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Top 10 Alben 2021 – Oliver Kanehl

Meine ganz persönlichen Hitalben des Jahres.

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Top 10 Alben 2021 Top 10 Alben 2021. Bildrechte, Grafik: Country.de - Online Magazin. Fotos mit freundlicher Genehmigung der Plattenfirmen Sony Music, Warner Music, Universal Music.

2021 als zweites Jahr in der Corona-Pandemie wird aus vielen Gründen bei den meisten Menschen sicherlich nicht als besonders schön in Erinnerung bleiben. Jedoch auch in der Krise konnte sich die Menschheit auf ihre Künstler verlassen. Auf diejenigen also, die uns den Soundtrack zu unserem Leben liefern. Insbesondere amerikanische Indie-Country-Musiker haben dieses Jahr absolut überzeugt, so dass die Auswahl von zehn Alben schon eine Beschränkung darstellen. Von Rangfolgen halte ich wenig, aber ich werde einmal eine Reihung versuchen:

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01. Melissa Carper: Daddy’s Country Gold

Wer weiß, vielleicht hätte es so geklungen, wenn Billie Holiday ihre Songs in den 40er und 50er Jahren in Nashville aufgenommen hätte. Live eingespielt in Andrija Tokics Bomb Shelter Studio mit Könnern wie z.B. Chris Scruggs (Marty Stuart) und Pokey-LaFarge-Drummer Matty Meyer und tollen Gästen wie Brennen Leigh, Sierra Ferrell oder Pedal Steel Legende Lloyd Green, überzeugt Melissa Carper auf ganzer Linie und präsentiert uns 12 schillernde Songs in einem ebenso relaxten wie vielfältigen Soundmix, dominiert von Western Swing und Country-Jazz.

02. Vincent Neil Emerson: Vincent Neil Emerson

Wenn Rodney Crowell so begeistert ist, dass er zum Hörer greift, weil er eine Platte mit einem machen möchte, dann muss die Qualität wirklich stimmen. Und auch wer vielleicht nur Road Runner, Vincent Neil Emersons Duett mit Colter Wall, ein Mal gehört hatte, konnte erahnen, dass das nächste Album von Vincent etwas Besonderes werden würde. Emerson hat nicht enttäuscht, im Gegenteil: Unter den Fittichen von Crowell präsentiert er als sein zweites, ein Songwriter-Album, auf dem er sich traut, besonders persönliche und intime Songs zu singen. Das berührt und beeindruckt zutiefst.

03. Charley Crockett: 10 for Slim / Music City USA

Kein Jahr ohne Charley Crockett. Und Crockett wäre nicht Crockett, hätte er nicht gleich zwei Alben veröffentlicht: „10 for Slim – Charley Crockett sings James Hand“, in seiner Reihe „Lil’ G.L. Presents“ und „Music City USA“ als reguläre Veröffentlichung. Eines dem anderen vorzuziehen, wäre absurd, denn Crockett bezieht sich immer direkt auf die großen Künstler, die vor ihm waren. So ist das wunderbare „Music City“ ohne den Einfluss von Legenden wie Hand gar nicht denkbar. Und ist James Hand wie Willie Nelson sagt „the real deal“, gilt dies für Charley Crockett ebenso, da er uns das reiche Erbe der Countrymusik immer wieder auf spannende Weise nahebringt.

04. Sierra Ferrell: Long Time Coming

Eine wie sie kommt nicht alle Tage: Was gleich in Erinnerung bleibt, ist die Stimme. In einem YouTube-Kommentar las ich einmal, Sierra Ferrells Stimme klinge wie altes Vinyl. Und da ist etwas dran, sie klingt wie aus einer anderen Zeit – der Zeit von Old Time, Vaudeville, Ragtime und Jazz Manouche. Sierras langerwartetes Debüt bei Rounder ist genauso wechselhaft wie ihre erstaunlichen Outfits oder Frisuren. Unter den elf Songs ein paar alte Bekannte, bereits auf ihren selbstvertriebenen Indie-Alben und sehr erfolgreich über Gems On VHS veröffentlicht. Trotz ihrer enormen stilistischen Bandbreite, kehrt Sierra doch immer zur wahren Countrymusik zurück, was man an fünf Stücken besonders toll hören kann: Wunderbare Oldschool-Countrysongs, auf Augenhöhe mit Perlen des Golden Age Of Country.

05. J.P. Harris’ Dreadful Wind & Rain: Don’t You Marry No Railroad Man

Tele-Twang und Steelguitar machen mal Pause und JP Harris singt, sich archaisch auf dem selbstgebauten Fretless-Banjo begleitend, voller Inbrunst ungeschliffene Weisen des 18. und 19. Jahrhunderts, die von Tod und Teufel handeln. Die Original Country Music wie JP sie nennt, geht unter die Haut und ist durchaus spannend. Eingefleischte JP Fans wissen, dass der Honky Tonker seit jeher eine tiefe Beziehung zur Old Time Music pflegt und dieser Leidenschaft immer mal gemeinsam mit Ex-Old Crow Medicine Show Musiker Chance McCoy frönte. Jener hat nun auch dieses von traditioneller Appalachian Mountain Music inspirierte Album produziert.

06. Bobby Dove: Hopeless Romantic

Der Titel von Bobby Doves dritter Platte gibt das Thema vor: good old-fashioned, cryin’ time country. Das macht es dem Zuhörer leicht zu folgen, denn unerwiderte Liebe kennt jeder. Dabei klingt das Album stets äußerst frisch und abwechslungsreich. Und da Country-Musik oft ungewöhnlich aufrichtige Musik ist, wird sie oft von genauso ungewöhnlichen Menschen gemacht. Mutigen Menschen, die bereit sind, sich in ihrer Kunst besonders verletzlich zu zeigen. Im Fall von Bobby Dove ist das definitiv der Fall, denn Bobby versteht sich heute als non-binäre Person. Hervorragende Country-Musik, die uns Einiges zu erzählen hat. Hören wir hin!

07. Nick Shoulders: Home On The Rage

Der jodelnde Singer-Songwriter mit dem tönenden Tenor eines Slim Whitman zeigt, dass moderne traditionelle Hillbilly Music nicht museal sein muss, sondern auch kritisch Stellung beziehen kann. Leichthändig spielt Nick Shoulders mit Worten und traditionellen Sounds und betitelt sein Album in Abwandelung des Klassikers Home On The Range – dem Zuhause in der Weite der Prärie – als ein Zuhausesein in Wut und Zorn. Dabei entsteht ein beeindruckend reflektierter musikalischer Kommentar zu einem Amerika am Rande des Nervenzusammenbruchs der in der provokanten, ja der „amerikanischen“, Frage mündet: How can the land of the free be the home of the slave?

08. Chris Acker: Odd, Ordinary, & Otherwise

Auf YouTube brachte mal jemand Chris Ackers Musik folgendermaßen auf den Punkt: “It‘s like Kristofferson and Prine had a baby, and then Cohen adopted and raised him.” Die Songs auf Chris‘ drittem Album sind zum einen von der Pandemie beeinflusst, zum anderen spiegeln sie auch seinen Platz in der Straßenmusik und Dancehall-Kultur von New Orleans aus der Vor-Corona-Zeit wieder. Tanzbare Country-Schieber und leise introvertierte Nummern halten sich die Waage. Ackers Country-Folk präsentiert humorvolle poppige Songs voller wahrer Geschichten. Und so ist Ackers kreative Antwort auf die Sorgen und Ängste, die 2020 dominiert haben, eine voller Leben.

09. Esther Rose: How Many Times

Selbst bei Dunkelheit blinzelt hier irgendwo die Sonne durch die geschlossenen Rollläden: Esther Rose macht Musik, die den Zuhörer in den Arm nehmen und ihm sagen möchte, dass alles Unglück, erscheint es auch noch so unüberwindlich, auch wieder vergehen wird. Genau die richtige Musik für einen langen Winter. Auf ihrer dritten Platte ist noch viel von der Leichtigkeit und den tanzbaren Laid-back-Arrangements geblieben, die die beiden Vorgänger ausmachten. Auch wenn How Many Times textlich eine Trennungsplatte ist, sind Schwere und Selbstmitleid nie tonangebend. Esther lädt uns ein, sich von bedrückenden Gedanken zu befreien und den Fokus auf die Chancen von Veränderung zu setzen. Dass diese Einladung von eher traditionell angehauchter Country-Musik untermalt wird, ist dabei kein Widerspruch, sondern Haltung.

10. Legendary Shack Shakers: Cockadoodledeux

Band Mastermind JD Wilkes wollte aus Anlass des 25. Band-Jubiläums mal ein echtes oldschool Countryalbum machen: Neben den aktuellen Bandmitgliedern versammelte Wilkes so auch die des 90er Jahre Lineups, Spezialisten wie Chris Scruggs, Old Crow Medicine Show Bassist Morgan Jahnig und die Kentucky Countrymusik Legenden Stanley Walker (SUN Records & Jean Shepard), Lester Flatts Dobrospieler Jack Martin und Cajunfiddler Hillbilly Bob Prather (Onie Wheeler). Herausgekommen ist eine Platte, die viel Spaß macht und vor keinem Country-Style zurückschreckt. YEEHAW !!!

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Über Oliver Kanehl (55 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Traditionelle Countrymusik von vorgestern und heute (Indie Country, Hillbilly, Honky Tonk u.a.) Rezensionen, Specials.
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