The Twang: A Guide To Modern Country Living
Eigentlich ist es ganz einfach – in der Praxis aber so schwer. Man suche nach einer Nische, habe eine Idee, wie man diese ausfüllen kann und setze das Ganze in die Tat um. Tut man dies zum richtigen Zeitpunkt mit dem nötigen Glück, ist der Erfolg garantiert. Ein Beispiel dafür ist The Twang.
Vor inzwischen schon reichlich einem Jahrzehnt wagten sie erste Veröffentlichungen, bei denen man spontan die Ohren ganz weit öffnete. Die Songs kannte man, nicht aber die „Bearbeitung“. Pop Songs gekleidet in einen Country Sound. So attraktiv arrangiert und vorgetragen, dass man mehr davon hören wollte. Anfangs vielleicht noch belächelt, strickte „The Twang“ weiter an den neuartigen musikalischen Kleidern, in denen man die Songs auf den Laufsteg schickte. Sehr zum Gefallen des Publikums. Prompt fanden sich bald Nachahmer, die teilweise sogar größere kommerzielle Erfolge feiern konnten – aber nur vorübergehend.
The Twang blieb konsequent bei der einmal gewählten Richtung, feilte am Sound und wurde immer besser. Längst hat die Gruppe einen Sound entwickelt, der sie unverwechselbar macht, bei dem man sofort weiß, das ist The Twang. Er setzt sich zusammen aus dem Spiel der Instrumente, geschickten, ideenreichen, ja sogar witzigen Arrangements und der prägnanten Stimme von Leadsänger Hank Twang. Es ist nicht einmal eine besonders gute Stimme aber eine auffällige, die zum Sound passt wie die berühmte Faust aufs Auge. Wenn dann auch noch die richtigen Songs ausgesucht werden, entsteht ein attraktives Album, bei dem man von einem „Aha-Erlebis“ ins nächste geschickt wird.
Bei manchem Song muss man die grauen Zellen richtig bemühen, um endlich zu erkennen, um welches Original es sich handelt. Da frage ich mich mitunter, wie lange es gedauert hat, ehe man einen Song in der hier zu hörenden Version fertig hatte. Kompliment und Anerkennung.
„A Guide To Modern Country Living“ ist das bisher abgeklärteste Album von The Twang. Der grundsätzliche Überraschungseffekt gehört längst der Vergangenheit an, die Gruppe hat hier insbesondere im Detail gearbeitet und gefeilt, man muss sich das Werk einfach mehrmals anhören, um all die Kleinigkeiten zu erkennen, die dieses Album zu einem Hörgenuss machen. Es stecke jede menge Herzblut drin, man spürt das Bemühen um Authentizität. Man kann es als eine Art musikalisches Mosaik bezeichnen.
Wenn schon „Countryfiziertes“, dann nur von The Twang – alles andere klingt dagegen wie ein fader Abklatsch. Mir gefällt besonders die gehörige Prise Ironie, die – teilweise versteckt – dem Album die richtige Würze gibt. Schon der Titel der Scheibe macht neugierig.
Aus den unterschiedlichsten Bereichen der Unterhaltungsmusik wurden Songs gegriffen und mit ebenso unterschiedlichen Stilrichtungen aus den Bereichen Country und Artverwandtes verknüpft. Abenteuerlich, unterhaltsam, kurzweilig.
Wie bei The Twang schon gewohnt, haben sich in den Studios von Austin und Houston, wo das Album größtenteils eingespielt wurde, illustre Gäste eingefunden. Es gibt ein Wiederhören mit der Steel Guitar Legende Herb Remington (u.a. mit der Band des legendären Bob Wills unterwegs gewesen). Marty Muse, ein weiterer Steeler aus der „Texas-Schule“ ist ebenso zu hören wie die Mariachi-Trompeten von Martin Wenk von der Gruppe „Calexico“. Das raffinierte Album-Cover stammt übrigens von Klaus Voormann – genau dem, den wir u.a. von den Beatles her kennen.
Fazit: Was auf den ersten Blick eigentlich nicht zusammen passen kann, fügt sich zu einem harmonischen, in sich stimmigen Album zusammen, bei dem man sofort weiß, das kann nur The Twang sein. Machen Sie es wie ich – legen Sie die Scheibe auf, lehnen Sie sich entspannt zurück und versuchen Sie, beim Hören herauszufinden, um welches Original es sich handeln könnte. Und schon jetzt ist man neugierig, was der Gruppe in Zukunft noch alles einfallen wird …
Trackliste:
01. Beat It |