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Lucky Seven: Zweitägiges Bühler Bluegrass Festival

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Erstmals in der Geschichte des Internationalen Bühler Bluegrass Festivals fand am 01. und 02. Mai 2009 die Veranstaltung zweitägig statt. Angesichts der hochkarätigen Künstler und des zahlreich erschienenen Publikums darf die Ausdehnung auf zwei Tage als voller Erfolg gewertet werden. Für die Jahre 2010 und 2011 stehen bereits die Daten fest.

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Es war schon lange Wunsch von Oberbürgermeister Hans Striebel, das Bluegrass Festival in seiner Stadt auf zwei Tage auszudehnen. Nachdem dieses Jahr der Freitag vor dem klassischen Festivalsamstag ein Feiertag war, lag es nahe, jetzt das Festival auf zwei Tage auszulegen. Mit 460 Gästen am Freitag, den 01. Mai 2009 und einem nahezu ausverkauften Samstag wurden die Veranstalter in ihrer Entscheidung bestätigt.

Wayne HendersonOrganisator Walter Fuchs eröffnete am Freitag pünktlich um 19 Uhr das Festival mit Helen White und Wayne Henderson aus dem Südwesten des US-Bundesstaats Virginia. Wayne Henderson hat Gitarre, Mandoline und Fiddle selbst gebaut und erwies sich als exzellenter Flatpicker im Stil von Doc Watson, was sich nicht nur im Medley aus Elizabeth Cottons „Freight Train“ und Maybelle Carters „Cannonball Blues“ zeigte. Old Time und Swing, „Bye Bye Blues“, waren als Einflüsse auszumachen und Helen White spielte eine ausgezeichnete Old Time Fiddle. Auch gesanglich konnte sie überzeugen. Hinzu kam ihre im positiven Sinne bescheidene Ausstrahlung, ihnen würde man jederzeit gerne vertrauensvoll einen Besuch in den Appalachen abstatten wollen.

Den zweiten Set bestritten die Looping Brothers, drei der vier Musiker der Formation Groundspeed, die in der Band den Platz für den längerfristig erkrankten Edwin Herkert freihalten und daher unter dem alternativen Namen auftreten. Ulli Sieker an der Mandoline, Matthias Malcher an der Gitarre und Bernd Nollenberger am Kontrabass stellten sich ohne treibendes Banjo eher song-orientiert vor. Ulli sang z.B. „I Still Miss Someone“, die Mandoline stets als dominierendes, wenngleich filigran eingesetztes Instrument. Der dritte Set war das Quintett aus den Looping Brothers, verstärkt durch Helen White und Wayne Henderson. Hier war im Quintett stilechter Bluegrass geboten, Matthias hatte auf das Banjo gewechselt. Nachdem man in den USA bereits in dieser Besetzung gemeinsam getourt war, konnte hier nichts anbrennen. Viel Drive gleich bei „Down Yonder“, die aus der gleichen Gegend stammende Carter Family immer als geistige Eltern präsent, „Gold Watch And Chain“. Wayne Henderson hatte 1995 den National Heritage Award erhalten, die höchste Auszeichnung des Staates für die Erhaltung kulturellen Erbes. „Are You Tired Of Me My Darling“ stammte sogar aus der Feder von A.P. Carter, der im Übrigen häufig alte Melodien bzw. alte Texte gesammelt und lediglich bearbeitet hatte. Das entsprechende Lied entstand in der Zeit, als seine Ehe auseinanderbrach. Ulli setzte ein Highlight, als er „Long Gone Lonesome Blues“ sang.

Mit dem vierten Set ging es musikalisch in eine völlig andere Richtung, wenngleich die Old Time Music und der Bluegrass die Wurzeln der Musik von Crooked Still aus Boston, Massachusetts bilden. Die Band ist in den USA mit ihren drei CD’s und auf allen Bühnen sehr angesagt, dennoch schieden sich an ihrer Musik etwas die Geister. Das gestrichene Violincello ist dem Bluegrass fremd und erschwerte aufgrund seiner Dominanz erheblich den Zugang zur Musik. Äußerst virtuos zeigte sich Gregory Liszt am Banjo, promovierter Molekularbiologe, der aber viel lieber das Banjo spielt, als im Labor zu versauern. Mit den „Seeger Sessions“ von Bruce Springsteen hat er sich bereits weltweit einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet. Ihr erster Auftritt in Deutschland führte sie mithin auf eine „New Railroad“, die Rock-Einflüsse der Musiker wurden sodann immer deutlicher. Bei „Oh The Wind And Rain“ durfte das Publikum mitsingen, wenngleich eine gar finstere Geschichte erzählt wird von einer Frau, die ihre jüngere Schwester in den Fluss wirft, weil der von ihr geliebte Mann diese bevorzugt. Ein Geigenbauer zieht die Leiche aus dem Wasser und fertigt aus den Knochen der jungen Frau eine Fiddle, den Bogen bespannt er mit ihren Haaren. Und das Instrument spielt nur das eine Lied, Oh the wind and rain …

Der zweite Set von Crooked Still beendete den Abend, Gillian Welch bei „Orphan Girl“ als Autorin kommt immer gut und so gab es am Ende überraschend „Standing Ovations“.

Das herrlich warme und sonnige Maiwetter lockte am Samstag viele Menschen in die Fußgängerzone von Bühl, wo Nugget aus Wien für 30 Minuten und Laurie Lewis & The Right Hands aus San Francisco 45 Minuten lang mit Bluegrass bestens unterhielten. Die von den Cafés bereitgestellten Stühle waren voll besetzt. Erste Sahne, wie Nugget ab 14 Uhr im Bürgerhaus sodann ihren Bluegrass z.T. mit etwas Swing versetzten, wunderbare Instrumentenbeherrschung, nicht nur bei Bandleader Helmut Mitteregger an der Mandoline, sondern insbesondere auch bei Gitarrist Jakub Racek aus Prag, der mit „Monogram“ eine eigene hervorragende Bluegrass Band leitet, die bereits auf Einladung der IBMA in Nashville gespielt hat. Herausragend auch der dreistimmige Satzgesang von Katarina und Helmut Mitteregger mit Jakub Racek. Zu Recht hatte das Publikum jahrelang gefordert, diese Band erneut nach Bühl zu holen, absolutes Top-Highlight und die Moderationen von Helmut waren einfach köstlich. Die Zuschauer waren begeistert.

Laurie LewisLaurie Lewis & The Right Hands konnten, trotz überraschender Umbesetzung an zwei Positionen, das Niveau fortsetzen. Laurie gilt als die Mutter aller Bluegrass-Sängerinnen, da sie schon in den 70er Jahren bedeutende musikalische Schritte unternommen hatte, zu einer Zeit, als Frauen im Country bereits eine größere Rolle als in allen anderen Genres gespielt hatten. Im Bluegrass im Spezifischen jedoch kaum über die Position der Bassistin hinausgegangen waren. Tom Rozum (Mandoline) ist seit vielen Jahren ihr Partner im Leben und in der Musik. Ihre musikalische Reise ging u.a. über „Alaska“ nach Schottland, von wo eine alte Melodie stammt, zu der Jim Ringer einen Text mit dem Titel „Tramps & Hawkers“ verfasste.

Randy Waller & The Country Gentlemen setzten den Nachmittag fort, Vater Charlie Waller hatte zwei Jahre vor Randy’s Geburt 1957 die Band gegründet. Viele Größen hatten die Formation durchlaufen, an der Faszination Country Gentlemen hat sich wenig geändert, zumal der Sohn vom Vater die Stimme zu 99% geerbt hat. „Fox On The Run“, vierstimmiger Satzgesang, was will man mehr. Steve Young’s „Travelling Kind“ war seit Jahrzehnten ein Highlight der Country Gents, ebenso „Matterhorn“ bei dem Eddie Adcock im Studio das Banjo gespielt hatte. Bei so viel gesanglichem Können wurde „Teach Your Children“ von Crosby, Stills, Nash & Young zum Favoriten und insgesamt der Auftritt der Band zum absoluten Hörvergnügen.

Wenn Bluegrass glücklich macht, dann macht hawaiianische Musik erst recht und um so mehr glücklich und spart sogar den Besuch beim Arzt, das versprach Walter Fuchs im Hinblick auf The Moonlighters aus New York City. Obwohl oder weil Miss Bliss Blood und auch Cindy Ball aus Texas stammen, sieht die Band ihre Aufgabe darin, die gestressten New Yorker durch ihre Auftritte wieder ins richtige Leben zurückzuholen. Gut, dass die das für ein paar Wochen alleine geschafft hatten und die Moonlighters auf Europatournee gehen konnten, wenngleich nicht der Bluegrass, sondern der Jazz der 20-er Jahre des 20. Jahrhunderts die Basis ihrer Musik darstellt. „Texarkana Bound“ und das Lied vom ICE „Special Cannonball“ brachten die Sache wunderbar in Fahrt, die zärtlichen Klänge kamen aber genauso virtuos herüber, einfach himmlische Musik mit Schönheit und viel Herz. Mark Deffenbaugh an der Hawaiian Steel Guitar setzte dies alles gefühlvoll und wo zutreffend energisch in Szene. Das Publikum hörte gerne aufmerksam zu. Die konzertante Atmosphäre, der kompetente Sound, von Bernd Neuberger und Gerd Wienrank von der Country Band „The Dixie Wheels“ gesteuert und auch die straffe und passende Organisation des Festivals mit kurzen Umbaupausen sind sehr positiv zu erwähnen. Natürlich durfte bei den Moonlighters das Medley aus dem Film „Der Blaue Engel“ mit Emil Jannings und Marlene Dietrich nicht fehlen, ebenso „Abandoned Blues“, in dem ein Mann, eine Frau und ein Zug mitspielen, einer der drei aber auf der Strecke bleiben muss. Köstlich auch „Dreamland“: früher konnten die weniger betuchten New Yorker am Strand in Coney Island tanzen und sich verlieben, heute ist es dort nicht mehr so traumhaft.

Mit diesen guten Schwingungen beseelt wurde das Publikum glücklich in die große Pause entlassen, Gelegenheit, den CD-Stand von Hillbillie Guesthouse zu besuchen oder die Jam Session vor dem Bürgerhaus zu bewundern, eine Latte Macchiato zu genießen oder Essen zu gehen. Für die Abendunterhaltung ab 19 Uhr wurden Empore und zusätzlicher Saal eröffnet und auch gut besetzt. Nugget, die ohnehin schon unschlagbar waren, hatten sich ihre besten Stücke als „Zuckerl“ für den zweiten Set aufgehoben und Laurie Lewis & The Right Hands setzten „Who Will Watch The Homeplace“ ohne Anlage und unter Einbeziehung des Publikums in Szene. Das Lied war 1994 von der IBMA als bester Song des Jahres ausgezeichnet worden.

Randy WallerRandy Waller & The Country Gentlemen überzeugten auf Wunsch eines aus Berlin angereisten Fans mit „Bringing Mary Home“, einem Lied aus dem alten Repertoire der Band. „When They Ring Those Golden Bells“ hatte Charlie Waller 1983 auf der Country-Gentlemen-LP „Good As Gold“ herausgebracht. Das bedeutet nicht, dass Randy Waller auf eigene Akzente verzichten müsste, insbesondere auf der Gitarre brachte er etliche Effekte rein, die zwar nicht immer Bluegrass waren, aber dennoch wirkungsvoll. Das gilt auch für „The House Of The Rising Sun“, das die Band in Vollendung in Szene setzen kann. Mit der herrlichen Musik der Moonlighters ging das Festival in seine letzte Runde, Western Swing, sogar Ragtime beim „Racetrack Papa“, hier war Vielseitigkeit in den Nuancen gefragt. Nur einer kann gewinnen, die Liebe oder das Spiel. Der Tango „Dirt Road Life“ führte ins ärmliche Mexiko. Die Einführungen von Bliss Blood waren gar köstlich, „Every Little Raindrop“ fasste sie so zusammen: In New York hat man kein Auto. Wenn jemand jemanden verlässt, muss er im Regen zur U-Bahn laufen und sie wünscht sich vielleicht mit jedem Regentropfen, dass er zurückkommt. Der Moonshine war Thema bei „Mississippi“ und ein Finale aller Musiker vom Samstag schloss das großartige Festival des Jahres 2009 würdig ab. „Mama Don’t Allow No Music Playing Around Here“, in Bühl wird sie dennoch gespielt und das wird auch so bleiben.

Am 14./15. Mai 2010 und 13./14. Mai 2011 finden die nächsten Festivals statt, dann steht 2012 schon die Ausgabe Nummer 10 an. Für 2010 sind der legendäre amerikanische Singer-Songwriter James Talley und Four Wheel Drive aus Holland schon fest eingeplant, die weiteren Bands werden frühzeitig ebenfalls bekannt gegeben.

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