe positiv besetzt, wie „Crazy Things“ oder „If It Makes You Feel“ beweisen. Im dritten Akt ist die Liebe auf ihrem Höhepunkt. Das Paar ist glücklich, wie im Song „Front Row Seat“ deutlich wird: Mann und Frau haben im Leben des Partners jeweils einen Sitz in der ersten Reihe. Doch ab Song 10 beginnt der vierte Akt und das Drama setzt ein; er betrügt seine Frau, das Lied „Born To Break Your Heart“ ist ein emotionaler Höhepunkt des Albums. Und der Ton wird dunkler und das Unglück deutlich in Songs wie „Ghosts“ oder „This Isn’t Easy (Her Sing)“. Die erste Singleauskopplung ist ein wunderschönes, aber auch trauriges Lied. „Amnesia“, vergessen möchte Abbott alle seine Fehltritte und Gemeinheiten.
Fazit: Josh Abbott und seiner Band ist ein ungewöhnliches Album gelungen. Doch ist die eine oder andere Einschränkung zu machen. 16 Lieder, die so voll Gefühl sind, stellen Hörerin und Hörer auch vor eine Geduldprobe und eine kleinere Songauswahl hätte wohl nicht geschadet. Manchmal würde man sich etwas mehr Drive bei den Vorträgen wünschen, denn fast alle Lieder sind in einem typischen Mid-Tempo gehalten, was der Aufmerksamkeit auf Dauer abträglich ist. Trotzdem ist die Ehrlichkeit von Josh Abbott zu bewundern. Er hat sich geöffnet, seine Seele bloßgelegt. Und das mit guter Countrymusik.
Titel: Front Row Seat
Künstlerin: Josh Abbott Band
Veröffentlichungstermin: 6. November 2015
Label: Pretty Damn Tough
Format: CD & Digital
Genre: Traditionell Country
Bewertung: 3 von 5 möglichen Punkten!
Trackliste:
01. While I’m Young
02. I’ve Been Known
03. Live It While You Got It
04. Wasn’t That Drunk – mit Carly Pearce
05. Kiss You Good
06. If It Makes You Feel Good
07. Crazy Things
08. Front Row Seat
09. Kisses We Steal
10. Ghosts
11. Born To Break Your Heart
12. This Isn’t Easy
13. A Loss Of Memory (Intro)
14. Amnesia
15. Autumn
16. Anonymity