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Dick Damron: Noch immer „Countryfiziert“

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„Still Countryfied“ – das ist nicht nur Titel eines von ihm geschriebenen Hits und Titelsong eines Albums, es ist eindeutig auch das Lebensmotto dieser kanadischen Ikone. Dick Damron ist seit Jahrzehnten im Geschäft. Ein Künstler, der nie irgendwelchen Trends folgte sondern stets nur „sein Ding“ machte, wie man so schön sagt. Manche bezeichnen ihn als Outlaw, man nennt ihn auch einen Eigenbrötler, für mich war und ist er ein Einzelkämpfer von Format.

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Inzwischen 76 Jahre alt ist Dick Damron zwar weiterhin aktiv, denn der Virus, der ihn irgendwann „countryfizierte“, lässt ihn nicht los – er will auch gar nicht davon loskommen. Stattdessen zieht er sich vor allem im Winterhalbjahr zunehmend in seinen zweiten Wohnsitz zurück nach Mazatlan in Mexico. Dort genießt er das bessere Klima als er es im heimatlichen Bentley, Alberta antreffen würde. In Mazatlan schreibt er weiter seine Songs, von denen er jede Menge selbst aufgenommen hat, die aber jederzeit und immer wieder von anderen Künstlern übernommen werden. Sollte es Jemand mal bis nach Mazatlan schaffen, Dick Damron tritt im Winter jeden Mittwoch im „Purple Onion“ auf. Und für dieses Jahr hat Damron sogar ein neues Album versprochen, das er mit eigenen Songs in Nashville aufnehmen will.

Dick DamronWie sehr er inzwischen in Mazatlan, nördlich von Guadalajara und unweit des Pazifiks gelegen, verwurzelt ist, lässt er immer wieder in seine Songs einfließen. 1976 kam er dorthin, erkannte, dies war genau der Ort, an dem er der Realität enfliehen konnte, die das Music Business für einen Selfmade-Entertainer so stressig machen können.

„In Mazatlan verringert sich das Tempo, dort bekommen die Dinge des Lebens andere Dimensionen, dort kann ich mich sammeln und neue Energie auftanken. Das ist mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Komm mich mal einige Wochen dort besuchen, du wirst es mir bestätigen.“

Die erste Begegnung mit Dick Damron liegt viele Jahre zurück. Damals hatte ich viel über ihn aber nur wenig von ihm gehört. In Europa gehörte er zu den gern gesehenen Country-Künstlern, also gastierte er regelmäßig auf dem alten Kontinent, vor allem in den Niderlanden, in Belgien und im Vereinigten Königreich – in Großbritannien.

Allein die Tatsache, dass man ihn immer wieder gern verpflichtete, war Indiz dafür, dass er nicht nur eine erstaunliche Fan-Gemeinde hinter sich wusste sondern auch dafür, dass er sich nicht zu schade war, bei kleinen Festivals, in Kneipen und Clubs seine Musik zu präsentieren. Diese Einstellung hat sich bis heute nicht geändert. Damron ist in mancherlei Hinsicht anders. Er hat seine Prinzipien und pflegt ein offenes Wort. Nicht immer ist er damit gut angekommen, so manche Beule hat er sich geholt – geändert hat er sich dennoch nicht. Mit dem, was er erreicht hat, kann er leben – wie er sagt. Viel falsch gemacht haben kann Damron also nicht.

Insbesondere in den 70er und 80er Jahren habe ich Dick Damron regelmäßig getroffen. Er ist ein völlig unproblematischer, offener Zeitgenosse, mit dem sich locker über alle möglichen Themen reden lässt, nur über sich selbst redet er nicht besonders gern. Klein, stämmig, durch seinen großen Hut, den dichten Bart und die wirren, langen Haare ziemlich wild aussehend aber ausgestattet mit viel Humor schien er alles im Griff zu haben – aber der Bühne und auch sonst. Von Alberta aus hat ihn seine Musik um die halbe Welt gebracht.

Geboren wurde Dick (eigentlich Joseph) am 22. März 1934 im schon genannten Bentley. Als Jugendlichem schon war ihm klar, dass er sich der Musik zuwenden würde, denn die Musik war fester Bestandteil im Elternhaus. Immerhin war seine Mutter Musiklehrerin. Also schloss er sich diversen Rock und Country Bands an. Früh erkannte er, dass er sich selbst würde helfen müssen, wenn er weiter kommen wollte und man sein Talent nicht erkannte. Damron startete sein eigenes Label Holiday Records und veröffentlichte dort 1960 sein erstes Album. Zehn Jahre dauerte es, dann endlich gelang ihm mit „Countryfied“ sein erster richtiger Hit. (Wurde dann von George Hamilton IV übernommen, der ebenfalls einen Hit damit hatte). Und der überstrahlt vor allem von seiner Aussage her seitdem seine gesamte Karriere. Die bescherte ihm weitere Hits wie „Rise And Shine“, „Mother Love And Country“, „Susan Flowers“ und ab 1978 bei RCA Canada mit „Silver And Shine“, „Whiskey Jack“, „Honky Tonk Angels And Good Ol´ Boys“ oder „Good Ol´ Time Country Rock´n Roll“. Diese Titel allein schon weisen ihn als Querdenker aus. Sein Repertoire aus eigenen Songs ist so reichhaltig, dass er locker damit einen zweistündigen Auftritt bestreiten kann. Gewöhnlich aber lockert er den mit wohl ausgesuchten anderen Songs auf. Spontanität ist ihm bei Live Gigs sehr wichtig, ein festes Programm hat er nicht, also muss sich die Begleitband darauf einstellen und allzeit bereit sein. Damron hat sich stets die eigene Identität bewahrt und beweist immer wieder, dass man auch ohne „Rocky Top“, „Dixie“, den „Orange Blossom Special“ oder die allgegenwärtigen „Country Roads“ ein Publikum unterhalten kann.

„A Little More Country“ heißt einer von Damron´s Songs, der seine Einstellung klar umreißt. Im Lied geht es um die wohlmeinenden Ratgeber, die immer zur Stelle sind, wenn man sie nicht braucht. Da heißt es u.a.: „Ich traf einen Mann in Vegas, der einen Star aus mir machen wollte. Er sagte, er wolle mein Haar schneiden, mir ein buntes Kostüm verpassen und dazu eine große alte Gitarre.“

Damron entschied sich für einen anderen Weg. Auf dem hatte man ihm wiederholt prophezeit, er werde damit im Music Business nie überleben. Der gute Dick Damron lebt immer noch und das von seiner Musik und auch noch ganz gut. Überleben, gerade das hat Damron mit seinem Drang nach Unabhängigkeit in über 50 Jahren im Business gelernt. Ausgerechnet in Las Vegas war er eine ganze Weile eine feste Größe in den 80er Jahren. Mag sein, dass er wegen seiner konsequenten Weigerung, sich von Irgendjemandem zum Star machen zu lassen, nie einem wirklich breiten Publikum ein Begriff wurde, dafür hat er sich seine musikalische Freiheit behalten – was er als den größten Erfolg seiner Karriere bezeichnet. Sagte er mir schon Anfang der 80er Jahre: „Der wichtigste Aspekt in der Country Music ist für mich der menschliche. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Leute einfach kommen, um mich als Dick Damron zu sehen, nicht als Sänger oder Songschreiber. Das ist mir wichtig.“

Er und seine Songs sind eine Einheit, das macht ihn so kraftvoll und ehrlich. Auf ganz einfache Weise kann er seine Enttäuschung aber auch seine Freude in einem Song mit anderen teilen. Ein handfestes Beispiel dafür ist „Jesus It´s Me Again“ – eigentlich ein privates Gebet, manchmal fast geflüstert. Das ist echt. Derart feinfühlige Momente traut man einem Mann gar nicht zu, der die beinharten wochenlangen Tourneen durch Bars und Clubs wegsteckt. Er sagt: „Man versucht, etwas für andere Leute niederzuschreiben. Wenn dann jemand in England oder Deutschland zu einem kommt und gesteht, dass meine Songs auch in ihr Leben passen, dann fühlt man, dass man was gewonnen hat.“

In seiner Heimat Kanada ist er längst eine Legende und mit zahlreichen wichtigen Auszeichnungen bedacht worden. Er hat es weit gebracht mit seiner Musik. Natürlich stand er auf der Bühne der Grand Ole Opry in Nashville, natürlich war er beim legendären Wembley Festival in London vertreten usw usw. Weit mehr als 20 Alben sind von ihm im Laufe der Jahre veröffentlicht worden – leider gibt es nicht mehr viele davon im Handel. Seine frühen Alben gelten als gesuchte Sammlerstücke.

Weniger bekannt ist, dass Dick Damron ein ausgezeichneter Instrumentalist ist, zumindest auf zwei Alben kann man sich davon überzeugen, wie gut er mit einer Gitarre umzugehen versteht. Während „Mirage“ einfühlsame, romantische Gitarren-Weisen enthält, zeigte sich Damron Jahre zuvor von einer anderen Seite. Zusammen mit dem fiddelnden Landsmann Roy Warhurst nahm er zwölf Instrumentals auf, bei denen Damron auch 5 String Banjo und Blues Harp spielte.

Im Januar 2010 habe ich mich wieder einmal telefonisch mit Dick Damron unterhalten. Natürlich saß er in Mazatlan am Telefon und schwärmte immer noch davon, wie schön es dort sei und wie gern er sich dort aufhält. Kein Wunder, im Norden Mexicos ist er inzwischen beinahe so bekannt wie in Kanada.

Ein mexikanischer Sender nahm vor über 20 Jahren einige von Damron´s Originalsongs auf, dazu spielte er etliche spanisch eingefärbte Melodien auf seiner Gitarre. Das kam so gut an, dass man die komplette Show oder Teile daraus den ganzen Sommer über wiederholte. Es ist schon ein eindrucksvolles Szenario, wenn vor dem untergehenden Feuerball der Abendsonne jemand als Silhouette am Strand sitzt und den einsamen Klang seiner Gut String Guitar über die Wellen rollen lässt …

Ach ja, heute ist Dick Damron über den Zeitpunkt längst hinaus, bis zu dem man in einer Künstlerkarriere Kompromisse eingehen sollte, um weiter zu kommen. Ungemein entspannt macht er mehr denn je Musik wie er sie gerade fühlt. Dabei macht er gern Anleihen abseits der traditionellen Country Music. Mit viel Vergnügen spielt er für sich und seine Freunde mal was Jazziges, auch der Flamenco ist ihm nicht fremd. Nicht selten endet eine solche Privatvorstellung auch im Blues.

Seine Erfahrungen hat Damron übrigens auch in drei Büchern verarbeitet. Am bekanntesten geworden ist davon „The Legend And The Legacy“, das nach einem seiner Erfolgs-Songs benannt wurde.

Im Oktober 2009 wurde er im Rahmen einer großen Tribute Show in Calgary geehrt, bei der alles vertreten war, was in der kanadischen Country Music Rang und Namen hat.

Mag sein, dass Dick Damron nicht ins herkömmliche Bild des Countrymusikers passt, dass seine Lebensphilosophie, in die er den Beruf voll einbezieht, ihn nie zu einem großen Star werden ließ, er wird aber immer ein Künstler bleiben, der seine Zuhörerschaft behält. Solange er es gesundheitlich kann, wird Damron weiter Songs schreiben, immer wieder vor ein Publikum treten und das anbieten, was er sein Leben lang tut: gute, handgemachte, ehrliche Country Music.

  • Countryfied
  • Soldier Of Fortune
  • The Cowboy And The Lady
  • A Thousand Songs of Glory
  • Lost In the Music
  • Honky Tonk Angel
  • Last Dance On Saturday Night
  • Sick Damron
  • Night Music
  • The Legend And The Legacy
  • Wings Upon The Wind
  • Mirage – The Guitar Collection
  • Rockabilly Blues
  • Still Countryfied
  • Saturday Sessions 1961 & 1963
  • The Big Picture
  • Dick Damron & Roy Warhurst: „Northwest Rebellion
 
Still Countrified
Titel: Still Countrified
Künstler: Dick Damron
Veröffentlichungstermin: 8. April 2009
Label: CDBY
Format: CD

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Info: Großartige Song-Zusammenstellung des kanadischen Musikers!

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