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Jetzt hat er ihn!

Die Musiklegende Bob Dylan bekommt absolut verdient den Literatur-Nobelpreis 2016

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Bob Dylan Bob Dylan. Bildrechte: Sony Music, William Claxton

Als im Mai in Darmstadt für Bob Dylan ein rauschendes Geburtstagsfest veranstaltet wurde, da waren sich die beiden Experten Heinrich Detering und Klaus Walter einig, dass Bob Dylan den Nobelpreis nicht bräuchte, der Nobelpreis Bob Dylan aber umso mehr.

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Nun hat er ihn tatsächlich zugesprochen bekommen. In der Begründung für die Vergabe des Literaturnobelpreises heißt es, Dylan habe „neue poetische Ausdrucksformen innerhalb der großen amerikanischen Song-Tradition“ geschaffen. „In der Tat!“, kann man da nur sagen – und wie! In seiner Frühzeit Anfang der 1960er Jahre kombinierte er die traditionelle amerikanische Folktradition mit der Brecht’schen Dramatik, alttestamentarischen Bildern und dem Rhythmus der Beatniks. Als er wenige Jahre später, Mitte der 1960er, die Gitarre einstöpselte, gab er dem Rock’n’Roll eine surrealistische Songpoesie. Unter seine Worte und Verse, gebildet aus dem „Stream of Consciousness“ legte er eine Musik, die stets im Rahmen der traditionellen Wurzeln aus Blues, Folk und Country blieb. Später, nach seinem Motorradunfall wurde er 1967 im Keller von „Big Pink“ zum „Vater des Americana“. Er schrieb formal einfachere Lyrics, die aber keinesfalls weniger tiefgründig waren und unterlegte sie mit Countrymusik.

Bob Dylan setzte immer Maßstäbe. Seine Protestsongs wie „Blowin‘ In The Wind“ oder „The Times They Are A-Changin'“ wurden archetypische Beispiele ihrer Gattung. Mit Songs wie „Like A Rolling Stone“ und „Subterranean Homesick Blues“ lieferte er die Poesie zum Soundtrack der Rebellion, mit bilderüberfluteten epischen Songs wie „Desolation Row“, „Visions Of Johanna“ oder „It’s Alright Ma (I’m Only Bleeding)“ sprengte er lustvoll alle Grenzen des populären Songs. Mit „Knockin‘ On Heaven’s Door“ schuf er den ultimativen Western-Todessong und mit „Hurricane“ ein Meisterstück der vertonten journalistisch -genauen gesellschaftskritischen Anklage.

In den 80er und frühen 90er Jahren hatte er eine Schaffenskrise. Doch er überwand sie, indem er zurück zu seinen musikalischen Wurzeln ging und die Folkmusik spielte, so wie sie vor seinem Erscheinen gewesen war. Nur so konnte sich Bob Dylan seiner Kunst wieder sicher sein. Was folgte ist seit Ende der 1990er Jahre ein großartiges Alterswerk, indem er in einer genialen Collagenarbeit Blues- und Country-Lyrics zusammenbringt mit Shakespeare und Ovid, Marxistische Theorie, Mythenspiel und Medicine-Show sich ergänzen lässt, um Songs entstehen zu lassen, die sich um die universellen , ewigen Menschheitsfragen drehen. Songs seines Alterswerks wie „Not Dark Yet“, „Highwater Everywhere (for Charlie Patton)“ oder „Workingman’s Blues #2“ stehen geradezu exemplarisch für die Begründung der Stockholmer Jury.

Und auch umgekehrt wird ein Schuh draus. Denn wenn Dylans Beitrag zur „amerikanischen Songtradition“ geehrt wird, dann rückt die Songtradition, sprich die instrumentierte, gesangliche, mündliche Überlieferung als eine der wichtigen Formen der Literatur wieder ins Bewusstsein der Kultursachverständigen. Literatur findet nicht nur zwischen zwei Buchdeckeln oder auf einem E-Book statt, sondern beispielsweise auch in jedem der rund hundert Konzerte die der mittlerweile 75-jährige Bob Dylan immer noch spielt.

So ist die Begründung der Jury absolut treffend und ein richtiges Zeichen in Zeiten, in denen Songs als gemeinschaftliche erlebte Vergewisserung über gesellschaftliche Zustände und individuelle Schicksale, immer mehr zurückgedrängt werden von einer Musik, die austauschbar, konfektioniert und digitalisiert ist, die immer vereinzelter konsumiert wird, und die somit jeden gesellschaftlichen Wert und Sinn zu verlieren droht.

Das Schlusswort möchte ich Dylans großer Weggefährtin und zeitweiligen Partnerin Joan Baez überlassen. Sie erklärte: „Der Nobelpreis ist weiterer Schritt zu Bob Dylans Unsterblichkeit… Keine anderen Lieder waren bewegender als die von Bob. Keine Lieder gaben mir ein größeres Vergnügen, sie zu singen. Keine Songs werden je mehr so sein.“

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Über Thomas Waldherr (804 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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