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Willie Nelson: American Classic

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„American Classic“, der Titel des ersten Soloalbums von Willie Nelson auf Blue Note, lässt sich ebenso sehr auf den Künstler selbst münzen wie auf das geschichtsträchtige Songrepertoire der goldenen Tin-Pan-Alley-Ära, der er hier mit der ihm eigenen Eleganz neuen Glanz verleiht. Es mag mittlerweile an der Tagesordnung sein, dass gereifte Künstler der Populärmusik dem American Songbook ihren eigenen Stempel aufdrücken wollen, Willie Nelson hat dies überhaupt erst auf die Tagesordnung gesetzt.

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Mehr als 30 Jahre ist es her, als dieser „Outlaw“ mit dem Album „Stardust“ für die Interpretation von Standards im wahrsten Sinne des Wortes einen neuen Standard setzte. Die Auguren der Musikindustrie, die damals prophezeiten, dass Nelson mit diesem Werk kläglich scheitern werde, hatten sich gewaltig verschätzt.

Willie Nelson, American ClassicDas von Booker T. produzierte „Stardust“, das mit Nuggets von George Gershwin, Duke Ellington, Hoagy Carmichael und Kurt Weill in ebenso schlichten wie schlichtweg überzeugenden Arrangements aufwartete, avancierte zum bis dato erfolgreichsten Album in der Karriere von Willie Nelson: Es erreichte Platz eins in den Billboard Country Charts, verkaufte sich mehr als fünf Millionen Mal und es brachte Nelson den Country Male Vocal Performance Grammy ein. Was aber noch viel entscheidender war: Der kultisch verehrte Paradiesvogel hatte sich endgültig aufgeschwungen, nun auch in den Winden des Mainstream Höhenluft zu schnuppern.

Kein Geringerer als Bruce Lundvall hatte Nelson seinerzeit zu „Stardust“ ermuntert. Der heutige Chef von Blue Note hatte Nelson in den Siebzigern zu Columbia geholt und dreißig Jahre später zu dem Jazzlabel, das er mit so viel Geschick und Weitsicht führt. Nelsons erste Arbeit für Blue Note hatte ihn im letzten Jahr mit Wynton Marsalis zusammengebracht. „Two Men With The Blues“, das beseelte Live-Set der beiden, schaffte es bis auf Platz 20 der Billboard Charts und bescherte Nelson zugleich seinen größten Charterfolg seit 1982, als „Always On My Mind“ Platz zwei erreichte.

Fans in aller Welt wissen, dass der stets neue Herausforderungen suchende Nelson nicht nur über alles Mögliche singen kann, sondern auch so ziemlich mit jedem, mit dem er möchte. „Je mehr Songs man kennt, je mehr Musikern man zuhört und je mehr Songwriter man sich anhört, desto besser ist man gewappnet, zu entscheiden, wo man hin will. Deswegen höre ich mir alles und jeden an, und entscheide dann, in welche Richtung ich gehe. So kann ich, wenn es mir in den Sinn kommt, plötzlich eine vollkommen andere Richtung einschlagen. Zumindest stehen mir all Optionen offen.“

Auf „American Classic“ wird Nelson bei seiner einfühlsamen Interpretation von „If I Had You“ sowohl gesanglich als auch am Piano von Diana Krall unterstützt – und das Duett hat eher den Flair von Bettgeflüster als von stiller Sehnsucht. („Das passte perfekt – sie ist unglaublich sanft und ihr Klavierspiel ist einfach großartig“, schwärmt Nelson.) Ein weiteres Duett bestreitet er mit Norah Jones, und kontert bei der verführerischen Version von Frank Loessers „Baby It’s Cold Outside“ verspielte Einwände mit romantischer Überzeugungskraft. („Dieser Song bedeutet mir besonders viel“, so Nelson, „und es ist offensichtlich, dass ich es genieße, ihn mit Norah zu singen.“) Zu den Begleitmusikern zählen der bekannte Jazzpianist Joe Sample, der Bassist Christian McBride, Kralls Gitarrist Anthony Wilson und der Schlagzeuger Lewis Nash. Nelsons langjähriger Begleiter Mickey Raphael, der auch auf „Two Men With The Blues“ glänzte, spielt Mundharmonika und verleiht „Angel Eyes“ und „Since I Fell For You“ die Tiefenschärfe des Blues.

„American Classic“ repräsentiert die gute alte Schule klassischer Aufnahmen, die so sanft swingen, dass sich ein kennerisches Jazzgefühl wie von selbst breit macht. Der drei Grammys schwere Produzent Tommy LiPuma – der durch seine Bestseller für Natalie Cole, Barbra Streisand, Anita Baker, Michael Bublé und Diana Krall bekannt wurde – überwachte die Sessions und mit Al Schmitt, einem der erfahrensten Veteranen unter den Toningenieuren, sowie dem legendären Arrangeur Johnny Mandel, der einige Orchesterparts beisteuerte, standen ihm zwei weitere Koryphäen zur Seite.

Als Blue-Note-Chef Bruce Lundvall das erste Mal mit LiPuma auf die Idee eines Standard-Albums à la „Stardust“ zu sprechen kam, war der Produzent mehr als begeistert. „Ich sagte: ‘Mann, machst du Witze?‘ Ich liebe Willie, und, was das Beste ist, „Stardust“ ist mein Lieblingsalbum. Joe Sample und ich arbeiten viel zusammen, deswegen wollte ich ihn für die Rhythmusparts einsetzen. Joe lebt in Houston, das ist nur eine Kurze Fahrt nach Austin. Wir beide haben Willie dann besucht und sind mit ihm zahlreiche Songs durchgegangen, dreißig, wenn nicht vielleicht gar vierzig.“

Den Großteil des Repertoires, erläutert Nelson, haben Tommy und Joe ausgesucht. Sie kamen zu ihm nach Hause, haben sich zusammengesetzt und über Songs wie „The Nearness Of You“ und „Angel Eyes“ geredet. „Die Klassiker, die sie schließlich wählten, sind, so Nelson, „vom selben Kaliber wie die von Stardust, aber wir haben sie ein wenig anders aufgenommen. Tommy hat die Band zusammengestellt mit Leuten wie Joe, der ein unglaublicher Musiker und Arrangeur ist. Stardust hatte ich mit meiner Band aufgenommen, aber dies Album hier entstand mit Musikern, die fast von einem anderen Planeten sind. Diese Musiker sind kaum zu übertreffen – besser geht’s nicht.“

Der Knackpunkt bei diesem Projekt ist, bemerkt LiPuma, „dass wir alle feststellten, wie sehr wir Bob Wills and the Texas Playboys lieben. Das hat uns ganz nah zusammengebracht. Ich war ein großer Fan von Wills, Joe ebenfalls, und Willie war ebenfalls ein riesiger Fan, wie übrigens auch von Django Reinhardt. Als wir dann die Songs ausgewählt hatten und uns auch über die Tonart und all das geeinigt hatten, zogen wir uns erst mal für einen Tag zurück, um uns klar zu werden, was für Willie am meisten Sinn machen würde, womit sich Willie am wohlsten fühlen würde. Wir kamen am Ende für die Arrangements auf ein hybrides Feeling zwischen Django und Bob Wills, dem Willie sofort verfiel. „The Nearness Of You“ war einer der ersten Songs, die dabei heraussprangen, und von da an wurden es 16 oder 17 Tracks, aus denen wir schließlich diejenigen fürs Album filterten.“

Nelson und LiPuma verbrachten vier Tage im Dezember in den Legacy Studios in Manhattan und kamen im folgenden Februar im Capitol Studio A noch einmal zusammen, wo schon Nat King Cole und Frank Sinatra einige ihrer besten Aufnahmen gemacht hatten. Dort fanden nun die Aufnahmen mit Diana Krall statt. Die kompletten Sessions über entfaltete Nelsons Gesang einen unbekümmerten Charme. In seiner Stimme schwingt viel Wärme und Humor, und selbst der augenzwinkernde Sexappeal wirkt spontan und ungezwungen. Man höre sich nur „On The Street Where You Live“ an – so könnte der ewige Frühling klingen.

LiPuma macht aus seiner Begeisterung keinen Hehl: „Mit Willie zu arbeiten ist einfach klasse. Er ist ein dufter Typ. Du kommst rein, kannst was aufgreifen und fühlst direkt, es ist richtig. Da wird nicht lange herumlaboriert. So arbeite ich auch am liebsten. Und so lief es denn auch – wir gingen ins Legacy und nach vier Tagen waren alle 17 Tracks fertig. Das Duett mit Diana Krall haben wir in L.A. aufgenommen, ein Take, und – rumms – war das Ding im Kasten. 20 Minuten. Das war’s. Die Rhythmusgruppe hatte ein Gespür dafür, was Willie wollte. Alle hatten vor dem Typen und vor dem, was er erreicht hat, gehörigen Respekt. Sie sind alle selbst großartige Musiker, aber sie zollten ihm ihren Respekt und gaben ihm den größtmöglichen Spielraum.“

In den Sechzigern hat Nelson als Nashville-Größe selbst einige Stücke geschrieben, die man heute zu Recht als „American Classics“ bezeichnen kann, Titel wie „Crazy“, „Night Life“ und das vorzügliche „Funny How Time Slips Away“. Aber das war nur der Prolog eines Sängers und Songwriters, der die Grenzen der Countrymusic niederriss, als er in den Siebzigern nach Texas zurückging und sich in dem musikalischen Schmelztiegel Austin niederließ. Gemeinsam mit seinem Seelenverwandten Waylon Jennings avancierte er zum Outlaw des Genres, war jedoch mehr Visionär als Rebell, wobei es ihm gelang, dass Rockfans den von ihm verfochtenen Country näher in Augenschein nahmen. Für seine Kollaborationen mit Jennings, Merle Haggard, Johnny Cash und Kris Kristofferson gepriesen, größerer Charterfolg war ihm jedoch, so unglaublich das klingen mag, mit Julio Iglesias beschieden (To All The Girls I Loved Before). Neben Marsalis hat es in letzter Zeit zudem künstlerische Liaisons mit der Western-Swing-Band Asleep At The Wheel und der Reggea-Ikone Ziggy Marley gegeben.

Nelson beendet das Album mit einer neuen Interpretation von „You Were Always On My Mind“, dem Elvis-Klassiker, mit dem Nelson in den frühen Achtzigern an die Spitze der Country-Charts stürmte und in den Pop-Charts einen Top-Five-Hit landete. Nelson hält für einen Moment inne: „Ich hoffe doch, dass ich nun ein besser Sänger bin. Hoffentlich auch ein besserer Gitarrist. Entweder man wird immer besser oder schlechter, man bleibt nie an einem Punkt stehen. Ich vertraue darauf, dass die Band und ich uns entwickelt haben und aus diesen Songs viel gelernt haben. Es stimmt schon, dass man nur durch die Praxis lernt, und je häufiger man Songs spielt, desto besser wird man.“ Besser als auf „American Classic“ – auch das ein folgerichtiger Schluss – hat man Willie Nelson noch selten gehört.

   
American Classic
CD: „American Classic“
Erscheinungsdatum: 2009
Label: Blue Note (EMI)

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Trackliste:

01. The Nearness Of You
02. Fly Me To The Moon
03. Come Rain Or Come Shine
04. If I Had You
05. Ain’t Misbehavin‘
06. I Miss You So
07. Because Of You
08. Baby It’s Cold Outside
09. Angel Eyes
10. On The Street Where You Live
11. Since I Fell For You
12. Always On My Mind

Info zur Quelle: Offizielle Pressemitteilung von „Blue Note (EMI)“

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