Dierks Bentley: Riser
Was haben U2 und Country gemeinsam? Nachdem Leadsänger Bono schon länger deutliche Sympathien für die in seinem Heimatland populäre Musikrichtung nachgesagt werden, ist Countrystar Dierks Bentley auf seinem neuen Album Riser eine interessante musikalische Annäherung gelungen. „Bono liebt Country. Er war mit Johnny Cash befreundet und wollte wissen, wie man das Country-Publikum musikalisch erreichen kann“, berichtet Bentley von einem Chat mit dem irischen Superstar.
„Es wäre großartig, ihn dem Countrypublikum näher zu bringen. Je mehr du über ihn weisst, desto stärker spürst du, was für ein großartiger Mensch er ist.“ Auf „Riser“ hat Dierks Bentley sehr viel von der U2-typischen, harmonischen Soundmelancholie übernommen, die die perfekte Ausdrucksform für die aktuellen persönlichen Lebensumstände des Mannes aus Arizona bietet. Dahinter steckt eine besondere Entstehungsgeschichte.
Die Veröffentlichung von „Riser“ war ursprünglich für Mitte letzten Jahres vorgesehen. „Bourbon In Kentucky“, eine dunkel-melancholische Story über die Verarbeitung einer zerbrochenen Liebe wurde als Leadsingle gewählt und vom partytunes-dominierten Countryradio kurzerhand aussortiert. „Ich habe keine Angst, Dinge auszuprobieren“, erklärt Dierks Bentley das charttechnische Scheitern dieser großartigen Ballade. „Es ist ein Song, zu dem ich stehe und der die Veröffentlichung des Albums letztlich um vier weitere Monate verschoben hat.“ Während dieser Zeit durfte der sympathische Blondschopf nach dem Tod seines Vaters auch die Geburt seines Sohnes emotional vertonen. Diese tiefschürfenden privaten Erlebnisse machen „Riser“ in seiner überarbeiteten Fassung nach Bentleys eigener Aussage zu seinem persönlichsten Album.
So ist es keine Überraschung, dass der auf der Leadsingle durchscheinende Melancholie-Style die Grundstimmung des 12-Teilers ausmacht. Exzellentes Songwriting und eine leidenschaftliche Gesangsdarbietung bilden das Fundament dieses Albums, das mit keiner der jüngsten New-Countryveröffentlichungen zu vergleichen ist. Die Folgesingle „I Hold On“ hat aktuell mit Rang 8 in den Radiocharts auch den kommerziellen Erfolg sichergestellt, der „Riser“ wie auch das Vorgängeralbum „Home“ zu einem Publikumserfolg machen dürfte. Der bereits angesprochene U2-Style tritt mit einem The-Edge-ähnlichen Gitarrensound speziell in der ersten Albumhälfte in den Vordergrund und findet auf dem lyrisch-meditativen „Here On Earth“ seine Vollendung. Dieses Songstatement, mit dem Bentley den Verlust seines Vaters musikalisch verarbeitet hat, wurde durch Bono höchst persönlich mit einem positiven Feedback gewürdigt. Auch der Titelsong schlägt in eine ähnliche Kerbe und präsentiert ein intensives Bekenntnis eines Künstlers der als „Stehaufmännchen“ und Beschützer der Familie seinen Mann steht.
Doch der Familienvater aus Tempe, Arizona, hat seine Unbeschwertheit und Lebensfreude nicht vollständig den emotionalen Statements geopfert. „Say You Do“ ist ein sexy-tune im besten Kenny-Chesney-Style (you’re in my head, steal my t-shirt, wreck my bed), während „Sounds Of Summer“ wie ein musikalischer Zwilling von Jake Owens „Life Of The Party“ wirkt. Apropos Party: Es gibt sie auch, die niveauvollen Sauflieder. „Drunk On A Plane“, aus der Feder der Hitproduzenten Chris Tompkins und Josh Kear, ist ein fetziger Ohrwurm, der sich als nächste Radiosingle förmlich aufdrängt und obendrein textlich deutlich oberhalb der Grasnarbe liegt.
Erst ab Song Nr. 10 werden die dichten Arenasounds von reduzierten, countrybasierten Klängen abgelöst. „Damn These Dreams“ ist eine wohldosierte Ballade, in der die Sehnsüchte des tourenden Familienvaters aufgearbeitet werden, während „Back Porch“ als schmucker Upbeat die Freunde von „Sideways“ und „Am I The Only One“ einfangen dürfte. Nach 46 Minuten intensiver Songperformance bleibt anerkennend festzuhalten: Dierks Bentley verzichtet mit dem in „Riser“ angelegten Persönlichkeitsprofil darauf, oberflächlichen Partyspaß abzuliefern und sollte mit Hilfe des arenatauglichen Modern-Countrysounds auch ein größeres Livepublikum für sich gewinnen können.
Fazit: Mehr als einmal gelingt es Dierks Bentley auf seinem 7. Studioalbum „Riser“, die ihm ureigene Modern-Countrystilistik mit dem erfolgsverwöhnten U2-Arenasound zu verknüpfen. Der Mann aus Arizona bleibt einer der profiliertesten Interpreten der Szene und hält die Hoffnung auf eine spektakuläre Zusammenarbeit mit den irischen Megastars weiterhin aufrecht. „Bourbon In Kentucky“, „Here On Earth“ und „Drunk On A Plane“ sind die markantesten Tracks, mit denen „Dierks“ auch jenseits der Belange des Countryradios positive Werbung für seinen Musikstil verbreitet.
Künstler / Albumtitel: Dierks Bentley – Riser
Format / Label / Veröffentlicht: CD & Digital (Capitol, Universal, 2014)
Trackliste:
01. Bourbon In Kentucky
02. Say You Do
03. I Hold On
04. Pretty Girls
05. Here On Earth
06. Drunk On A Plane
07. Five
08. Riser
09. Sounds Of Summer
10. Damn These Dreams
11. Back Porch
12. Hurt Somebody