Chase Rice: Ignite The Night
Die Entwicklung des Bro-Country-Trends ist zu einem nicht unerheblichen Teil mit dem Namen Chase Rice verbunden. Durch seine kreative Mitarbeit wurde im Jahr 2012 der siebenfache Platinseller „Cruise“ aus der Taufe gehoben, der seine Interpreten Florida Georgia Line quasi über Nacht zu New-Country-Superstars gemacht hat. Zu dem Zeitpunkt hatte sich der damals 25-Jährige aus Asheville in North Carolina mit dem Album „Dirt Road Communion“ als vielversprechender Interpret und kommender Szeneact in Position gebracht.
Doch während die FGL-Guys Tyler Hubbard und Brian Kelley mit einer Serie weiterer Nr.1-Hits durchstarteten, wurde Rice’s Debütalbum trotz einer trendigen Kombination aus Rock, Hip-Hop und Modern Country vom Chartradar nicht erfasst. Auch die im gleichen Jahr erschienene originelle Radiosingle „How She Rolls“ fand auf Rang 55 der Airplaycharts ihren Ausklang. Mit dem aktuellen Album „Ignite The Night“ sollte nun die Zeit reif sein, um aus dem Schatten der Luke Bryans und FGL’s herauszutreten und den nächsten Schritt in Sachen Country-Crossover vorzunehmen.
Die Voraussetzungen scheinen ideal, da Chase Rice mit Hilfe der aktuellen Single „Ready Set Roll“ nach zwei Jahren Anlauf den Szenedurchbruch als Interpret geschafft hat. Durch die Unterstützung der Starsongwriter Rhett Akins und Chris DeStefano zählt dieser Track zu den wenigen Hitsingles, die es ohne größeren Radiosupport hauptsächlich dank ihrer Downloadzahlen zum Goldstatus gebracht haben. Es ist ein klassischer „Love-It-Or-Hate-It“-Song, dem man neben einem interessanten Stilmix zumindest eine gewisse energetische Power nicht absprechen kann. Selbstredend dass das 14-teilige „Ignite The Night“ auch durch diesen Partyknaller „gezündet“ wird.
Was hat der Mann mit dem „HDEU-Ballcap“ außer den unvermeidlichen Bro-Country-Tunes noch im Angebot? Wird es die erwartete Grenzerweiterung oder gar eine Rückbesinnung in Richtung Countryroots wie sie auf der neuen FGL-Single „Dirt“ so wohltuend durchscheint? Die ernüchternde Antwort lautet: Weder noch. „Ignite The Night“ repräsentiert die niederen Instinkte eines oberflächlichen Partyalbums und wandelt auf den ausgetretenen Pfaden, die von den Bro-Country-Buddies in den vergangenen zwei Jahren zur Genüge beschritten wurden. Man sucht krampfhaft nach Neuerungen und Originalitäten, die dieses Album in irgendeiner Form erinnerungswert machen. Stattdessen findet man den hinlänglich bekannten Sing-A-Long mit zum Teil einfältigen Hooklines in Sachen Text (MMM Girl) und Melodie (Do It Like This). Titel wie „Beer With The Boys“ oder „We’re Going Out“ senden zwar Signale einer Hitsingle aus, können jedoch diesem Anspruchsniveau rein musikalisch nicht gerecht werden. Selbst ein an sich gefälliger Song wie das introvertierte „Carolina Can“ kommt ohne die Plattitüdenbilder von „jacked-up trucks with the tailgate down“ nicht aus. Gegen Ende eines aus New-Country-Gesichtspunkten eindimensionalen Machwerkes tauchen noch zwei kleine Lichtblicke auf. Das bereits erwähnte, dynamische „How She Rolls“ sowie die nachdenkliche Ballade „Jack Daniels & Jesus“ könnten als Pluspunkte vermerkt werden, wären sie nicht aus der 2012er Konserve des Vorgängeralbums wieder aufgewärmt worden.
Trotz aller Kritik aus dem Lager der (New)-Countrysympathisanten dürfte dieses Album sogar vereinzelten Zuspruch aus den Hip-Hop-nahen Fankreisen erhalten und sich in den Reigen des zwanglosen Feelgood-Materials einreihen. Wem das noch nicht reicht, der kann sich mit der Party-Edition die volle Dröhnung abholen, auf der vier weitere Songs mit Titeln wie „Party Up“ und „Best Beers Of My Life“ enthalten sind. Zurück bleibt die Ernüchterung, dass ein talentierter Songwriter und Interpret einem abgefahreren Trendzug hinterherläuft, um an den kommerziellen Erfolgen der Szenekollegen teilzuhaben.
Fazit: Mit „Ignite The Night“ könnte Chase Rice als Mitbegründer des Bro-Countrytrendes auch das erste sichtbare Zeichen für dessen Ende gesetzt haben. Während Szenestars wie Florida Georgia Line oder Blake Shelton mit ihren neuen Leadsingles den Rücksprung in Richtung Country vorbereiten, reitet der 27-Jährige aus North Carolina die abebbende Welle gnadenlos zu Ende. Die Rückbesinnung zu den Countryroots hat er ebenso verpasst wie die genreübergreifende Grenzerweiterung. Letztere wurde stattdessen fast zeitgleich von dem aus Georgia stammenden Singer-Songwriterkollegen Sam Hunt in überzeugender Manier auf dessen EP „X2C“ vollzogen.
Künstler / Albumtitel: Chase Rice – Ignite The Night
Format / Label / Veröffentlicht: CD & Digital (Dack Janiels Records 2014)
Bewertung: 2 von 5 möglichen Punkten
Trackliste:
01. Ready Set Roll
02. Do It Like This
03. Beach Town
04. MMM Girl
05. Beer With The Boys
06. Carolina Can
07. We Goin‘ Out
08. Gonna Wanna Tonight
09. Look At My Truck
10. U Turn
11. 50 Shades Of Crazy
12. What’s Your Name
13. How She Rolls
14. Jack Daniels & Jesus
15. Who