Lefty Frizzell: 90. Geburtstag einer Country-Legende
Das große Special zum 90. Geburtstag des legendären Lefty Frizzell.
„Lefty’s Gone“ sang George Strait auf seiner LP „Something Special“ im Jahr 1985 und besonders die Zeile „I tried to imitate him“ ließ aufhorchen. Denn wie viele weitere Countrysänger auch, nannte George Strait Lefty Frizzell als großes Vorbild. Auch Merle Haggard (Goodbye Lefty), Boxcar Willie (Lefty Left Us Lonely) oder Stoney Edwards und Moe Bandy (Hank And Lefty Raised My Country Soul) widmeten ihm Abschiedslieder, nachdem er 1975 mit nur 47 Jahren verstorben war. Walter Fuchs, der große deutsche Country-Spezialist, schrieb über Lefty Frizzell: „Kein anderer Countrysänger … hat posthum die Szene so nachhaltig beeinflusst und geprägt.“
Die Geschichte von Lefty Frizzell ist eine von Erfolg, von Glück, aber auch von Selbstzweifel und Depression. Williams Orville Frizzell wurde am 31. März 1928 in Corsicana in Texas geboren. Er wuchs in einem Haushalt auf, in dem Country Music gerne gehört wurde. Als kleiner Bub lernte er Gitarre zu spielen und trat schon mit elf Jahren bei lokalen Radiostationen auf und Mitte der 1940er Jahren in Bars und Clubs. Er wurde eine lokale Größe und 1950 wurde der Produzent Jim Beck auf ihn aufmerksam. Lefty erhielt einen Vertrag bei Columbia Records und nahm gleich vier seiner selbstgeschriebenen Lieder auf. Mit sensationellem Erfolg: Im Dezember 1950 standen innerhalb weniger Wochen „If You’ve Got The Money I’ve Got The Time“ und „I Love You A Thousand Ways“ an der Spitze der Country-Charts und 1951 kam es noch besser, denn mit „Always Late“ und „I Want To Be With You Always“ und vier weiteren Top Ten Hits wurde es das Jahr des Lefty Frizzell.
Doch plötzlich ging es karrieremäßig wieder bergab für ihn. 1953 und 1954 schaffte er nur je eine Top-Ten-Platzierung und ab 1955 lief gar nichts mehr. Sicher hat Lefty unter dem großen Erfolg von Elvis Presley und des Rock’n’Rolls gelitten, denn seine Art zu singen war plötzlich altmodisch. Sein Produzent Jim Beck starb 1956 und Lefty plagten unter dem Eindruck des Misserfolgs und der Enttäuschungen bald Alkoholprobleme. Nur noch vereinzelte Hits wie „The Long Black Veil“ (Nr.6, 1959) wollten ihm gelingen und der ehemalige Superstar musste 1962 für lächerliche 250 Dollar Abendgage auftreten. Sehr überraschend stand er mit „Saginaw, Michigan“ 1964 nochmal auf der Nummer 1 der Hitparade, doch in der Folge sollte er sich bis 1973 mit kleinen Hits zufrieden geben, ehe seine Plattenfirma Columbia sich endgültig von ihm trennte. Er fand dann noch bei ABC Records Unterschlupf, doch aus dieser Zeit ist nur ein Lied in Erinnerung geblieben: „I Never Go Around Mirrors“ (Nr.25, 1974), das Lefty mit Whitey Shafer schrieb und von dem mir neun Coverversionen bekannt sind, die beste von Keith Whitley, aber auch Willie Nelson, Merle Haggard, Gene Watson, Mark Chesnutt oder der jüngst verstorbene Daryl Singletary haben dieses Lied mit dem nötigen Gefühl interpretiert.
Nach 1975 tauchte Lefty Frizzell nicht mehr in den Charts auf und trotz seiner schlechten Situation kam die Nachricht von seinem Schlaganfall überraschend, an dessen Folgen Lefty am 19. Juli 1977 starb. Er hat nicht mehr erfahren, dass seine Art Country Music zu singen so stilprägend wurde. Neben erwähntem George Strait haben auch Dwight Yoakam, John Anderson, Merle Haggard, Randy Travis und David Allan Coe immer sich auf Lefty Frizzell berufen. Jahre nach seinem Tod wurde ihm dann die verdiente Anerkennung zuteil.
Vergessen wir nicht, dass Lefty zwei jüngere Brüder hat, die ebenfalls Country Music gemacht haben, bzw. noch machen. Alan Frizzell hat nur drei kleine Hits gesungen, war bekannter als zeitweiliger Gatte von Shelly West. Die wiederum hat mit David Frizzell 1981 eine Nummer 1 Hit gesungen, ein Duett, das heute als Golden Oldie gilt: „You’re The Reason God Made Oklahoma“. David Frizzell, der 13 Jahre jünger als Lefty ist, war bis 1987 regelmäßiger Gast in den Country Charts und sein witziges „I’m Gonna Hire A Wino To Decorate Our Home“ (Nr.1, 1982) war sein größter Erfolg. Und er hat seinem Bruder ebenfalls musikalisch nachgetrauert, so in „We Won’t Be Hearing ‚Always Late‘ Anymore“. Noch deutlicher wird Davids Verehrung für den großen Bruder im Lied „Lefty’s Star Will Always Shine“, das er mit „a little brighter than mine“ ergänzt.
Einen guten Überblick über die Songs von Lefty Frizzell vermittelt die bei Columbia Legacy veröffentlichte Doppel-CD Look What Thoughts Will Do, auf der 34 der bekanntesten Lefty-Frizzell-Hits zu finden sind.