Maren Morris: GIRL
Maren Morris hat mit "GIRL" ein weichgespültes Pop-Mainstream-Album am Start, welches nicht wirklich zu überzeugen vermag.
Als ich vor drei Jahren die Debüt-CD „Hero“ von Maren Morris besprach, war ich voll des Lobes für eine witzige, originelle und musikalisch gelungene Zusammenstellung. Maren Morris‘ Karriere hat seither einen enormen Aufschwung genommen. Sie wurde bei den CMA Awards als beste Newcomerin ausgezeichnet und nachdem sie mit Zedd und Gray „The Middle“ aufnahm, war sie auch in den Pop-Charts weltweit vertreten. Nun ist ihr zweites Album erschienen, das den kurzen und prägnanten Titel GIRL in Großbuchstaben trägt. Auf dem Cover liegt sie knapp bekleidet in einem Blumenbeet, und zumindest dieses Foto kann schon mal gefallen.
Aber wie steht es nun um die Musik? Maren Morris ist eine engagierte Songschreiberin. Alle 14 Titel hat sie in Zusammenarbeit mit renommierten Kolleginnen und Kollegen geschrieben. Die Themen kreisen – wie schon bei „Hero“ um die Beziehungen zwischen den Menschen und den Geschlechtern, und verständlicher Weise aus der Perspektive der Frau. Soweit alles ok, aber jetzt stellt sich für mich eine Frage: sie sieht als Country-Star, ihre Musik wird diesem Anspruch nicht gerecht. Der Titelsong, der es in den Charts schon recht weit gebracht hat, lebt von seiner Botschaft, dass sich das weibliche Geschlecht auf seine Stärke besinnen soll und „The Feels“ wird mit einem gefälligen Gitarrenspiel eingeleitet und Morris besingt die angenehme Wirkung ihres Mannes.
Doch mit wenigen Ausnahmen sind die Songs überproduziert, mit Klangeffekten und elektronischen Verstärkungen, Echoanordnungen und teilweise endlosen Wiederholungen des Refrains: Beispiel gefällig? Ihr stimmlich durchaus anspruchsvolles Duett mit Brandi Carlile verliert völlig an Wirkung. Bei „Flavor“ wird technisch so eingegriffen, dass ihre Stimme ihre Individualität zu verlieren scheint, was bei mehreren anderen Liedern ebenfalls stört.
Suchen wir mal nach Songs, die überzeugen können: Also da wäre die Ballade „To Hell & Back“, wo Maren überzeugend klingt, ohne dieses „aufgemotzte“ Hintergrundgetöse. Das gilt ebenfalls für „The Bones“, das mit einer netten Melodie und dezentem Arrangement gefällt. Ihr „Good Woman“ nimmt dann Anleihen beim Blues, durchaus anhörenswert.
Und wenn ich ganz ehrlich bin, gefällt mir auf dem Album nur ein Song richtig gut: „All My Favorite People“ geht richtig ab, im Hintergrund die Supergitarre von John Osborne und dazu die rockige Stimme seines Bruders TJ, also die Brothers Osborne, das klingt nach Country Rock und sonst nichts.
Fazit: Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Kritik an diesem Album nicht allen gefallen wird, doch ich finde es schade, dass eine so begabte Songschreiberin und Sängerin ihre Originalität auf dem Altar des kommerziellen Erfolgs opfert. Ich bin sehr gespannt, wie sich Maren Morris bei ihren Auftritten in Deutschland im kommenden Mai präsentieren wird, ob sie die Musik des ersten Albums oder die des neuen in den Vordergrund stellen wird.
Maren Morris – GIRL: Das Album
Titel: GIRL
Künstler: Maren Morris
Veröffentlichungstermin: 8. März 2019
Label: Columbia Nashville
Vertrieb: Sony Music
Formate: CD & Digital
Laufzeit: 47:00 Min.
Tracks: 14
Genre: Pop, Rock, Blues, R&B
Trackliste: (GIRL)
01. GIRL
02. The Feels
03. All My Favorite People – mit Brothers Osborne
04. A Song For Everything
05. Common – mit Brandi Carlile
06. Flavor
07. Make Out With Me
08. Gold Love
09. Great Ones
10. RSVP
11. To Hell & Back
12. The Bones
13. Good Woman
14. Shade