Various Artists: O Brother, Where Art Thou? (10th Anniversary Edition)
Vor zehn Jahren schrieb ein Film-Soundtrack Musikgeschichte. Die Musik zu O Brother, Where Art Thou? von den Coen Brüdern wurde ein fast noch größerer Erfolg als der Film selbst. Er verkaufte sich fünfmillionen Mal und wurde mit drei Grammies ausgezeichnet. Und er markierte die Rückbesinnung auf traditionelle amerikanische Volksmusik jenseits des Country-Mainstreams. Nun ist zum Jubiläum eine Doppel-CD herausgekommen. Die erste Scheibe enthält den Original Soundtrack, der zweite Silberling bisher unveröffentlichte Songs von den Aufnahmesessions.
Wenn heutzutage klassische Alben neu aufgelegt werden, dann ist meistens Bonusmaterial enthalten. Songs und Stücke, die es nicht auf die Platte geschafft haben. Das Ergebnis kann so oder so ausfallen. Entweder man entdeckt verborgene Meisterwerke – bei Bob Dylan soll es ja bislang oft vorgekommen sein, dass die besten Stücke am Ende nicht auf das Album kamen – oder man weiß nun endgültig, Künstler und Produzent hatten Recht, es bei der damaligen Auswahl zu belassen.
Die Jubiläumsausgabe von „O Brother, Where Art Thou?“ bestätigt zwar den zweiten Fall, ist aber dennoch für alle Freunde des Soundtracks und der Old Time Music ein Muss. Denn man bekommt – gerade auch durch das Bonusmaterial – einen Einblick in das damalige Labor des Musik-Alchemisten T-Bone Burnett. Zudem erzählt der in den Liner Notes viel Aufschlussreiches über die Sessions. Wie er die Musiker zusammenholte und Gilian Welch, sozusagen Mittlerin zwischen den Künstlern und dem Produktionsteam war. Wie sich ein gegenseitiges Verständnis aufbaute. Und wie damals erstmals beschlossen wurde, Old Time Music mit „Old Time Equipment“ aufzunehmen. Ein Trend, der bis heute anhält und den jüngst John Mellencamp so eindrucksvoll mit seinem Album „No Better Than This“ nutzte.
Die 14 unveröffentlichten Songs sind bis auf wenige Ausnahmen alternative Versionen der Stücke des Soundtracks. gespielt von anderen Künstlern der „O Brother-Familie“. So spielen diesmal „The Cox Family“ statt „The Whites“die Carter-Family-Hymne „Keep On The Sunny Side“und die Peasall Schwestern versuchen sich an Angel Band, das im Original Soundtrack von den Stanley Brothers vorgetragen wurde. „Big Rock Candy Mountain“, die humorvolle und charmante Hobo-Ballade, war auf der Original-CD in der historischen Aufnahme von Harry McClintock zu hören, während sich auf der Bonus-CD Norman Blake und sogar Van Dyke Parks (instrumentale Klavierfassung!) an ihr versuchen. Interessant ist die Aufnahme von „Tom Devil“, das ein Pendant zum im Soundtrack enthaltenen „Po‘ Lazarus“ darstellt. Beide Aufnahmen wurden von dem Musikhistoriker Alan Lomax 1959 im Staatsgefängnis von Mississippi mit echten Chain Gangs eingespielt. Während der Soundtrack James Carter & The Prisoners für „Po‘ Lazarus“ die Credits gibt, heißt der Vorsänger bei „Tom Devil“ Ed Lewis.
Fazit: Der Soundtrack hatte genau die richtige Auswahl von Songs in der richtigen Reihenfolge. Aber die Bonus-CD und die Liner Notes beantworten viele Fragen rund um die Entstehung dieses Meilensteins für das Old Time Revival und den Erfolg des Americana. Hörens- und lesenwert!
Trackliste: (CD 1)
01. James Carter & The Prisoners – Po‘ Lazarus |
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Trackliste: (CD 2)
01. Colin Linden – Hard Time Killing Floor Blues |