Bonnie Raitt: Slipstream
Zugegeben, es handelt sich hier nicht um ein Country-Album, doch ist die Künstlerin ein gern gesehener Gast in „Country-Kreisen“. Bonnie Raitt war bei so mancher Country-Produktion schon als Backgroundstimme zu hören und vor allem auf Tribute-Alben in Sachen Country Music ist sie mit schöner Regelmäßigkeit mit von der Partie.
Country-Sänger ihrerseits greifen gern schon mal auf einen von ihr geschriebenen Song zurück. Ihr Metier ist eher der Blues, doch wenn man Country Music gern als den „weißen Blues“ bezeichnet tritt sie den Beweis hierfür an. Und wenn eine solche Ausnahme-Künstlerin nach sechs Jahren wieder ein Studio-Album veröffentlicht, weckt das auch das Interesse so manchen Country-Fans. Gut möglich, dass der eine oder andere Song demnächst auf dem Album eines Country-Interpreten auftaucht.
Um es vorweg zu nehmen, Slipstream ist ein ausgereiftes, ein Klasse-Album, bei dem insbesondere die Balladen starke Akzente setzen. Bonnie Raitt besitzt die Gabe, Emotionen lebensnah und angemessen auszudrücken. Sowohl durch ihren Gesang als auch durch ihr prägnantes Spiel auf der Slide Guitar. Als Autorin hält sie sich auffallend zurück, nur an einem Song ist sie diesbezüglich beteiligt. Stattdessen greift sie auf Lieder namhafter Autoren (u.a. Bob Dylan, Loudon Wainwright III, Joseph Lee Henry, Randall Bramlett, Bonnie Bramlett, Paul Brady, Gary Nicholson, Gerry Rafferty) zurück, die haargenau zu ihr passen. Man kann das Album als eine Neu-Orientierung der heute 62-jährigen Künstlerin ansehen, die in den Jahren zwischen den beiden letzten Alben nicht nur ihre Eltern verlor sondern auch ihren Bruder und eine gute Freundin.
Von den 12 Songs halte ich „Marriage Made In Hollywood“ (Autoren Paul Brady und Michael O’Keefe) für denjenigen, der am ehesten in die Country Music passt. Die Ballade handelt von Ruhm und Drogen, leider ein zeitloses Thema. Bei zwei Dylan Songs spielt Raitt ihre Stärken als einfühlsame Balladensängerin aus. „Million Miles“ lebt vom Blues Feeling, ein wenig ruhiger noch „Standing In The Doorway“ mit Greg Leisz an der Pedal Steel Guitar.
Ähnlich verträumt zelebriert die Sängerin „Take My Love With You“, bei „Not Cause I Wanted To“ legt sie alle Zärtlichkeit der Welt in ihre Interpretation. Prächtig ergänzt durch Al Anderson’s Spiel auf der akustischen Gitarre. Überhaupt lebt das Album von der Ausgewogenheit zwischen dem Instrumental-Spiel und Raitt’s Gesang. Auch „You Can’t Fail Me Now“, geschrieben von Henry und Wainwright III, erweist sich als unter die Haut gehende Ballade. Ein wenig flotter, ausgesprochen lebensfroh kommt „Ain’t Gonna Let You Go“, während die rockigen Klänge und Elemente „“Down To You“, „Used To Rule The World“ und „Right Down The Line“ vorbehalten sind.
Den Schlusspunkt unter ein hochkarätiges Album voller musikalischer Höhepunkte setzt das beinahe akustische, von Patrick Warren’s Pianospiel geprägte „God Only Knows“.
Fazit: Bonnie Raitt ist zurück, überzeugend und besser denn je.
Trackliste:
01. Used To Rule The World |