Danni Leigh: Honky Tonk-Girl auf der Suche nach musikalischer Heimat
Die amerikanische Sängerin Danni Leigh im Porträt.
„Ohne dieses Album fahre ich nicht nach Hause“, sagte mein Freund Ernst spontan. Hätte er sich daran gehalten, sein Aufenthalt in den USA wäre um satte 10 Monate verlängert worden. Irgendwo im amerikanischen Südwesten saßen wir im Hotel und sahen bei CMT ein Video von einer Sängerin, die uns absolut nichts sagte. Ihre Stimme und das Video allerdings weckten sofort das Interesse. Den Namen rasch notieren – Danni Leigh hieß sie wohl – und dann Ausschau nach dem Album „A Shot Of Whiskey And A Prayer“ halten. In den zwei verbleibenden Wochen suchten wir vergebens, lediglich eine Single-CD war in den Läden zu finden. Ernst flog dann doch mit zurück in die Heimat. Die Recherchen in den folgenden Monaten ergaben, daß Monument Records die Veröffentlichung des Albums immer wieder verschob und schließlich ganz strich. Doch dann geschah etwas im Music-Business ganz und gar ungewöhnliches – nachdem sich Label und Künstlerin bereits getrennt hatten, einigte man sich doch noch auf die Veröffentlichung. Offizielles Erscheinungsdatum von „A Shot of Whiskey and a Prayer“ war der 31. Februar 2001. Sony hatte sie aufgrund zweier überzeugender Videos im Frühjahr 1999 unter Vertrag genommen. Leigh’s Managerin Sheila Shipley Biddy hat clevere Arbeit geleistet und das Talent ihrer Klientin ins rechte Licht gerückt.
Bei Decca Records war bereits ihr Album „29 Nights“ erschienen, auf dem Danni Leigh mit rassiger, urwüchsiger Honky Tonk Music brilliert, die starke Einflüsse des Bakersfield Sound der 60er Jahre erkennen läßt. Bei Sony glaubte man das Talent richtig umsetzen zu können. Mit Richard Bennett und Emory Gordy Jr. teilten sich zwei renommierte Produzenten die Arbeit am Monument-Album. „Honey I Do“ hieß die erste Single (das Video dazu hatte uns „heiß“ gemacht), sie kletterte auf Platz 59, „I Don´t Feel That Way“ erging es mit Platz 56 kaum besser. Für Sony Grund genug, alle Aktivitäten zu stoppen: „Wir haben eine halbe Million investiert, sie dem Radio schmackhaft zu machen. Aber unsere Richtung mit ihr und die des Radios waren zu verschieden! Country Radio ist fast zur reinen Pop Music geworden, insbesondere was Sängerinnen angeht. Danni aber ist richtig traditionell“ So hörte man von Sony. Und Danni Leigh ergänzte: „Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe, warum man mich im Radio nicht spielt. Ich würde viel darum geben, meine Songs dort zu hören.“ Möglicherweise stand ihr das an Dwight Yoakam angelegte Image im Weg. Mit Yoakam ging sie im übrigen sehr erfolgreich auf Tour. Doch so etwas reicht nicht. Sony dazu: „Dwight ist auch nicht mehr oft im Radio zu hören.
Unserer Strategie zufolge muß ein Album auf einer Hit-Single aufgebaut werden. Die Tour mit Yoakam war nicht ausschlaggebend. Man kann den ganzen Apparat, der mit einer Veröffentlichung verbunden ist, nicht nur aufgrund einer Tournee in Gang setzen. Ohne einen Single-Hit hat es keinen Sinn.“ Man trennte sich. Doch dann machten sich die Danni Leigh Fans bemerkbar, insbesondere über E-mail und Internet-Anfragen. Mit Erfolg, denn diese Nachfrage verhinderte, daß Leigh’s Album im Archiv versauerte. Leigh und Managerin Biddy waren derweil nicht untätig. Inzwischen ist Danni Leigh bei Audium unter Vertrag und befindet sich dort immerhin in Gesellschaft von Loretta Lynn, den Tractors und den Kentucky HeadHunters. Das zu Koch International gehörende Label geht andere als die üblichen Vermarktungswege und setzt dabei vermehrt auf die neuen Medien, weniger auf herkömmliche Plattenläden. Dort will man bis Herbst ein „richtiges Danni Leigh Album“ produzieren. „Kreative Freiheit, Integrität und Individualität sind keine Fremdworte bei Audium“, freut sich Danni Leigh. „Es gibt heute ganz andere Wege, die Musik unter die Leute zu bringen, die wollen wir nutzen. Aber auch die traditionellen Schienen, nämlich das Touren und der direkte persönliche Kontakt mit den Leuten.“ Gut vorstellbar, das Danni Leigh dann auch in Germany aufkreuzen könnte.
Mit ihren 31 Jahren, dem langen blonden Haar, das unter dem Cowboyhut hervorquellt ist Danni Leigh auch äußerlich ein Blickfang. Ihre Heimat heißt Strasburg, Virginia. Gleich um die Ecke liegt Winchester, von wo aus Patsy Cline ihre Karriere startete. Danni Leigh: „Dort haben wir den Patsy Cline Day gefeiert. Ich habe sogar mal dabei singen dürfen. Patsy war eine fantastische Sängerin. Als Kind entwickelte ich meinen eigenen Charakter, doch haben viele Leute, die Patsy kannten, mich mit ihr verglichen. Wegen meiner Persönlichkeit. Patsy war rebellisch, sprach ihre Meinung offen raus. Ich war als Jugendlicher auch so“ Schon im Kindergarten fiel sie durch ihren kräftigen Gesang auf. Und eines Tages sagte sie ihrer Mutter, sie wolle und werde Sängerin werden. Irgendwie lief danach alles auch darauf hinaus. Manchmal ist es erstaunlich, wie fest sich bei einem Kind bereits ein Lebensziel manifestiert. Danni Leigh jedenfalls tat alles für ihr Ziel.
Mit 19 orientierte sie sich nach Orlando in der Absicht, bei Disney World als Sängerin unterzukommen. Doch sehr bald zerplatzte diese Hoffnung und sie mußte von der Hand in den Mund leben. Als Hilfskraft beim Bungeespringen konnte man sie sogar antreffen. Aber abends sang sie in Bars und Restaurants und war zeitweise Backup-Sängerin der Rock Band „Foreigner“. Immerhin sammelte sie reichlich Erfahrung in Sachen Gesang. 1974 tauchte Danni Leigh schließlich in Nashville auf – wieder blieben ihr nur Gelegenheitsjobs. Beispielsweise versorgte sie die Haustiere von Tom T. Hall. Im berühmten Bluebird Cafe arbeitete sie als Kellnerin und lernte dort Michael Knox kennen, einen wichtigen Mann bei Warner Chapell. Der verschaffte ihr einen Vertrag mit dem Musikverlag, als Sängerin kam sie bei Decca unter.
Es entstand das bereits erwähnte Album „29 Nights“, auf das Danni Leigh mit Recht stolz ist. „Wir haben genau die Country Music produziert, mit der ich aufgewachsen bin, die ich im Blut habe.“ Ein durchschlagender Erfolg wurde das Album dennoch nicht – wie eingangs schon berichtet. Es folgte die Episode bei Monument (Sony), wo sie mit dem Album dort wieder ein Stück von sich einbrachte und zurück ließ. Das ist schon frustrierend aber keineswegs entmutigend. Danni Leigh sucht weiter ihre Chance, an die sie fest glaubt. „Wenn wir live unterwegs sind, dann erlebe ich immer wieder, wie sehr die Leute meine Musik mögen, zu der sie tanzen können, der man aber auch einfach nur zuhören kann.“. Danni Leigh ist ständig im Vorwärtsgang, egal ob in ihrem Cabrio, auf dem Motorrad oder mit ihrer Musik. Ihr Talent wird sich durchsetzen, man wird von Danni Leigh noch eine ganze Menge hören und hoffentlich auch sehen. Gut aussehender Wirbelwind, einfühlsame Poetin und nicht in ein Schema zu zwingende Rebellin – all das hat einen Namen: Danni Leigh!