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John Mellencamp: Strictly A One-Eyed Jack

Der Heartland-Rocker und Americana-Star legt ein ebenso knarzig-schönes wie dunkel- sozialkritisches Album vor.

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John Mellencamp - Strictly A One Eyed Jack John Mellencamp - Strictly A One Eyed Jack. Bildrechte: Republic Records

John Mellencamp ist seit vielen Jahren ein Verfechter des anderen Amerikas. Des Amerikas jenseits von Big Money, Rassismus und Republikanern. Kein Wunder, dass er in diesen Zeiten der Fake-News, der Trump-Kampagnen und des gerade nochmal so glimpflich ausgegangenen Sturm auf das Kapitol an seinem Land so leidet. Und dieses Leid will raus. Also macht er ein neues Album, das inhaltlich Unehrlichkeit und Lügen in der Gesellschaft als Schwerpunktthema behandelt. Aber auch Themen wie die Vergänglichkeit finden sich auf dem neuen Longplayer. Mit der Veröffentlichung seines 25. Studioalbums Strictly A One-Eyed Jack unterstreicht er seinen Staus als Rock’n’Roll-Legende und produktiv nach vorne denkender Americana-Künstler gleichermaßen und bietet seinen Fans 13 neue Songs. Mit dabei sind die langjährigen Bandmitglieder Andy York, Dane Clark und Troye Kinnet, John Mellencamp hat es selbst produziert, aufgenommen und abgemischt wurde es von Grammy-Preisträger David Leonard. Musikalisch ist man hier auf bekanntem Mellencamp-Americana-Terrain: Sprich: viel Geige, oftmals Klavier und schnörkelloser Folk-Rock, wenn auch diesmal etwas langsamer und zurückhaltender.

Lügen und Vergänglichkeit

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Das Cover zeigt ein Porträt Mellencamps mit Augenklappe, das sein Sohn von ihm gemalt hat. In der angelsächsischen Welt versteht man unter dem „One Eyed Jack“ zweierlei. Zum einen jemanden, der nur den guten Teil seines Wesens offenbart, seine schwierigen oder abgründigen Seiten jedoch verbirgt. Zum anderen steht der Begriff dort im Kartenspiel für den Pik-Buben und den Herz-Buben, von denen man ja jeweils nur ein Auge sieht. Und gerade beim Kartenspiel kennt man die Geschichten vom „bluffen“ vom „As im Ärmel“, also beim täuschen, irreführen, lügen. Auf diese Weise ist der Titel programmatisch zu verstehen und Mellencamp nimmt da auch gar nicht aus. Keiner ist davor gefeit, auch einmal zu täuschen und tricksen.

So ist denn auch der erste Song „I Always Lie To Stranger“ als Geständnis zu verstehen nach dem Motto „Wenn ich den Kopf rausstrecke, dann bin ich nicht ehrlich“. „Ich lüge immer gegenüber Fremden und was man in mir sehen mag, ist alles nur Einbildung“. Das sich-verstellen als Schutz seiner selbst und Höflichkeit gegenüber den anderen. Der Sänger in diesem bitter-zarten Song nicht glücklich mit seiner Eigenart, aber ist davon überzeugt, dass diese Welt von Männern regiert wird, die noch viel unehrlicher sind als er. Sentimental-nachdenklich wird es dann bei „Driving In The Rain“. Früher fühlte sich alles viel leichter an, wenn man im Regen Auto gefahren ist. Jetzt ist alles schwer und was man macht hat Folgen, die es aufzuarbeiten gilt. Feiner Song.

Eine zentrale Rolle auf dem Album spielen die drei Duette mit Bruce Springsteen. „Did You Say Such A Thing“ ist ein entspannter laid back-Rocker. Hier geht es um die üble Nachrede, die Abqualifizierung des anderen. Ein Phänomen, das leider in unserer Gesellschaft mittlerweile fast Mainstream in privaten oder politischen Auseinandersetzungen geworden ist. „Wasted Days“ ist ein schöner Ohrwurm und changiert zwischen abgeklärt und resigniert. Vertane Tage, es wird einem die Zeit geraubt durch Lügen und Nebensächlichkeiten. Denn wie lange habe ich denn noch Zeit. John (70 Jahre) und Bruce (72) hadern ein bisschen mit dem älter werden. Sie sollten Mal ihren gemeinsamen Freund Bob Dylan (80) fragen. Der kümmert sich nicht darum und macht immer weiter.
„Simply One Eyed Jack“ ist natürlich der Schlüsselsong des Albums. Der „One Eyed Jack“ ist der große Lügner, der große Verführer. Natürlich steht für den hier auch Donald Trump Pate. Besonders aufschlussreich ist die letzte Strophe. „Ich möchte irgendwo hingehen, wo es sicher ist, die Welt in ihrem Wandel beobachten und ein Folksänger werden, der einen Song singt, der Korruption und Schmerz beendet. Aber es gibt jetzt keinen Grund dafür, denn wir sind auf einem langen Weg. Wir müssen uns bewegen oder wir werden Opfer von diesem lügenden „One Eyed Jack“. Ganz klare Ansage, sich jetzt politisch zu betätigen, um das Unheil zu verhindern.

Trotz allem bleibt die Hoffnung

Der schönste Song aber des Albums und der absolute Ohrwurm ist „Chasing The Rainbow“. Es erzählt, dass das Glück nicht im Gold besteht, das angeblich am Ende des Regenbogens lockt, sondern überall zu finden ist. Mellencamp versteht es bei all den schweren Gedanken, die auf diesem Album zu finden sind, immer wieder auch Trost zu spenden und Hoffnung zu wecken.
Der dritte gemeinsame Song mit Bruce Springsteen bildet dann auch den Abschluss des Albums. Eine langsame Klavierballade über Lebenserfahrung, über all die Niederlagen und die längst vergangene Jugend. Ein nachdenklicher Song und passende Schlusspunkt eines Albums, das durchaus voller dunkler Töne und Gedanken ist, aber sich dennoch mit dem drohenden Unheil nicht abfinden will.

Fazit: Ein starkes Album des Altmeisters. Dunkle Gedanken und Hoffnung auf Änderung in schwierigen Zeiten voller Lügen und Egoismus. Fast altersweise dieser John Mellencamp!

John Mellencamp – Strictly A One-Eyed Jack: Das 2022er Album

John Mellencamp - Strictly A One-Eyed Jack

Titel: Strictly A One-Eyed Jack
Künstler: John Mellencamp
Veröffentlichungstermin: 21. Januar 2022
Label & Vertrieb: Republic Records (Universal Music)
Formate: CD & Digital
Tracks: 12
Genre: Rock, Americana

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Trackliste: (Strictly A One-Eyed Jack)

01. I Always Lie To Strangers
02. Driving In The Rain
03. I Am A Man That Worries
04. Streets Of Galilee
05. Sweet Honey Brown
06. Did You Say Such A Thing – mit Bruce Springsteen
07. Gone So Soon
08. Wasted Days – mit Bruce Springsteen
09. Simply A One-Eyed Jack
10. Chasing Rainbows
11. Lie To Me
12. A Life Full Of Rain – mit Bruce Springsteen

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Über Thomas Waldherr (806 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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