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Americana: Die Top-10-Alben des Jahres 2020

Country.de-Redakteur Thomas Waldherr stellt seine persönlichen Favoriten vor.

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Americana Top 10 Country Music Charts - Americana Top 10. Bildrechte: Country.de / Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von Sony Music, Universal Music & Warner Music.

Unter den vielen Neuerscheinungen des Jahres 2020 im Americana-Genre hat Thomas Waldherr wieder die 10 Alben ausgewählt, die ihn am meisten bewegt, ihn am besten unterhalten und vor allem auch lange bleibende Eindrücke hinterlassen haben.

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01. Bob Dylan: Rough And Rowdy Years

Weil His Bobness auch mit fast 80 Jahren immer noch ein kritischer Begleiter der Geschichte Amerikas ist (Murder Most Foul), uns einen weiteren seiner Sehnsuchtsorte nennt (Key West), uns lyrisch vertrackter denn je vor Rätsel stellt (Jimmy Reed), uns wieder Liebeslieder singt, von denen wir nicht wissen, ob sie an Personen oder höhere Wesen gerichtet sind (I’ve Made Up My Mind to Give Myself to You) und endlich, endlich zugibt, was wir schon alle geahnt haben: Dass er vielfältig und widersprüchlich ist (I Contain Multitudes). Ein meisterliches Spätwerk!

02. Ondara: Folk’n’Roll Vol. 1 – Tales Of Isolation

Weil der in Kenia geborene Singer & Songwriter mit seinem im Lockdown entstandenen Album eine Zustandsbeschreibung Amerikas in der Corona-Krise vorlegt und durch Poesie und Empathie für die einfachen Leute glänzt. In „Pulled Out Of The Market“ geht es um die Menschen, die aufgrund der Pandemie arbeitslos werden. In „Mr. Landlord“ singt er über die Notwendigkeit in diesen Zeiten ein Dach über dem Kopf zu behalten. Und in „Pyramid Justice“ verbindet er scharfe Beobachtungsgabe mit scharfem Witz. Das verflixte zweite Album gut gemeistert!

03. Jason Isbell And The 400 Unit: Reunions

Weil sich Isbell hier quasi in die innere Zeitmaschine setzt und zurück zu seinem früheren Ich reist. In seine Kindheit, als er Kind von Eltern war, die selber fast noch Kinder waren und damit nicht zu Recht kamen und sich trennten. Zurück in die Jugend wo er in einer anderen Stadt neue Freunde finden musste und oftmals Spott erntete. Davon handelt das beeindruckende „Dreamsicle“. Der Song zeigt nochmal deutlich, wie es Isbell versteht, auf bekannten Country-Bildern ganz andere Geschichte aufzusetzen. Isbell erzählt schonungslos von den Beladenen und Verlierern des armen Südens, aber er erzählt es aus eigener Erfahrung. Das macht ihn so populär und zu einem der wichtigsten zeitgenössischen amerikanischen Singer-Songwriter.

04. Mary Chapin Carpenter: The Dirt And The Stars

Weil sie ein Album vorlegt, das mit majestätischer Ruhe diese aufgeregten amerikanischen Zeiten kontrastiert. Mit „Farther Along And Further In“ dem ersten Track legt sie gleich programmatisch vor und singt das hohe, schöne Lied der Veränderung. In feinen Worten hingehaucht. Weiter geht es mit „It’s Okay To Feel Sad“, das ein pragmatisch-fatalistischen Optimismus“ verströmt. Doch wer glaubt, Mary würde mit es bei der melancholischen Innensicht belassen, den überrascht sie mit „American Stooge“, einem Song über einen Südstaaten-Jungen, der zum armen weißen Verlierer, sprich zum potentiellen Trump-Wähler, wird.

05. Dave Alvin: From An Old Guitar. Rare And Unreleased Recordings

Weil er endlich mal wieder gezeigt hat, dass er einer der wirklichen Meister des Americana-Genres ist und die beste Karriere-Retrospektive auf der Basis von unveröffentlichtem Material abliefert seit Bob Dylans Bootleg Series. Das Album spiegelt die gesamte Bandbreite Alvins von Blues über Rock zu Country und Honky Tonk wieder. Höhepunkte sind seine Version von Dylans „Highway 61“, „Amanda“, geschrieben von Robert Lee McDill, hier zu einem wunderschön-zärtlichen Liebes-Ohrwurm veredelt, „Albuquerque“, ein zünftiger Rock’n’Roll, und „Who’s Been Here“, das er im Duett mit Christy McWilson singt und an seine denkwürdige Zusammenarbeit mit „The Guilty Women“ erinnert.

06. Joan Osborne: Trouble And Strife

Weil mit „Trouble and Strife“ – Ärger und Streit bestimmen ja tatsächlich die Situation in den USA – die gefeierte Singer/Songwriterin Joan Osborne starke und zugleich musikalisch packende Antworten auf einige der gesellschaftspolitischen Probleme findet, die die USA in den letzten Jahren plagten: Ob Transgender-Rechte, Klimawandel, Desinformation oder Flüchtlingsfrage. Dabei stattet sie ihre Botschaften wunderbar mit Trost und Optimismus aus. Anspieltipps: „Take It Any Way I Can Get It“, „What’s That You Say“, „Hand’s Off“ und natürlich der dylaneske Titeltrack „Trouble And Strife“.

07. Thomm Jutz: To Live In Two Worlds (Vol. 1)

Weil das neue Album des deutsch-amerikanischen Musikers eine musikalisch perfekte Verbeugung vor der amerikanischen Folk, Blues- und Countrymusik voller Herzblut ist. Auf dem Album wimmelt es nur so voller Reminiszenzen an die frühen Stars der amerikanischen Old Time-, Blues- und Bluegrassmusik wie Charlie Poole, Jimmie Rodgers, Blind Willie McTell oder Skip James. Und dies indem er neue Songs kreiert, die aber genau von diesen Personen, von ihren Lebensumstände und ihrer Musik handeln. Zurecht ist dieses Album für einen Grammy nominiert worden. Wir drücken die Daumen!

08. Gregory Page: One Hell Of A Memory

Weil dieses Album inmitten des grauen Novembers mit Lockdown, Kontaktbeschränkungen und geschlossenem Kulturbetrieb ein satter Lichtstrahl ist. Ein von der ersten bis zur allerletzten Note wunderschönes Werk. Ein Werk, das aus der Tradition schöpft, voller humaner Werte ist, und ganz optimistisch der Zukunft und der Veränderung zugewandt ist. Page setzt auf wahrhafte Erzählungen und tiefe Menschlichkeit. So wie beim vielleicht schönsten Song „The Ballad Of Bridget Healy“. Mit „Right Now Not Tomorrow“, einem aufgeräumten American-Folk-Ohrwurm beginnt das Album und mit Titelsong „One Hell Of A Memory“, einer Ode an die schönen Momente und die Beständigkeit der Freundschaft, endet dann schließlich dieses Album voller Zuversicht.

09. Gillian Welch & David Rawlings: All The Good Times

Weil die beiden ebenfalls ein starkes Lockdown-Album veröffentlicht haben, das nur Coverversionen enthält. Mit dabei sind Werke wie Bob Dylans „Señor“ und „Abandoned Love“, sowie Songs von John Prine, Elizabeth Cotton, Norman Blake sowie Johnny Cash & June Carter. Zudem haben sie traditionelle Songs wie „Fly Around My Pretty Little Miss“ und „Poor Ellen Smith“ neu arrangiert. Da Rawlings‘ Gesang ohnehin sehr oft mit dem von Dylan verglichen wird, passen die Songs der Musiklegende natürlich trefflich. Zusammen mit dem Gesang von Welch und der sparsamen Instrumentierung, ergibt sich eine ebenso eindringliche wie intime Atmosphäre. Ein Tribute- und Roots-Album der besonderen Güte!

10. Che Apalache: Rearrange My Heart

Weil die Gruppe bringt Latin und Bluegrass zusammenbringt und sich mit Immigration und der sozialen Realität in den USA auseinandersetzt. Und damit die Realität abbildet, dass auch in den Appalachen Zuwanderer aus Mexiko und Lateinamerika leben und Musiktraditionen sich hier begegnen. So wie die Folkmusik der irischen, schottischen und englischen Zuwanderer sich vor vielen, vielen Jahren mit afroamerikanischer Musik verschmolz und dabei Country und Bluegrass entstand, so entsteht heute wieder etwas Neues: Eine wahrhafte amerikanische Musik.

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Über Thomas Waldherr (804 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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